# taz.de -- Wohnungsbaubilanz in Berlin: Der Neubau macht ein Nickerchen | |
> Die Investitionen der Wohnungsunternehmen sind drastisch eingebrochen, | |
> sagt der Verband BBU. Stabile Mieten seien nicht gut für die Vermieter. | |
Bild: Kein reger Betrieb auf den Baustellen | |
Berlins Wohnungsunternehmen schlagen Alarm. „Die Investitionen sind 2022 im | |
Vergleich zum Vorjahr eingebrochen“, sagte Maren Kern, Vorständin beim | |
[1][Verband Berlin-Brandenburgischer Wohnungsunternehmen BBU], auf der | |
Jahrespressekonferenz am Dienstag. Der BBU vertritt in Berlin die | |
landeseigenen Gesellschaften, aber auch Private wie Vonovia und hat seine | |
Mitgliedsunternehmen nach der Einschätzung der Lage auf dem Wohnungsmarkt | |
befragt. Kerns Fazit: „Der Wohnungswirtschaft geht die Puste aus.“ | |
Einen deutlichen Rückgang verzeichnen die Berliner Mitgliedsunternehmen, | |
die mit 745.000 Wohnungen 44 Prozent des Bestands bewirtschaften, vor allem | |
bei Neubau und Modernisierung. Die Investitionen in den Neubau gingen 2022 | |
um 14 Prozent zurück, die Modernisierungen um 18,8 Prozent. Insgesamt | |
sanken die Investitionen der BBU-Unternehmen nominal um 9,9 Prozent. | |
„Rechnet man die Preissteigerungen heraus, ist das ein Rückgang von fast 23 | |
Prozent“, so Maren Kern. | |
Demgegenüber sind die Mieten der Berliner BBU-Unternehmen 2022 im Vergleich | |
zum Vorjahr nur um zwei Prozent gestiegen. Damit stehe Berlin gut da im | |
Vergleich zu Hamburg und München, wo die Mieten zuletzt 37 beziehungsweise | |
104 Prozent höher gewesen seien als in der Hauptstadt. | |
## Besser als in Hamburg und München? | |
Die Einkommen dagegen lägen in Hamburg nur um neun Prozent und in München | |
nur 29 Prozent höher als in Berlin, so Kern. Soll wohl heißen, der Anteil | |
der Miete am Einkommen sei in den Vergleichsstädten höher. Allerdings bezog | |
der BBU in seine Berechnungen nur die Einkommen | |
sozialversicherungspflichtig Beschäftigter, aber keine Transfereinkommen | |
ein. | |
Den Mietern geht es gut, den Vermietern schlecht, war denn auch die | |
unverhohlene Botschaft des Lobbyverbands. Denn den stabilen Mieten stünden | |
immer mehr Aufgaben gegenüber, die die Wohnungswirtschaft leisten müsse. | |
„Bevölkerungswachstum, steigende Nachfrage nach Wohnungen, Energie- und | |
Wärmewende, demografischer Wandel: Das alles kann nur mit mehr und nicht | |
weniger Investitionen bewältigt werden“, warnte Kern. | |
Tatsächlich könnten mit den Investitionen demnächst auch die Neubauzahlen | |
einbrechen. Zwar würden die BBU-Unternehmen 2023 laut Prognose mit 7.152 | |
Wohnungen noch ebenso viele fertigstellen wie 2022 mit 7.172. Doch schon im | |
nächsten Jahr rechnen die Unternehmen nur noch mit einer Fertigstellung von | |
5.224 Wohnungen. | |
Dass der Senat die Förderung des Wohnungsbaus von 750 Millionen Euro auf | |
1,5 Milliarden im Jahr aufgestockt hat, begrüßte Kern. Zusätzlich fordert | |
sie auch vom Bund ein neues Förderprogramm. „Wir haben derzeit Kostenmieten | |
von 17 bis 20 Euro.“ Wenn die Politik wünsche, dass die Mieten unter zehn | |
Euro liegen, müsse es auch mehr Förderung geben. | |
Politisch kritisierte der BBU einmal mehr die Enteignungsdebatte. „Das | |
Vergesellschaftungsrahmengesetz wird weitere Investitionen in der Stadt | |
verhindern“, so Kern. | |
Der Sprecher für Mieten und Wohnen der Linksfraktion, Niklas Schenker, | |
kritisierte den vom BBU genannten Zusammenhang zwischen Mietentwicklung und | |
sinkenden Investitionen. „Offenbar will der BBU Mieterinnen und Mieter für | |
die anstehenden Investitionen zur Kasse bitten“, so Schenker. | |
18 Jul 2023 | |
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## AUTOREN | |
Uwe Rada | |
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