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# taz.de -- „Trostfrauen“-Mahnmal in Berlin: Kai Wegners langer Arm
> Die „Trostfrauen“ sind Japan ein Dorn im Auge. Und nun wird ein
> Bildungsprogramm zu Sexualisierter Gewalt eingestellt – auf Druck des
> Regierenden.
Bild: Soll weg: Die Trostfrauenstatue auf dem Unionsplatz im Stadtteil Moabit v…
Berlin taz | Die japanische Regierung und der Senat von [1][Kai Wegner
(CDU) machen nicht nur gegen die Trostfrauenstatue in Berlin-Moabit] mobil.
Sie verhindern auch ein Bildungsprogramm, das damit verbunden ist.
Wie die taz berichtet hatte, soll der Korea-Verband – eine Berliner NGO –,
die Trostfrauenstatue an der Moabiter Birkenstraße abbauen. Die Forderung
kam auf, nachdem der Regierende Bürgermeister Kai Wegner (CDU) im Frühjahr
in Berlins Partnerstadt Tokio zu Besuch war. Die Trostfrauenstatue erinnert
an die [2][Zwangsprostitution] von koreanischen, chinesischen,
taiwanesischen und anderen Frauen aus Ländern, die Japan im Zweiten
Weltkrieg besetzt hatte, in japanischen Militärbordellen bis 1945. Das
Denkmal ist der japanischen Regierung ein Dorn im Auge. Tokio hat mehrfach
auf diplomatischem Weg zum Abbau der Statue gedrängt.
Aber nicht nur das Denkmal selbst, auch ein damit verbundenes
Bildungsprogramm soll es nach dem Willen Japans nicht geben. Und das wurde
dann nach Recherchen der taz im Frühjahr auch so beschlossen. Zuerst hatte
der rbb berichtet.
## Bildung nicht im Sinne der japanischen Botschaft
Der Korea-Verband, der die Trostfrauenstatue aufgestellt hat, hat das
Denkmal mit einem Bildungsprogramm in Schulen und Jugendeinrichtungen zum
Thema Sexualisierte Gewalt kombiniert. In dem Programm „Setz dich neben
mich“, werden Jugendliche an der Statue mit dem freien Stuhl animiert, sich
künstlerisch mit dem Thema Sexualisierte Gewalt auseinanderzusetzen.
Das Bildungsprojekt ist einmalig in Berlin. Die jungen Leute informieren
sich über Wehrmachtsbordelle, sehen Filme über Frauen, die Opfer sexuellen
Missbrauchs in unterschiedlichen Weltregionen wurden und gestalten eigene
Figuren aus Knete und Ton. Das Projekt wird vom Projektfonds Kulturelle
Bildung der Berliner Landesregierung finanziell gefördert. Doch seit diesem
Sommer fließen die Gelder nicht mehr.
Manuela Schmidt, die für die Linken im Kulturausschuss des
Abgeordnetenhauses sitzt, hat bei der Landesregierung nachgefragt und die
lapidare Antwort erhalten, dass die Förderung ausgelaufen sei.
Doch ganz so lapidar ist das nach Recherchen der taz nicht gelaufen. Über
die Förderung, die jährlich neu beantragt werden muss, befindet zunächst
eine Fachjury aus Mitarbeitern kultureller Einrichtungen. Die befürwortete
das Projekt, erfuhr die taz. Doch weil das Projekt eine bestimmte
Fördersumme überschreitet, kann die Fachjury nur eine Empfehlung abgeben.
Die Entscheidung liegt bei einem Beirat, in dem neben Fachleuten aus Kultur
und Pädagogik auch mehrere Staatssekretäre sitzen – alle mit CDU-Parteibuch
– sowie Leute aus der Verwaltung.
## Kai Wegner beeinflusst
Der Beirat tagt nicht öffentlich. Doch der taz ist es gelungen, mit zwei
Beiratsmitgliedern zu sprechen. Sie bekunden übereinstimmend, dass der
Staatssekretär für Jugend, Falko Liecke, zu Beginn der Beiratssitzung
gesagt hätte, er hätte mit dem Regierenden Bürgermeister Kai Wegner
telefoniert und der hätte gesagt, das Projekt dürfe nicht gefördert werden,
weil das so im Sinn der japanischen Botschaft sei.
Darauf hätten sich, so die beiden Beiratsmitglieder unabhängig voneinander,
mehrere Teilnehmer zu Wort gemeldet. Sie hätten gefordert, hier müsse nach
künstlerischen und pädagogischen Gesichtspunkten entschieden werden und
nicht aufgrund einer politischen Einmischung von außen.
Mehrere Beiratsmitglieder hätten zudem in der Diskussion berichtet, sie
seien von dem [3][japanischen Botschafter] in ein hochklassiges Restaurant
zum Essen eingeladen worden. Der hätte dort den Wunsch ausgedrückt, dass
man gegen das Projekt votieren solle. Dennoch hätte das Projekt, so die
beiden Beiratsmitglieder gegenüber der taz, eine einfache Mehrheit für die
Weiterförderung erhalten. Erforderlich wäre aber eine Zweidrittelmehrheit
gewesen, die die CDU-Vertreter verhindern konnten.
Die taz hat versucht, dazu ein Statement der Senatsverwaltung für Bildung
und Jugend zu bekommen, in der Falko Liecke Staatssekretär ist. Die
Pressestelle reagierte jedoch nicht auf mehrmalige Anfragen der taz. Der
Chef der Senatskanzlei, Florian Graf, ließ auf eine parlamentarische
Anfrage des SPD-Abgeordneten Marcel Hopp die Frage nach der Einflussnahme
auf die Staatssekretäre unbeantwortet.
## Dubiose Vorgänge beim Austausch
Ein Sprecher der japanischen Botschaft bestätigt zwar Gespräche, nennt aber
keine Namen. „Das von der südkoreanischen Organisation, die die Statue
aufgestellt hat, durchgeführte Projekt findet in Form von Workshops statt,
die sich an Jugendliche in Deutschland richten“, teilt der Sprecher mit.
„Dabei wird die Statue genutzt, um ein einseitiges Narrativ zu verbreiten.
Jungen Deutschen, die in Bezug auf Asien über kein großes Wissen verfügen,
werden so antijapanische Gefühle eingepflanzt.“
Anders als es der Sprecher behauptet, ist der [4][Korea-Verband] allerdings
keine südkoreanische Organisation, sondern eine NGO nach deutschem Recht,
in der südkoreanische Migrantinnen und Deutsche zusammen arbeiten.
Bahar Haghanipour, frauenpolitische Sprecherin der Grünen, hält den Vorgang
für dubios. „Die CDU wird ihrer politischen Verantwortung nicht gerecht,
wenn sie Projekte nicht nach Eignung und Qualität beurteilt, sondern nach
politischem Gutdünken. Für mich klingt das, als mache die CDU sich zur
Marionette Japans.“
Auch die linke Abgeordnete Manuela Schmidt ist irritiert. „Das ist ein
wichtiges Projekt für die kulturelle Bildungsarbeit. Hier sollte nach den
Bedarfen in Berlin auf fachlicher Basis entschieden werden und nicht auf
der Grundlage politischer Einmischung von außen.“
5 Aug 2024
## LINKS
[1] /Trostfrauenstatue-soll-verschwinden/!6013742
[2] /Zwangsprostitution-im-Zweiten-Weltkrieg/!5255067
[3] /Trostfrauen-Mahnmal-in-Moabit/!5796971
[4] /Museum-fuer-Trostfrauen/!5961017
## AUTOREN
Marina Mai
## TAGS
Kunst in Moabit
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