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# taz.de -- Prozess gegen Lina E.: Hieß Antifa für sie Angriff?
> Der Leipziger Autonomen Lina E. und drei Mitangeklagten werden Angriffe
> auf Neonazis vorgeworfen, nun soll das Urteil fallen. Es drohen harte
> Strafen.
Bild: Lina E. vor Prozessbeginn am Oberlandesgericht Dresden am 08. September 2…
Am vergangenen Mittwoch ergreift Lina E. doch noch einmal das Wort. Fast
den gesamten Prozess hatte die 28-jährige Studentin geschwiegen. Nun fragt
Richter Hans Schlüter-Staats reihum, ob sie oder ihre drei Mitangeklagten
zum Prozessende noch letzte Worte sprechen wollen. Alle verneinen – außer
Lina E.
„Ich werde nichts zu den Vorwürfen sagen“, beginnt die Frau mit dem Dutt
und dem grauen Pullover. Aber sie wolle sich bedanken. Bei ihren Eltern,
ihren „starken Omis“, ihren Anwälten und ihren Freunden, die ihr in der
Haft schrieben, sie besuchten, „unermüdlich“ den Prozess begleiteten.
Sie liest die Worte aus einem blauen Hefter ab, ihre Stimme stockt. „Mein
letztes Wort in diesem Prozess soll ‚Danke‘ sein.“ Dann schweigt Lina E.
wieder. Und unter den Zuhörenden im Saal bricht Applaus aus. Der Richter
kann ihn nur mühsam beenden.
Einmal noch wird Lina E. nun das Hochsicherheitsgebäude des
Oberlandesgerichts Dresden betreten, hinter Sicherheitsglas, begleitet von
Justizwachleuten – am kommenden Mittwoch. So wie 98 Prozesstage zuvor. Und
wieder werden im Publikum ihre Mutter und Unterstützer:innen sitzen.
Und diesmal dürfte es noch lauter werden. Dann, wenn das Gericht sein
Urteil gegen sie und die anderen drei sprechen wird. Es wird wohl keine
Freisprüche geben.
Seit September 2021 wird in Dresden gegen Lina E. und die drei
Mitangeklagten verhandelt – drei junge Autonome aus Berlin und Leipzig,
Jannis R., Lennart A. und Philipp M., alle drei bisher auf freiem Fuß. Die
Bundesanwaltschaft wirft ihnen die Bildung einer kriminellen Vereinigung
und sechs schwere Angriffe auf Rechtsextreme auf, verübt zwischen 2018 und
2020 in Leipzig, Wurzen und Eisenach.
Lina E. sei die „Rädelsführerin“ gewesen. Schon vor zweieinhalb Jahren
wurde sie in ihrer Wohnung in Leipzig-Connewitz verhaftet, sitzt seitdem in
der JVA Chemnitz in U-Haft – wo auch die NSU-Terroristin Beate Zschäpe
einsitzt.
Es gibt derzeit keinen anderen Prozess in Deutschland, der politisch so
aufgeladen ist. Es sind die schwersten Vorwürfe gegen die linksradikale
Szene seit Jahren. Lina E. und die drei Mitangeklagten schweigen dazu bis
heute. [1][Die Bundesanwaltschaft wirft dem Quartett „potenziell
lebensgefährliche Gewalt“ vor, fordert bis zu acht Jahre Haft.] Die
Verteidiger sehen dagegen eine „politische Justiz“ und einen „unbedingten
Verfolgungseifer“, sie wollen weitgehend Freisprüche.
Und die linksradikale Szene ruft für den Samstag nach der Urteilsverkündung
zu einem „Tag X“ und einer Großdemonstration nach Leipzig und in andere
Städte, um ihre Wut über die erwarteten Haftstrafen auf die Straßen zu
tragen. Für sie ist Lina E. längst eine Symbolfigur, der Slogan „Free Lina�…
omnipräsent.
Die Staatsmacht lässt keinen Zweifel daran, wie ernst sie dieses Verfahren
nimmt. Bereits Ende 2019 gründete das sächsische LKA eine „Soko LinX“, um
nach Angriffen und Brandanschlägen der autonomen Szene endlich Täter zu
ermitteln. Die Verhaftung von Lina E. ein Jahr später war ihr größter
Erfolg, den Fall übernahm die Bundesanwaltschaft. [2][Mit einem Helikopter
wurde die Studentin zum Haftrichter nach Karlsruhe geflogen.] Es folgten
weitere Durchsuchungen, inzwischen rechnet die Bundesanwaltschaft rund 15
Beschuldigte der Gruppe um Lina E. zu.
