# taz.de -- Kritik am Wohnungsverband BBU: Genossenschaften sollen austreten | |
> In einem Dossier wird der Verband Berlin-Brandenburgischer | |
> Wohnungsunternehmen BBU ins Visier genommen. Er sei ein Sprachrohr der | |
> Immobilienlobby. | |
Bild: Demo nach dem Karlsruher Urteil gegen den Mietendeckel | |
BERLIN taz | Das ist eine, man kann es nicht anders sagen, Attacke. „Unter | |
der Lupe: Der BBU und sein Unternehmensnetzwerk“ haben Irmhild Schrader und | |
Günter Piening [1][ein Dossier genannt], das sie über den [2][Verband | |
Berlin-Brandenburgischer Wohnungsunternehmen BBU] verfasst haben. | |
Mit seinen Kampagnen gegen Mietendeckel und Vergesellschaftung, heißt es im | |
Dossier, das am Mittwoch Nachmittag veröffentlicht wurde, versuche der BBU, | |
„die öffentlichen Debatten um eine gemeinwohlorientierte Transformation des | |
Wohnungsmarktes zu bestimmen“. Heißt übersetzt: Der BBU ist das Sprachrohr | |
der Deutschen Wohnen und Vonovia und einer Baupolitik der SPD, die die | |
großen privaten Wohnungsunternehmen nicht enteignen, sondern mit noch mehr | |
Steuergeld zum Bauen ermuntern will. | |
Schrader und Piening gehören beide zur [3][Möckernkiez-Genossenschaft]. | |
Deren Mitglieder wiederum haben sich teilweise dem Netzwerk „Die | |
Genossenschafter*innen“ angeschlossen, einem Zusammenschluss von | |
Mitgliedern Berliner Wohnungsgenossenschaften, der sich im Februar 2020 | |
gegründet hat. Zuvor hatten sowohl der Dachverband | |
[4][„Wohnungsbaugenossenschaften Berlin“] als auch der BBU eine Kampagne | |
gegen den Mietendeckel unterstützt. Auch gegen den Volksentscheid Deutsche | |
Wohnen und Co. enteignen betreibt der BBU mit seiner Vorständin Maren Kern | |
Lobbyarbeit. | |
Schrader und Piening nehmen das zum Anlass, die Geschichte und | |
Unternehmensstruktur des BBU genauer zu durchleuchten. „Der BBU e.V. ist | |
nicht nur ein Verband, sondern agiert auch als Wirtschaftsunternehmen, das | |
wohnungswirtschaftliche Dienstleistungen anbietet“, heißt es im Dossier. | |
„Er betreibt ein Unternehmensgeflecht, das von der Bauberatung und | |
-finanzierung über die Wirtschaftsprüfung bis zur Rekrutierung geeigneten | |
Personals sämtliche Aspekte der Wohnungswirtschaft beackert.“ | |
## Die „Spinne im Netz“ | |
Soll heißen, der BBU ist eine „Spinne im Netz“ der Immobilienwirtschaft. | |
Das war er nicht immer. Selbst sieht sich der Verband gerne in der | |
Tradition der genossenschaftlichen Selbsthilfebewegung des 19. | |
Jahrhunderts. 1992 aus zwei Verbänden in West- und Ost-Berlin gegründet, | |
war der BBU zunächst Sprachrohr der landeseigenen | |
Wohnungsbaugesellschaften. Mit der Privatisierung der GSW und anderer | |
Bestände kamen aber auch deren Käufer unters Dach des Verbandes mit seinen | |
338 Mitgliedern in Berlin und Brandenburg. Heute gehören laut Sdchrader und | |
Piening 45 Prozent der Wohnungen der BBU-Mitgliedsunternehmen zu | |
städtischen Gesellschaften, 30 Prozent privaten Unternehmen wie der | |
[5][Vonovia] und 25 Prozent den 74 Mitgliedsgenossenschaften. | |
Dass so viele Genossenschaften dem BBU angehören, habe mit seiner | |
Doppelstruktur zu tun, schreiben Schrader und Piening: „Der BBU ist | |
gleichzeitig Interessenverband und genossenschaftlicher Prüfungsverband.“ | |
Die Genossenschaft Möckernkiez habe daraus nun die ersten Konsequenzen | |
gezogen. Bereits im Juni vergangenen Jahres habe die Mitgliederversammlung | |
beschlossen, die Zugehörigkeit zum BBU aus der Satzung zu streichen. In | |
diesem Jahr nun wollen die Mitglieder darüber entscheiden, welchem | |
Prüfverband sie sich in Zukunft anschließen wollen. Ein Stellungnahme des | |
Vorstands war zunächst nicht zu bekommen. | |
Inzwischen gibt es Forderungen an andere Genossenschaften, dem Beispiel des | |
Möckernkiezes zu folgen. „Mir schiene die beste Lösung, die | |
Genossenschaften und die landeseigenen Wohnungsunternehmen trennen sich vom | |
BBU und überlassen Ihn der privaten Immobilienwirtschaft“, kommentiert | |
Wolfgang Mahnke. „Dadurch erlangen sie die Option, sich in Verbänden | |
zusammenzuschließen, die einer gemeinwirtschaftlichen Unternehmenskultur | |
verpflichtet sind.“ Mahnkes Statement findet sich auf der Webseite der | |
„Genossenschafter*innen“. | |
## BBU weiß von nichts | |
Beim BBU selbst ist von einer Absetzbewegung allerdings noch nichts | |
angekommen. „Man muss da trennen zwischen einigen Aktivistengruppen in der | |
Mitgliedschaft und den Vorständen“, sagt David Eberhart, der Sprecher des | |
Verbandes, der von der taz vom Dossier erfuhr. Er sagt, dass über 90 | |
Prozent der Genossenschaften beim BBU seien, weil es dort neben dem | |
Prüfungswesen auch zahlreiche Beratungsangebote und Kontaktmöglichkeiten | |
geben. | |
Einen Spagat zwischen den Interessen der Genossenschaften, der sechs | |
Berliner Wohnungsbaugesellschaften und der privaten Wohnungswirtschaft | |
sieht Eberhart nicht. „Alles sind Unternehmen, die ihre Bestände | |
professionell bewirtschaften und halten wollen.“ | |
1 Feb 2023 | |
## LINKS | |
[1] https://www.genossenschafter-innen.de/2023/01/31/unter-der-lupe-der-bbu/#mo… | |
[2] https://bbu.de/ | |
[3] https://www.moeckernkiez.de/ | |
[4] https://www.wohnungsbaugenossenschaften.de/regionen/berlin/ueber-uns | |
[5] https://www.vonovia.de/de-de | |
## AUTOREN | |
Uwe Rada | |
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