Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Demokratiedefizit in Kiel: Abstimmung nur analog
> Weil ein Gesetz über Online-Abstimmungen seit Jahren aussteht, verklagt
> eine Ini Schleswig-Holsteins Landesregierung.
Bild: Ohne Pandemie geht Demokratie leichter: Unterschriften sammeln ist schwie…
Kiel taz | Im Netz abstimmen über [1][Volksinitiativen oder Volksbegehren]
– in Schleswig-Holstein geht das seit 2016. Allerdings nur theoretisch:
Denn die Umsetzung lässt auf sich warten. Jetzt klagt eine Gruppe, die sich
in ihren Rechten beschnitten sieht, gegen das Land. Denn die Zeit dränge,
fürchtet Reinhard Knof, Vertrauensperson der „Volksinitiative zur
Weiterentwicklung der Energiewende“.
Deren Ziel ist ein Gesetz, das den Einsatz fossiler Techniken erschweren
soll – etwa, indem Land und Kommunen keine Grundstücke für Pipelines oder
Bohrungen zur Verfügung stellen dürfen. „Wir wollen die Weichen im Land
jetzt richtig stellen“, sagt Knof. Auch die Wirtschaft wäre froh über klare
Regeln, glaubt er. Doch so lange Abstandsregeln und Versammlungsverbote
gelten, sind Straßensammlungen schwierig.
Damit die Gruppe dennoch loslegen kann, würde sie gern online um Stimmen
werben und sie rechtsverbindlich sammeln. [2][Das
„Volksabstimmungsgesetz“], das der Kieler Landtag 2016 beschloss, erlaubt
das. Damit ist Schleswig-Holstein weiter als andere Bundesländer, in denen
bisher nur die Unterschrift auf Papier gilt.
Allerdings gab es 2017 einen Regierungswechsel in Kiel, und seither wird
„die direkte Demokratie nach Möglichkeit torpediert“, sagt Knof. Die
Volksinitiative hat nun beim Landgericht Klage gegen die Regierung
eingereicht.
## Stückchenweise Übergabe
Zuständig für die Umsetzung des Gesetzes ist [3][das CDU-geführte
Innenministerium]. Das hat den Auftrag, eine entsprechende Plattform namens
„e-Parti“ zu schaffen, an [4][die landeseigene IT-Firma Dataport]
weitergegeben – stückchenweise. 2017 wünschte sich das Ministerium erst nur
„Beratungsleistungen im Kontext der digitalen Volksinitiative“, so heißt es
in der [5][Antwort des Ministeriums auf eine Anfrage des SSW-Abgeordneten
Flemming Meyer].
Mitte 2018 gab es einen Folgeauftrag, nun ging es um „Unterstützung bei
Projekt-, Anforderungs- und Testmanagement“ sowie „Entwicklungsleistungen“
für e-Parti. Dataport war der Wunsch Befehl: „Der Auftrag für eine erste
Version wurde im Jahr 2019 abgeschlossen“, sagt Sprecherin Britta Heinrich.
Allerdings wurde die Plattform nicht freigeschaltet, stattdessen vergab das
Ministerium im März 2020 einen dritten Auftrag an Dataport, diesmal für
„Wartung und Weiterentwicklung“ der Software. Das Ministerium begründet das
weitschweifig: „Testungen der einzelnen Verfahrensschritte“ seien
erforderlich, die unter anderem den Start einer Initiative und das
abschließende „Einreichen beim Landtagspräsidenten“ betreffen, auch diver…
Prüfungen von Beteiligungsrechten stünden noch aus, auch weitere, „bislang
offene Fragestellungen konnten nicht abschließend geklärt werden“.
Doch geht es wirklich um technische Probleme? Auf die Frage, bis wann
Dataport fertig sein könnte, antwortet Sprecherin Heinrich: „Der Zeitrahmen
für ein Projekt wie dieses ist immer abhängig von den konkreten
Anforderungen.“ Aktuell lägen drei Varianten vor, und „wir können mit der
Umsetzung beginnen, sobald der Auftrag dazu bei uns eingeht“.
## „Bei uns herrscht Unzufriedenheit“
Dass es nicht so schnell vorangeht, wie es wünschenswert sei, findet auch
der SSW, der im Ministerium nachfragte: „Die Antwort hat uns keineswegs
zufriedengestellt“, sagt Per Dittrich, Sprecher der Partei. Die Klage könne
er nachvollziehen: „Bei uns herrscht auch Unzufriedenheit, wir bleiben an
dem Thema dran.“
Wie schwierig es zurzeit ist, Stimmen zu sammeln, hat Reinhard Knof bei
einem anderen Volksbegehren festgestellt, für das er ebenfalls als
Vertrauensperson auftritt. Die [6][„Initiative zum Schutz des Wassers“]
will ein Fracking-Verbot auf Landesebene durchsetzen. Der Lockdown fiel
ausgerechnet in die [7][Abschlussphase der Unterschriftensammlung]. „Corona
hat geschadet“, sagt Knof, „allein, weil wir uns nicht treffen und die
Listen prüfen konnten.“
18 Jun 2020
## LINKS
[1] /Direkte-Demokratie/!t5016898
[2] http://www.gesetze-rechtsprechung.sh.juris.de/jportal/?quelle=jlink&que…
[3] https://www.schleswig-holstein.de/DE/Landesregierung/IV/iv_node.html
[4] https://www.dataport.de/
[5] http://www.landtag.ltsh.de/infothek/wahl19/drucks/02100/drucksache-19-02130…
[6] https://vi-wasser.de/
[7] http://vi-wasser.de/?page=news&news=16
## AUTOREN
Esther Geißlinger
## TAGS
Schwerpunkt Coronavirus
Volksentscheid
Volksbegehren
Direkte Demokratie
Demokratie
Digitalisierung
Schleswig-Holstein
Energiewende
Schwerpunkt Stadtland
Schwerpunkt Coronavirus
Schwerpunkt Coronavirus
Volksbegehren
## ARTIKEL ZUM THEMA
Stockende Digitalisierung in Hamburg: Mit Vollgas in den Wartungsmodus
Das Hamburger Wohngeldportal sollte Anträge vereinfachen und Verfahren
beschleunigen. Zur Premiere ist es direkt wieder abgestürzt.
Grundrechte in Corona-Krise: Ansteckende Freiheit
Nein, die Grundrechte sind nicht abgeschafft. Aber die Pauschalität der
Seuchenbekämpfung lässt an ihrer Rechtfertigung zweifeln.
Anwalt über Versammlungsrecht und Corona: „Ein schwerwiegender Eingriff“
Dass Demonstrationen nur mit Ausnahmegenehmigung möglich sind, hält Peer
Stolle für eine kritikwürdige Einschränkung von Grundrechten.
Volksbegehren für besseren Artenschutz: Mehr Öko, weniger Pestizid
In Niedersachsen soll ein Volksbegehren für besseren Artenschutz sorgen.
Das Umwelt- und das Landwirtschaftsministerium halten dagegen.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.