In Dresden wird wie in einem Terrorprozess verhandelt: mit Polizeischutz,
peniblen Besucherkontrollen, Hubschrauber über dem Gebäude, maskierten
Polizeizeugen. Die Richter und die Oberstaatsanwältin sollen unter
Polizeischutz stehen. Von einem „polizeilichen Popanz“ spricht die
Verteidigung.
Im Saal wurde nun seit anderthalb Jahren über Indizien gerungen – die
attackierten Rechtsextremen und Zeugen konnten bis zum Schluss die
vermummten Angreifer nicht identifizieren. Aber Lina E. war im Dezember
2019 nach einem Angriff auf den rechtsextremen Kampfsportler und
Kneipenwirt Leon R. in Eisenach in einem Fluchtauto gefasst worden,
zusammen mit Lennart A. Es war der VW Golf ihrer Mutter, die Kennzeichen
lagen noch auf der Rückbank. Ein zweites Fluchtauto wurde später in Hessen
gestoppt.
Zuvor schon war in Leipzig der frühere NPD-Mann Enrico B. niedergeschlagen
worden, ebenso wie der Kanalarbeiter Tobias N., der eine rechtsextreme
Mütze trug. In Wurzen traf es den Rechtsextremen Cedric S. und später eine
sechsköpfige Neonazigruppe, die von einem Aufmarsch in Dresden
zurückkehrte. In Eisenach wurde gleich zweimal der Szenekader Leon R.
attackiert. Nur einen Tag vor dem zweiten Angriff war Lina E. in einem
Baumarkt erwischt worden, wie sie zwei Hämmer klaute. Die Rechtsextremen
wurden teils mit Hämmern und Schlagstöcken angegriffen, erlitten
Platzwunden und Knochenbrüche. Tobias N. musste eine Metallplatte ins
Gesicht eingesetzt werden.
Oberstaatsanwältin Alexandra Geilhorn sprach im Prozess von „massiver
Gewalt“ und einem „außergewöhnlichen Maß an krimineller Energie“. Lina…
sei mit ihrem seit drei Jahren untergetauchten Verlobten Johann G. die
„treibende Kraft“ der Gruppe gewesen, bei jeder Tat dabei. Sie habe Opfer
mit ausgewählt, Fluchtautos gestellt, Kommandos gegeben. Auch die drei
Mitangeklagten hätten sich an einzelnen Übergriffen und der kriminellen
Vereinigung beteiligt.
Es sind Vorwürfe, die Lina E. und den Mitangeklagten die härtesten Strafen
seit Jahren gegen Linksradikale einbringen könnten. 2009 war die
[3][„militante gruppe“ (mg) für Brandanschläge zu dreieinhalb Jahren Haft
verurteilt worden]. Nun sollen es nach Willen der Bundesanwaltschaft weit
mehr werden.
Lina E. verfolgte den Prozess gelassen, zumindest äußerlich. Auch am
vergangenen Mittwoch kommt sie morgens lächelnd in den Saal, winkt ihrer
Mutter zu, verteilt Luftküsse. Die Unterstützer:innen im Saal
begrüßten sie schon zu Prozessbeginn mit stehendem Applaus, bis heute
erheben sie sich, wenn sie den Raum betritt, klopfen anerkennend auf
Stühle, wenn die Verteidiger:innen die Anklage oder das Gericht
kritisieren – bis Richter Schlüter-Staats sie zur Ruhe ruft. Während der
Verhandlung hört Lina E. aufmerksam zu, ab und an macht sie sich mit
Bleistift Notizen.
Nur einmal hatte sich Lina E. zuvor zu Wort gemeldet. Im Oktober 2022,
Prozesstag 72, schilderte sie ihren Lebenslauf. Ihre Jugend in Kassel, die
Mutter Erzieherin, der Vater Oberstudienrat. Ihr Wunsch, Sozialpädagogin zu
werden, ihre Arbeit mit beeinträchtigten Kindern, das Studium der
Erziehungswissenschaften in Halle. Ihre Bachelorarbeit schrieb sie zum
Umgang mit Rechtsextremen in der Jugendarbeit, am Beispiel des NSU in
Jena-Winzerla. Über ein Buch zum NSU sei sie auf das Thema „akzeptierende
Jugendarbeit“ gestoßen, erklärte Lina E. den Richtern.
