| # taz.de -- Prozess gegen Linksextreme: Anklage will Härte für Lina E. | |
| > Im Prozess gegen Lina E. fordert die Bundesanwaltschaft acht Jahre Haft. | |
| > Auch für die Mitangeklagten wollen die Ankläger Gefängnisstrafen. | |
| Bild: Polizei und Protestierende zum Prozessauftakt vor dem Oberlandesgericht i… | |
| Leipzig taz | Am Ende werden die beiden Vertreter der Bundesanwaltschaft | |
| noch einmal deutlich. Mit „einem außergewöhnlichen Maß an krimineller | |
| Energie“ sie die Gruppe um Lina E. vorgegangen. Sie habe ihre Opfer mit | |
| „potentiell lebensgefährlicher Gewalt“ attackiert. Und Lina E. sei bei all | |
| dem „treibende und steuernde Kraft der Gruppe“ gewesen. Die Forderung der | |
| Bundesanwaltschaft: acht Jahre Haft für Lina E. und Haftstrafe bis zu knapp | |
| vier Jahren für die drei Mitangeklagten. | |
| Seit anderthalb Jahren wird gegen die 28-jährige Leipzigerin und drei | |
| Mitangeklagte – Jannis R. und Lennart A. aus Leipzig, Philipp M. aus Berlin | |
| – vor dem Oberlandesgericht Dresden verhandelt. Dem Quartett wird die | |
| Bildung einer kriminellen Vereinigung vorgeworfen, die von Oktober 2018 bis | |
| Februar 2020 sechs schwere Angriffe auf Rechtsextreme in Leipzig, Eisenach | |
| und Wurzen verübt habe – mit Lina E. als Rädelsführerin. | |
| Bereits vor einer Woche begann die Bundesanwaltschaft [1][mit ihrem | |
| Plädoyer] – und sah alle Anklagepunkte bestätigt. Am Mittwoch stellte auch | |
| ihre Strafforderung. Und die Vertreter der Bundesanwaltschaft betonen noch | |
| einmal, für wie gefährlich sie die Gruppe um Lina E. halten. | |
| Anders als von der Verteidigung behauptet, sei diese gut organisiert | |
| gewesen – was eine Verurteilung als kriminelle Vereinigung völlig | |
| rechtfertige. Lina E. und ihr bis heute untergetauchter Partner Johann G. | |
| hätten die Gruppe zusammengehalten, sie nach außen abgeschottet. Vor den | |
| Angriffen habe es Trainings gegeben, Schlagwerkzeuge und Handys seien | |
| besorgt worden, Zielpersonen ausgesucht und ausgespäht. Bei den Angriffen | |
| habe es klare Rollenverteilungen gegeben. Von einem „vertrauten, | |
| schlagfertigen Verband politisch Gleichgesinnter“, spricht | |
| Oberstaatsanwältin Alexandra Geilhorn. | |
| ## Klare Beweise fehlen | |
| Sie schildert auch nochmal die teils schweren Verletzungen der insgesamt 15 | |
| Angegriffenen, von denen etliche zumindest ambulant ins Krankenhaus | |
| mussten. Vor allem einen Leipziger Kanalarbeiter – der angegriffen wurde, | |
| weil er eine rechtsextreme Mütze trug – habe es schwer getroffen. Dieser | |
| erlitt Knochenbrüche im Gesicht, eine Metallplatte musste eingesetzt werde, | |
| täglich nehme er nun Schmerzmittel und musste seine Arbeit aufgeben, | |
| erinnert Geilhorn. All das „nur weil er die falsche Mütze aufhatte“. | |
| Laut Bundesanwaltschaft war Lina E. dabei an allen sechs Angriffen | |
| beteiligt, mal als Ausspäherin, mal als Überblicksperson. Auch Lennart A. | |
| habe sich an einem Überfall beteiligt, auf die Kneipe der Neonazigröße Leon | |
| R. in Eisenach. Philipp M. habe dafür ein Auto gestellt. Bei einem weiteren | |
| Angriff, auf eine Gruppe von Neonazis in Wurzen, seien neben Lina E. | |
| wiederum Philipp M. und Jannis R. dabei gewesen. | |
| Mit Ausnahme des Angriffs in Eisenach, nach dem Lina E. und Lennart A. in | |
| einem Fluchtauto festgenommen wurden, fehlen für die Tatbeteiligungen aber | |
| bis heute direkte Beweise. Monatelang war im Prozess um Indizien gerungen | |
