# taz.de -- Missstände in der Flüchtlingspolitik: Die zwei Gesichter der Stadt | |
> Flüchtlingsräte aller Länder trafen sich in Bremen. Kritik an der | |
> Regierung gibt es vor allem, wenn es um unbegleitete Minderjährige geht. | |
Bild: Hier könnten schon bald Flüchtlinge leben – wenn nicht gerade Messe i… | |
BREMEN taz | Die Landesflüchtlingsräte und Pro Asyl haben scharfe Kritik an | |
der rot-grünen Flüchtlingspolitik in Bremen geübt. Die Situation der | |
unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge sei eine „Katastrophe“, sagte Ma… | |
Millies von Bremer Flüchtlingsrat am Ende einer zweitägigen Konferenz. | |
In der zentralen Erstaufnahme-Einrichtung, in der die Kinder und | |
Jugendliche nur wenige Tage verbleiben sollen, müssten sie nun Wochen oder | |
Monate verbringen. | |
Dabei sei die Betreuung dort „nicht adäquat“, ebenso wenig wie in Hotels. | |
Auch ein geschlossenes Heim, wie es Rot-Grün gerade für straffällig | |
gewordene minderjährige Flüchtlinge plant, „sehen wir natürlich kritisch�… | |
so Millies. Dasselbe gilt für den rot-grünen Vorstoß, unbegleitete | |
Minderjährige – ähnlich wie Erwachsene – auf die Bundesländer zu verteil… | |
Bremen müsste sich dann um deutlich weniger unbegleitete Minderjährige | |
kümmern als bisher: Nach dem so genannten Königsteiner Schlüssel entfallen | |
auf Bremen nur ein Prozent. Die Flüchtlingsräte finden eine solche | |
Verteilung „relativ willkürlich“, wie Millies sagt. „Statt bürokratisch… | |
Kriterien muss allein das Kindeswohl als Maßstab gelten“, heißt es in einer | |
Erklärung der Flüchtlingsräte. | |
Sie bezweifeln vor allem, dass kleinere Kommunen in Niedersachen in der | |
Lage sind, die unbegleiteten Minderjährigen angemessen zu betreuen. Die | |
entsprechenden Strukturen in der Jugendhilfe „sind auf Bundesebene nicht | |
ausreichend vorhanden“, so die Flüchtlingsräte. | |
„Wir befürchten ein wochenlanges, bürokratisches Verfahren“, sollte sich | |
Bremen mit seiner Initiative zur Verteilung der minderjährigen Flüchtlinge | |
durchsetzen, sagte Angelika von Loeper von Pro Asyl. Sie warnt vor einem | |
„Absinken der Standards“ und sieht sogar die Einhaltung der | |
UN-Kinderrechtskonvention in Gefahr. | |
Die Flüchtlingsräte fordern zunächst einmal mehr Personal in den | |
zuständigen Behörden. Die gegenwärtige Ad-hoc-Politik erschwere ein faires | |
und rechtsstaatliches Asylverfahren, sagte von Loeper. Weil die zuständigen | |
Stellen überlastet seien, komme es zu „unzumutbaren monatelangen | |
Wartezeiten“ bei der Registrierung, Anhörung und Entscheidung über die | |
Asylanträge. Dies sei ein „untragbarer Zustand“, so von Loeper. | |
Auch der neuerlichen Debatte um Massenunterkünfte in Bremen stehen die | |
Flüchtlingsräte kritisch gegenüber: Diese „verwehren den Menschen | |
Partizipationsmöglichkeiten und machen sie krank“, heißt es in der | |
Erklärung, die an alle Kommunen appelliert, „langfristig und humanitär zu | |
planen“. Die Flüchtlingsräte fordern große Investitionen in sozialen | |
Wohnungsbau. | |
In Bremen ist dagegen im Gespräch, die Messehallen als Notunterkunft für | |
150 bis 200 Menschen zu nutzen. Das sei eine „realistische Option“, heißt | |
es im zuständigen Sozialressort. | |
Allerdings stehen die Räume wohl nur für einige Wochen zur Verfügung, | |
schließlich sind sie langfristig vermietet. Nach Behördenangaben kamen im | |
Januar dieses Jahres rund 340 Flüchtlinge, dreimal so viele Flüchtlinge wie | |
Januar vergangenen Jahres, im Februar könnten es sogar vier Mal so viele | |
wie im Vorjahr sein. | |
Den Vorwurf, nicht frühzeitig genug für größere Flüchtlingszahlen geplant | |
zu haben, weist das Ressort von sich – da sei in dieser Dimension nicht | |
absehbar gewesen, heißt es immer wieder. | |
Knapp 1.000 Flüchtlinge in Bremen kamen im vergangenen Jahr auf dem freien | |
Wohnungsmarkt unter. Millies lobte Bremen zwar für entsprechende | |
Bemühungen, auch für die Gesundheitsversorgung der Flüchtlinge nach dem | |
„Bremer Modell“ gab es Beifall, von „Leuchttürmen“ war gar die Rede. | |
Bremens Flüchtlingspolitik, sagt Millies, „hat zwei Gesichter“. | |
27 Feb 2015 | |
## AUTOREN | |
Jan Zier | |
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