Was sie nicht sagte: Dass der NSU 2006 auch in ihrer Heimatstadt Kassel
mordete, ein Verfassungsschützer war mit am Tatort. Fünf Jahre später flog
die Terrorserie auf. Sie soll Lina E. laut Bekannten politisiert haben.
Bisher hat sie keine Vorstrafen. In der Haft arbeite sie nun als
Tischlerin, erzählte Lina E. den Richtern. Ihr Anwalt ergänzte später, wie
sie dort mit einer Rheumaerkrankung kämpfe. Vom Bild der militanten
Autonomen war in diesem Moment nichts zu erkennen.
Oberstaatsanwältin Alexandra Geilhorn aber verwies im Prozess auf die
Festnahme von Lina E. nach dem Eisenacher Überfall – und auf ihr
konspiratives Verhalten. In ihrer Wohnung fanden Ermittler einen
gefälschten Ausweis, Perücken und elf Handys, die meisten davon in einem
Stoffbeutel an der Wohnzimmertür. In einer Box auf einem Leipziger
Dachboden, den Ermittler für das Depot der Gruppe halten, entdeckten sie
Hämmer, Schlagstöcke und weitere Handys – und DNA-Spuren von Lina E. und
anderen Beschuldigten.
Immer wieder verwies die Oberstaatsanwältin auf Lina E.s Partner Johann G.,
von dem sich am Eisenacher Tatort Blutspritzer fanden und der auch bei
anderen Taten dabei gewesen sein soll. Die Verteidiger wiesen brüsk zurück,
dass dann immer auch Lina E. dabei gewesen sei. Das sei eine haltlose
„Bonnie-&-Clyde-Logik“.
Zwar wollen einige Zeugen unter den vermummten Angreifern eine Frau
ausgemacht haben. Lina E. identifizieren konnte aber niemand. Der
Eisenacher Leon R. meinte, sie nachträglich an der Stimme erkannt zu haben.
Aber auch das blieb fraglich. So blieben die zentralen Fragen: Sitzen hier
die Richtigen auf der Anklagebank? Waren sie an allen Taten beteiligt? Gab
es tatsächlich eine feste Gruppe?
Gerade die Aussagen Leon R.s sind mit Vorsicht zu genießen: Im April 2022
wurde er selbst mit drei Gesinnungskameraden festgenommen, ebenfalls im
Auftrag der Bundesanwaltschaft. Der Vorwurf auch hier: Bildung einer
kriminellen Vereinigung. [4][Leon R.s Eisenacher Kampfsporttruppe
„Knockout51“ verübte in der Region schon seit Jahren Gewalttaten, wollte
einen „Nazikiez“ errichten.] Vermeintlich Linke und Polizisten wurden
attackiert, nach den Angriffen auf sich soll Leon R. auch die Tötung von
Linksextremen als Ziel ausgegeben haben. Als ein Eisenacher Zeuge über
Knockout51 im Lina-E.-Prozess aussagte, wurde ihm später von Leon R.s
Bekanntem die Nase gebrochen.
Auch ein zweiter angegriffener Rechtsextremer – der Leipziger Enrico B. –
wurde zwischenzeitlich von der Bundesanwaltschaft festgenommen, auch hier
unter dem Verdacht der Bildung einer kriminellen Vereinigung. Der Leipziger
Cedric S. wiederum hatte sich 2016 an einem Überfall von 250 Rechtsextremen
auf den Leipziger Alternativstadtteil Connewitz beteiligt.
Wiederholt beklagten die Verteidiger im Prozess, dass die
Bundesanwaltschaft diese rechtsextreme Gewalt ausblende. „Der
gesellschaftliche Kontext wird von der Bundesanwaltschaft vollständig
negiert“, schimpfte Lina E.s Verteidiger Ulrich von Klinggräff. Das
antifaschistische Motiv könne man daher ja auch strafmildernd sehen.
Stattdessen habe die Bundesanwaltschaft mit „unfassbarer Einseitigkeit“
ermittelt und nur Belastendes zusammengetragen, so von Klinggräff. „Im
Zweifel gegen die Anklagten.“ Die geforderten Haftstrafen seien „maßlos“.
