# taz.de -- Diskriminierte Minderheiten in Birma: Reflex aus alten Zeiten | |
> Eine UN-Sondergesandte hatte die Diskriminierung der Rohingya in Birma | |
> beklagt. Ein nationalistischer Mönch beschimpfte sie daraufhin als | |
> „Hure“. | |
Bild: Der pöbelnde Mönch: U Wirathu beschimpfte die UN-Sonderbeauftragte Lee … | |
BERLIN taz | Man verbitte sich jede „Einmischung in innere Angelegenheit“: | |
So reagierten die herrschenden Militärs in Birma (Myanmar) früher | |
regelmäßig auf Kritik der UNO an den Zuständen im Land. Jetzt ist auch die | |
seit 2011 amtierende Reformregierung wieder in das alte Muster verfallen: | |
Sie warf der UN-Sonderbeauftragten für Menschenrechte vor, die „staatliche | |
Souveränität“ und „Rechtsprechung des Landes“ zu missachten. Die | |
Südkoreanerin Yanghee Lee sei in ihren Urteilen „selektiv“ und solle sich | |
lieber „professionell und besonnen“ äußern. | |
Stein des Anstoßes sind die Vorwürfe, die Lee nach ihrem Besuch im Januar | |
erhoben hatte: In ihrem Bericht für die UNO beklagte sie die | |
Diskriminierung der muslimischen Minderheit im Westen des Landes, die sich | |
selbst als Rohingya bezeichnet. Zugleich kritisierte sie den – von | |
nationalistischen Mönchen geforderten – Vorstoß im Parlament, Ehen zwischen | |
Buddhisten und Muslimen gesetzlich zu verbieten. | |
Der prominente Mönch U Wirathu hatte Lee daraufhin als „Hündin“ und „Hu… | |
bezeichnet. „Nur weil Sie einen Posten bei den Vereinten Nationen haben, | |
macht Sie das noch nicht zu einer ehrenwerten Person“, rief der für seine | |
rassistischen Tiraden bekannte Mönch unter dem Beifall Hunderter Zuhörer in | |
Rangun (Yangon). Wenn sie die „Bengalis“ so möge, solle sie doch mit ihnen | |
ins Bett gehen. Die Regierung hat die Ausfälle U Wirathus bislang nicht | |
verurteilt. Sie wolle seine Worte „prüfen“, hieß es lediglich. | |
Viele Einwohner des überwiegend buddhistischen Landes bezeichnen die rund | |
1,1 Millionen Rohingyas abschätzig als „Bengalis“ – also als Menschen, d… | |
illegal aus dem benachbarten Bengalen (Bangladesch) eingewandert seien. Und | |
viele möchten auch Eiferern wie dem Mönch Wirathu glauben, die Muslime | |
wollten Birma in einen islamischen Staat verwandeln. Der Konflikt schwelt | |
schon lange, immer wieder kam es zu blutigen Auseinandersetzungen mit | |
zahlreichen Toten. | |
Über 140.000 Rohingyas leben in Lagern. Sie dürfen ihre Ortschaften nicht | |
ohne Erlaubnis der Behörden verlassen. Sie erhalten, wenn überhaupt, nur | |
provisorische Ausweise, sogenannte „White Cards“, aber keinen Pass. | |
Hilfsorganisationen wie die Ärzte ohne Grenzen mussten zeitweise aus den | |
Siedlungsgebieten der Rohingyas weichen, weil buddhistische Anwohner sie | |
bedrohten. | |
Der Konflikt ist so emotionsbeladen, dass selbst liberale Gesprächspartner | |
in die Luft gehen, wenn man in ihrer Gegenwart das Wort Rohingya benutzt. | |
Die UNO forderte die Regierung inzwischen auf, der Volksgruppe die | |
Staatsbürgerschaft zu gewähren. Dafür findet sich derzeit keine Mehrheit. | |
Vielmehr streiten die Politiker in der Hauptstadt Naypyidaw erbittert | |
darum, ob Besitzer der provisorischen „White Cards“ das Recht erhalten, | |
sich an Referenden und Wahlen zu beteiligen. | |
5 Feb 2015 | |
## AUTOREN | |
Jutta Lietsch | |
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