# taz.de -- Volksbegehren für besseren Artenschutz: Mehr Öko, weniger Pestizid | |
> In Niedersachsen soll ein Volksbegehren für besseren Artenschutz sorgen. | |
> Das Umwelt- und das Landwirtschaftsministerium halten dagegen. | |
Bild: Das erfolgreiche Volksbegehren in Bayern dient als Vorbild für Niedersac… | |
HANNOVER taz | „Artenvielfalt. Jetzt!“ heißt das Volksbegehren, das zurzeit | |
in Niedersachsen vorbereitet wird. Dahinter stehen eine ganze Reihe von | |
Umweltverbänden, aber auch der Deutsche Berufs- und Erwerbsimkerbund, die | |
Grünen und die Linken. Am Montag stellten die Initiatoren ihr Anliegen in | |
Hannover der Öffentlichkeit vor – allerdings noch ohne einen konkreten | |
Gesetzestext. | |
Der ist zwar seit Monaten in Vorbereitung, aber noch in der juristischen | |
Prüfung. Die ist nötig, weil es hier um durchaus komplexe und sehr konkrete | |
Änderungen des Naturschutz-, Wasser und Waldgesetzes geht. Nur hier hat | |
nämlich das Land überhaupt etwas zu sagen – alles andere regeln der Bund | |
oder gar die EU. | |
Dass Niedersachsen hier Nachholbedarf hat, machten die Initiatoren | |
deutlich: Das Land habe bundesweit die längste rote Liste der vom | |
Aussterben bedrohten Arten, aber den geringsten Anteil an Ökolandbau, | |
erklärten etwa Holger Buschmann, Landesvorsitzender des Nabu Niedersachsen, | |
und die niedersächsische Grünen-Chefin Anne Kura. | |
Dagegen helfen soll ein ganzes Bündel an Maßnahmen, die das Volksbegehren | |
festzurren soll: eine Steigerung der Quote beim Ökolandbau, eine | |
Einschränkung des Pestizid-Einsatzes in Naturschutzgebieten, eine | |
Versiegelungsquote, Gewässerrandstreifen, Hilfen für | |
Landwirtschaftsbetriebe, die sich umstellen wollen. | |
## 25.000 Unterschriften benötigt | |
Ende März oder Anfang April könne die Unterschriftensammlung beginnen, hieß | |
es. Binnen sechs Monaten benötigt das Bündnis zunächst 25.000 | |
Unterschriften, um als Volksbegehren zugelassen zu werden. Anschließend | |
müssten innerhalb eines weiteren halben Jahres knapp 610.000 Niedersachsen | |
unterschreiben, damit das Volksbegehren den Weg ins Parlament schafft. Der | |
Landtag muss dann nicht zustimmen. Lehnt er ab, folgt jedoch ein | |
Volksentscheid. | |
Das möchte die Landesregierung gern verhindern. Auf einer kurzfristig | |
anberaumten Pressekonferenz warben Umweltminister Olaf Lies (SPD) und | |
Agrarministerin Barbara Otte-Kinast (CDU) für einen „niedersächsischen Weg�… | |
und eine Art Gesellschaftsvertrag. Dazu säße man ja schon seit Monaten mit | |
der Landwirtschaft, vertreten durch die Kammern und das Landvolk, sowie den | |
beiden großen Umweltschutzverbänden Nabu und BUND zusammen und befinde sich | |
auf dem Weg der Einigung, sagte Lies. | |
Konkrete Zahlen oder Zielvorgaben legte er allerdings nicht auf den Tisch. | |
Inhaltlich greift das Maßnahmenpaket etliche Punkte aus dem | |
Forderungskatalog des Volksbegehrens auf. Lies sprach außerdem von einem | |
„hohen zweistelligen Millionenbetrag“, der investiert werden solle. Und | |
betonte, wie lange so ein Volksentscheid doch dauern würde und wie sehr er | |
die Gesellschaft spalten könnte. | |
Dieses Spiel ist allerdings auch nicht neu: In Bayern, wo sich das bisher | |
erfolgreichste Volksbegehren dieser Art durchgesetzt hatte, hatte sich die | |
regierende CSU auch zunächst skeptisch gezeigt, den Gesetzesvorschlag auf | |
Druck der Wähler aber schließlich annehmen müssen. In Baden-Württemberg | |
hingegen hatte die Landesregierung auf einen eigenen Gesetzesentwurf | |
gesetzt und das Volksbegehren „Rettet die Bienen“ damit ausgehebelt. | |
Nabu und BUND sitzen dabei an beiden Tischen: Einerseits betonten die | |
Verbände, wie enttäuscht sie seien, dass sich die niedersächsische Politik | |
nach dem Volksbegehren in Bayern so wenig bewegt habe. Andrerseits sind die | |
Forderungen in Niedersachsen moderater als in Bayern – man wolle | |
realistisch bleiben, betonte Buschmann vom Nabu. | |
3 Mar 2020 | |
## AUTOREN | |
Nadine Conti | |
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