| worden. Die Bundesanwaltschaft hat dennoch keine Zweifel: Zwar lasse sich | |
| über einzelne Indizien streiten. [2][In der Gesamtschau aber bewiesen | |
| diese], dass hier die Richtigen auf der Anklagebank säßen. | |
| Zudem verweisen die Ankläger auf einen Kronzeugen: [3][den früheren | |
| Weggefährten Johannes D.], der ebenfalls Lina E. und ihren Partner als | |
| treibende Kräfte beschuldigt hatte. Die Angeklagten selbst schweigen zu den | |
| Vorwürfen bis heute. | |
| ## Verteidiger: Forderung sei „völlig maßlos“ | |
| Für die geforderte Strafhöhe rechnet die Bundesanwaltschaft Lina E. zugute, | |
| dass sie bisher nicht vorbestraft war und durch die Haft und intensive | |
| Medienberichterstattung besonders belastet sei. Gegen sie aber spreche ihre | |
| Führungsrolle und das brutale, über zwei Jahre währende Vorgehen der | |
| Gruppe. Geilhorn attestiert ihr ein „beachtliches Maß an Abgebrühtheit“. | |
| Selbst als sie beim Diebstahl zweier Hämmer erwischt wurde, habe sie sich | |
| am Folgetag an einem Überfall beteiligt. | |
| Als die Bundesanwaltschaft schließlich die acht Jahre Haft fordert, wirkt | |
| Lina E., die am Morgen noch gelassen auftrat, kurz konsterniert. Auch im | |
| Publikum, das sich zuvor immer wieder über das Plädoyer echauffierte, | |
| herrscht kurz bedrückte Stille. Geilhorn warnt derweil vor einer | |
| vorzeitigen Freilassung von Lina E.: Nicht nur wegen ihres abgetauchten | |
| Partners, sondern auch wegen ihres Umfelds, das sie bis heute unterstütze | |
| und die Taten verharmlose, sei eine Flucht wahrscheinlich. | |
| Auch für die drei Mitangeklagten, die auf freiem Fuß sind, verlangt die | |
| Bundesanwaltschaft Haftstrafen. Zwar seien auch Jannis R. und Lennart A. | |
| nicht vorbestraft und R. nur kurz in der Gruppe gewesen. Aber gegen sie | |
| sprächen die schweren Straftaten der Gruppe. Lennart A. soll deshalb für 3 | |
| Jahre und 3 Monate in Haft, Jannis R. für zwei Jahre und neun Monate. | |
| Noch härter fällt die Forderung gegen den Berliner Philipp M. aus. Dieser | |
| war bereits zuvor wegen linker Straftaten zu einer Haftstrafe verurteilt | |
| worden. Dennoch habe er sich danach an der Gruppe um Lina E. beteiligt, | |
| bemerkt Geilhorn. Dies unterstreiche seine „gewaltaffine, rechtsfeindliche | |
| Geisteshaltung“. Die Forderung: drei Jahre und neun Monate Haft. | |
| Die Verteidigung zeigt sich entsetzt. Als „völlig maßlos“ bezeichnet Ulri… | |
| von Klinggräff, der Anwalt von Lina E., die Strafforderungen. „Das sind | |
| politische Anträge, die komplett aus dem Rahmen fallen.“ Die meisten Taten | |
| ließen sich bis heute nicht den Angeklagten nachweisen. Die | |
| Bundesanwaltschaft aber wolle eine Verurteilung um jeden Preis. | |
| Die Anwälte dreier angegriffener Rechtsextremer, die als Nebenkläger am | |
| Prozess teilnehmen, stellen sich am Mittwoch dagegen hinter die | |
| Bundesanwaltschaft. Nur durch Zufall sei es nicht zu Toten gekommen, | |
| betonen sie. Arndt Hohenstädter, Anwalt des attackierten früheren NPD-Manns | |
| Enrico B., zieht einen Vergleich zur Gruppe Freital, die 2015 Geflüchtete | |
| angriff und als terroristische Vereinigung verurteilt wurde. Das, so | |
| Hohenstädter, hätte man auch im Fall Lina E. erwägen können. | |
| Nach einer Osterpause soll nun die Verteidigung plädieren. Ein Urteil wird | |
| Mitte Mai erwartet. | |
| 5 Apr 2023 | |
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| ## AUTOREN | |
| Konrad Litschko | |
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