Das harte Vorgehen gegen Lina E. stehe in Kontrast mit milden Urteilen
gegen Rechtsextreme. Das stimmt in vielen Fällen – allerdings wurde im
gleichen Gerichtssaal auch die rechtsextreme Gruppe „Freital“ als
Terrorgruppe zu Haftstrafen bis zu zehn Jahren verurteilt.
Monatelang rang der Prozess mit Indizien. Über eine DNA-Spur auf einer
Plastiktüte, die in Teilen zu Lina E. passt und sich am Tatort beim
einstigen NPD-Mann Enrico B. fand. Sachverständige waren sich über die
Aussagekraft uneins, die Bundesanwaltschaft hält sie für verwertbar, die
Verteidigung nicht.
Oder über Fotos vom Fußballplatz von Cedric S., die auf einer Kamera von
Lina E. gefunden wurden. Unklar, so die Verteidigung, ob diese wirklich
die 28-Jährige gemacht hatte. Über Videoaufnahmen aus einer Regionalbahn
vor dem Angriff auf die Neonazis in Wurzen, die Lina E. zeigen sollen. Aber
beweisen sie auch eine Ausspähung? Über ein abgehörtes Gespräch, in dem
Johann G. über den Angriff auf den Kanalarbeiter Tobias N. sagt, „das waren
wir“. Auch das halten die Verteidiger für mehrdeutig: Das „Wir“ könne e…
auch „die Connewitzer“ bedeuten.
Zudem konnten zwei Mitangeklagte Alibis präsentieren. Mittels Handydaten
konnte Jannis R. nachweisen, dass er beim ersten Eisenacher Angriff in
Leipzig war. Philipp M. konnte auf gleichem Weg nachweisen, dass er sich
damals in einer Berliner Kneipe befand. Seine Verteidiger warfen der
Bundesanwaltschaft vor, das gewusst und in der Anklage bewusst vorenthalten
zu haben. Diese Alibis gestand die Bundesanwaltschaft ein – sonst aber
blieb sie bei ihrer Anklage, forderte auch für die Mitangeklagten bis zu
knapp vier Jahre Haft.
Oberstaatsanwältin Geilhorn räumte ein, dass es „keine Smoking Gun“ gebe,
keinen eindeutigen Beweis. Zusammengenommen würden alle Indizien aber das
Bild der kriminellen Vereinigung bestätigen und Lina E. und die anderen
überführen. Sie berief sich auch auf einen Kronzeugen: Johannes D.
[5][Der 30-Jährige gehörte zur weiteren Gruppe um Lina E, bis ihn die Szene
im Herbst 2021 als „Vergewaltiger“ öffentlich verstieß und er sein
Schweigen brach.] Im Juli 2022 saß Johannes D. dann im Gerichtssaal,
großgewachsen, im blauen Hemd, streng abgeschirmt von sechs
Personenschützern. Zuvor hatte er elf Tage lang beim sächsischen LKA
ausgesagt – ein Jackpot für die Behörden. Nun belastete er auch vor Gericht
Lina E. und ihren Partner Johann G. Diese hätten die Gruppe
zusammengehalten, Trainings und Leute für Angriffe organisiert. Aus einem
„flexiblen Geflecht“ von Autonomen aus mehreren Städten sei dafür
rekrutiert worden, immer wieder nannte D. Namen. Ziel sei es gewesen, die
Neonazis „psychisch zu brechen“. Er selbst räumte ein, beim zweiten
Angriff in Eisenach dabei gewesen zu sein, als Späher. Nur: Den
eigentlichen Angriff bekam er nicht mit – und auch keine andere der
angeklagten Taten.
Die Verteidiger warfen dem Kronzeugen deshalb reine Spekulationen vor. Eine
Frau im Publikum rief ihm zu: „Du hast uns alle verraten! Du wirst einsam
sterben, Johannes!“ Lina E. und die Mitangeklagten verfolgten D.s Aussagen
kommentarlos, zunächst. Dann wollte ein Mitangeklagter zu einer gemeinsamen
Erklärung ansetzen, wurde aber von Richter Schlüter-Staats unterbrochen –
er dulde keine politischen Erklärungen. Der Text wurde daraufhin im
Internet veröffentlicht. Zu Johannes D. gebe es „viel zu sagen“, heißt es
darin. Man wolle aber lieber „über die gesellschaftliche Realität rechter
Gewalt sprechen, die antifaschistisches Engagement notwendig macht“.
