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# taz.de -- Meinungsfreiheit in Birma: Jähes Ende des Medienfrühlings
> Fünf Journalisten werden zu je zehn Jahren Haft verurteilt. Sie hatten
> über eine mutmaßliche Chemiewaffenfabrik des Militärs berichtet.
Bild: Eine Journalistin protestiert in Rangun gegen die Repressionen.
„Nutzt ein Medium die Pressefreiheit aus und bedroht die nationale
Sicherheit, statt der Nation zu helfen, warne ich alle, dass wir
entschlossen nach den Gesetzen handeln werden.“ Mit diesen Worten drohte
der bisher als Reformer gefeierte Präsident von Birma (Myanmar), der
Exgeneral Thein Sein, am 7. Juli den Journalisten seines Landes.
Drei Tage später wurden der Geschäftsführer und vier Reporter der
Wochenzeitung Unity von einem Gericht in Pakkoku (Magway Division) zu je
zehn Jahren Gefängnis mit harter Arbeit verurteilt. Die Richter fanden sie
des Verrats von Staatsgeheimnissen für schuldig.
Unity hatte im Januar berichtet, dass in Zentralbirma auf konfiszierten
1.200 Hektar Land mit Chinas Hilfe eine geheime Chemiewaffenfabrik
errichtet worden sei. Erwähnt wurde auch ein Dementi der Regierung, die
aber nicht erklärte, was es mit der Waffenfabrik auf sich habe.
„Das ist ein schwarzer Tag für die Pressefreiheit in Myanmar. Diese fünf
Medienleute haben nur über eine Geschichte von öffentlichem Interesse
berichtet“, sagt Rupert Abbott von Amnesty International. Die fünf seien
„politische Gefangene“. Unity wurde inzwischen eingestellt.
## Vertrauter der Regierung
Hinter der mutmaßlichen Chemiewaffenfabrik wird der einflussreiche
Ex-Juntachef Than Shwe vermutet. Dessen Vertrauter war der heutige
Präsident Thein Sein. Der entwickelte sich nach seinem Amtsantritt 2011 zum
Reformer, ließ politische Gefangene frei, schaffte die Zensur ab und
erlaubte unabhängige Tageszeitungen. Er erntete viel Lob, der Westen
beendete die meisten Sanktionen.
Im Dezember 2013 wurde erstmals wieder eine Journalistin verurteilt. Eine
Reporterin von Eleven Media musste wegen angeblichem „Hausfriedensbruch“,
„obszöner Sprache“ und „Verleumdung“ drei Monate in Haft. Im April 2014
wurde Zaw Pe von der Onlineredaktion des früheren Exilsenders Democratic
Voice of Burma zu einem Jahr Haft verurteilt. Er soll bei Recherchen
illegal Land betreten und einen Beamten wegen eines Interviews „belästigt“
haben. Zeitungen protestierten darauf mit schwarzen Titeln. Erstmals wurde
im Mai wieder ein ausländischer Journalist ausgewiesen. Er hatte ohne
Journalistenvisum über eine Demo berichtet.
Beunruhigend am Vorgehen gegen Unity ist, dass der neu geschaffene
Presserat nicht eingeschaltet wurde und das Verfahren direkt auf das
Präsidialamt zurückgeht. Birma habe „über Nacht seinen früheren Ruf als
Feind der Presse wiederhergestellt“, kommentierte Aung Zaw vom Magazin
Irrawaddy. Statt eine Rücknahme des Artikels zu verlangen oder das neue
liberalere Pressegesetz anzuwenden, habe die Regierung ein Kolonialgesetz
gewählt, um Journalisten einzuschüchtern.
Vor zwei Wochen tauchten Geheimdienstmitarbeiter in sechs
Zeitungsredaktionen auf und verlangten Auskünfte über politische
Positionen, Auflage und Finanzierung, ohne anzugeben, auf wessen Weisung
sie kamen. „Ein Zeichen von Einschüchterung“, so Aung Zaw. Und am 7. Juli
verhörte der Geheimdienst drei Redakteure der Tageszeitung Bi Mon Te Nay,
beschlagnahmte Computer und kündigte Strafverfolgung an.
## Proteste in Rangun
Das Blatt hatte unter Berufung auf eine Aktivistengruppe berichtet, die
Oppositionsführerin Aung San Suu Kyi sei in eine Übergangsregierung gewählt
worden. Den Redakteuren wird vorgeworfen, Missverständnisse zu erzeugen,
die Regierung zu verleumden und die Stabilität zu gefährden.
Am Samstag protestierten in der Metropole Rangun (Yangon) Journalisten mit
zugeklebten Mündern und T-Shirts mit der Aufschrift „Tötet nicht die
Presse“. Jetzt ermittelt die Polizei gegen sie, weil es für die Aktion
keine Genehmigung gab.
15 Jul 2014
## AUTOREN
Sven Hansen
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