# taz.de -- Volksbegehren Artenvielfalt: Landwirte auf Einschüchterungs-Tour | |
> Die Koordinatoren des niedersächsischen Volksbegehrens Artenvielfalt | |
> prangern an, dass sie von Bauern beim Unterschriftensammeln behindert | |
> werden. | |
Bild: Bild der Existenzangst: Für die einen geht es ums ökonomische, für and… | |
Hamburg taz | Wer das [1][niedersächsische Volksbegehren Artenvielfalt] | |
unterschreiben möchte, muss bisweilen eine gewisse Hartleibigkeit an den | |
Tag legen. Wie die Koordinatoren des Volksbegehrens berichten, ist es | |
mehrfach vorgekommen, dass Interessenten von Bauern angegangen wurden. Der | |
Omnibus für direkte Demokratie, der die Kampagne unterstützt, sei zum Teil | |
regelrecht belagert worden. „Die stellen sich mit Treckern davor und | |
bedrängen Leute“, sagt Josef Voß, einer der beiden Koordinatoren. | |
Das [2][Volksbegehren wird von rund 170 Organisationen unterstützt], allen | |
voran den Grünen, dem Deutschen Berufs- und Erwerbsimkerverband und dem | |
Naturschutzbund (Nabu). Es setzt sich für mehr Vielfalt in der Landschaft | |
ein, für weniger Pestizideinsatz und mehr Ökolandbau, für artenreiche | |
Wiesen und naturnahen Wald. | |
Um diese Ziele zu erreichen, haben sich die Umweltverbände Nabu und BUND, | |
die Vertreter der Bauernschaft sowie die Landesregierung Ende Mai auf den | |
„[3][Niedersächsischen Weg]“ geeinigt, der mehr Artenschutz und eine | |
Zukunft für die Landwirtschaft zugleich ermöglichen soll. Das hat den Nabu | |
aber nicht davon abgehalten, das Volksbegehren weiter voranzutreiben. | |
Viele Landwirte fühlen sich dadurch hintergangen. „Der Nabu verhält sich | |
wie ein frisch verlobter Bräutigam, der trotzdem noch auf allen | |
Dating-Portalen aktiv ist“, kritisiert Ulrich Löhr, Vizepräsident des | |
[4][Landvolks], also des niedersächsischen Bauernverbands. Das | |
Volksbegehren enthalte für die Landwirtschaft in der Summe nicht leistbare | |
Auflagen. | |
## Martialischer Auftritt | |
Weil sie Angst um ihre Existenz haben, suchen die Bauern die Diskussion mit | |
den Unterschriftensammlern und manchmal auch die Konfrontation. Voß | |
berichtet von einem „martialischen Auftritt“, bei denen Landwirte mit | |
Treckern ein Spalier zum Infostand bildeten. | |
„Das ist eine Szenerie, wo man sich sagt: Da geh ich erst mal nicht hin“, | |
sagt Voß. Der Nabu-Geschäftsstelle Oldenburg hätten Bauern Mist in Kisten | |
vor die Tür gestellt, der Geschäftsstelle in Hannover Kunstdünger in den | |
Vorgarten geschüttet – „obwohl das ein Magerrasen ist“, sagt Voß. | |
„So etwas unterstützen wir nicht“, versichert Sonja Markgraf, | |
Pressesprecherin des Landvolks. Ihr Verband werbe in einer Kampagne für die | |
Umsetzung des Niedersächsischen Weges. Das Landvolk sei nicht auf | |
Konfrontation aus, sondern wolle diesen Weg gemeinsam mit den anderen | |
Akteuren gehen. | |
Über den Niedersächsischen Weg sei überhaupt erst verhandelt worden, | |
nachdem die schwarz-rote Landesregierung vor knapp einem Jahr von dem | |
Volksbegehren Wind bekommen habe, sagt Koordinator Voß. Kurz zuvor hatte | |
der Bayerische Landtag sich veranlasst gesehen, das überaus erfolgreiche | |
Volksbegehren „[5][Rettet die Bienen“] anzunehmen, das ebenfalls auf den | |
Artenschutz zielte. | |
Der Niedersächsische Weg ist den Unterstützern des Volksbegehrens nicht | |
sicher genug. Er greife das Anliegen des Volksbegehrens zwar auf, weshalb | |
es für die Umweltverbände keinen Grund gegeben habe, das Papier nicht zu | |
unterzeichnen. | |
Zugleich müsse man sich vor Augen halten, dass der Weg konzipiert worden | |
sei, um das Volksbegehren zu verhindern. Bei dem Dokument handele es sich | |
lediglich um eine Absichtserklärung. „Wenn wir nachlassen würden, wäre der | |
niedersächsische Weg eine Sackgasse“, sagt Voß. „Dann würde gar nichts | |
passieren.“ | |
Bereits Ende Mai, nach der Unterzeichnung des Niedersächsischen Wegs, hatte | |
der Nabu-Landesvorsitzende Holger Buschmann betont, dass eine Vereinbarung | |
mit dem Land das Begehren nicht überflüssig mache: „Solange ich kein Gesetz | |
beschlossen habe, solange ich nicht wirklich was in der Hand habe, kann ich | |
ein Volksbegehren nicht hergeben.“ | |
Demgegenüber geht das Landvolk davon aus, „dass der Niedersächsische Weg – | |
entgegen oftmals anderslautender Formulierungen – nach der gemeinsamen | |
Ausgestaltung der Vereinbarung in konkreten Gesetzen, die einen | |
finanziellen Ausgleich garantieren, münden wird“, wie es in einer | |
Pressemitteilung aus der vergangenen Woche heißt. | |
Leistungen für den Naturschutz, die von den Landwirten erwartet würden, | |
müssten auch vergütet werden – so wie es mit EU-Geld jetzt schon beim | |
Anlegen von Blühstreifen geschehe, sagt Markgraf. Zum Niedersächsischen Weg | |
habe sich die Landesregierung klar bekannt, als sie zur Unterzeichnung den | |
Ministerpräsidenten und die beiden Fachminister aufgeboten habe. | |
28 Jul 2020 | |
## LINKS | |
[1] /Volksbegehren-zur-Artenvielfalt/!5667529 | |
[2] https://www.artenvielfalt-niedersachsen.jetzt/forderungen/ | |
[3] /Volksbegehren-zum-Artenschutz/!5693641 | |
[4] https://landvolk.net/lpdartikel/reeller-mehrwert-fuer-die-natur/ | |
[5] /Entscheidung-im-bayerischen-Landtag/!5612255 | |
## AUTOREN | |
Gernot Knödler | |
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