Rechter Terror, AfD-Wahlerfolge, rechtsoffene Coronaproteste,
Neonazi-Übergriffe, „nicht zuletzt in Eisenach“. Dagegen hätten „alle
Formen antifaschistischer Arbeit ihre Berechtigung“.
Zu möglichen Mittätern schweigen die Angeklagten bis heute. Die Angriffe
aber gingen auch nach der Festnahme von Lina E. weiter. Im März 2021
überfielen im sächsischen Eilenburg Vermummte mit Polizeiwesten den Chef
der NPD-Jugend. Zwei Monate später verprügelten ebenfalls als Polizisten
Verkleidete in Erfurt einen Rechtsextremen in seiner Wohnung. Im Januar
diesen Jahres folgte in der Stadt ein weiterer Überfall auf zwei
Rechtsextreme, einer erlitt einen Schädelbruch. Zuletzt wurden im Februar
Rechtsextreme in Budapest mutmaßlich von deutschen Autonomen verprügelt.
Die ungarische Polizei machte unter den Verdächtigen mindestens drei aus
der Gruppe um Lina E. aus: Den Berliner Tobias E., der festgenommen wurde,
und zwei flüchtige Leipziger: Paul M. und Johann G., der Verlobte von Lina
E.
Zuletzt leitete die Bundesanwaltschaft Verfahren gegen fünf weitere
Beschuldigte der Gruppe um Lina E. ein. Bereits im Herbst 2022 hatte die
Staatsanwaltschaft Gera vier Männer wegen des zweiten Angriffs in Eisenach
angeklagt, darunter den Kronzeugen Johannes D. Er ist inzwischen
verurteilt, zu einer milden Bewährungsstrafe.
Die autonome Szene wird nun mit Durchsuchungen, Observationen und
Abhörmaßnahmen überzogen. Man müsse eingestehen, dass „die staatlichen
Angriffe uns krass zu schaffen machen“, erklärte zuletzt die Leipziger
Gruppe „kappa“. Diskutiert werden müsse die „Sinnhaftigkeit mancher
militanter Praxis“.
Vor dem Urteil gegen Lina E. will die Szene aber Stärke demonstrieren. Am
kommenden Mittwoch will sie vor dem Gericht demonstrieren, abends auch in
Dresden. Für Samstag ist eine Großdemonstration in Leipzig geplant. Man
wolle zeigen, „wie wütend wir sein können, wenn unsere Genoss*innen in
den Knast gesteckt werden“, heißt es in einem Aufruf. In einem anderen ist
die Rede von einer Million Euro Sachschaden „für jedes Jahr Knast“. Die
Polizei bereitet sich auf einen Großeinsatz vor.
Dass es am Mittwoch zu Freisprüchen kommt, ist kaum zu erwarten. Dagegen
spricht schon, dass das Gericht auch nach zweieinhalb Jahren den Haftbefehl
gegen Lina E. aufrecht erhält. Selbst die Verteidigung räumte für den
Angriff auf Leon R. in Eisenach, nach dem Lina E. gefasst wurde, eine
Körperverletzung ein – wenn auch nur eine versuchte, da die Leipzigerin den
Angriff abgebrochen habe.
Die Bundesanwaltschaft hält Lina E. weiter für gefährlich. Sie habe ein
„beachtliches Maß an Abgebrühtheit“ bewiesen, sich nicht von ihrer
Ideologie distanziert, werde in der Szene gefeiert und könnte ihrem
abgetauchten Partner Johann G. in den Untergrund folgen, warnte
Oberstaatsanwältin Geilhorn. Die Verteidigung wies das als „absurd“ zurüc…
Lina E. selbst hatte bei ihrer Aussage im Oktober erklärt, sie wolle nach
der Haft einfach nur ihr Studium abschließen und dann im sozialen Bereich
arbeiten – oder ihre in der JVA begonnene Tischlerinausbildung fortsetzen.
28 May 2023
## LINKS
[1] /Prozess-gegen-Linksextreme/!5923100
[2] https://www.faz.net/aktuell/politik/inland/festnahme-25-jahre-alte-studenti…
[3] /Die-Geschichte-der-mg/!5154191
[4] /Anklage-gegen-Neonazis/!5931893
[5] /Autonome-Gruppe-um-Lina-E/!5918374
## AUTOREN
Konrad Litschko
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