# taz.de -- Nach Chemnitz und Köthen: „Die Strukturen offenlegen“ | |
> Nach Chemnitz und Köthen reagieren die Innenminister. Sie wollen prüfen, | |
> ob sich ein überregionales Netzwerk von Rechtsextremen gebildet hat. | |
Bild: Will in Sachen Rechtsaußen nicht wieder „im Blindflug“ landen: Holge… | |
BERLIN taz | Es dauerte nur wenige Stunden, da hatten sich Ende August in | |
Chemnitz [1][hunderte Rechte versammelt]. Zuvor war ein 35-Jähriger | |
gewaltsam zu Tode gekommen, [2][mutmaßlich durch zwei Flüchtlinge]. Auch in | |
den Folgetagen demonstrierten Rechtsextreme aus der ganzen Republik [3][in | |
der sächsischen Stadt]. Wenig später ähnliche Szenen in Köthen | |
(Sachsen-Anhalt): Auch hier [4][stirbt ein Mann], auch hier versammeln sich | |
[5][innerhalb kürzester Zeit Neonazis]. In beiden Fällen war die Polizei | |
überrumpelt, vor allem in Chemnitz folgten chaotische Szenen, auch | |
gewalttätige Übergriffe. | |
Szenen, die sich nicht wiederholen sollen. So jedenfalls wollen es die | |
Innenminister von Bund und Ländern, die sich ab Mittwoch in Magdeburg | |
versammeln, zu ihrer halbjährlichen Konferenz. „Wir müssen prüfen, ob sich | |
ein Netzwerk fremdenfeindlicher Rechtsextremisten gebildet hat, das | |
überregional agiert“, sagt Holger Stahlknecht (CDU), Innenminister von | |
Sachsen-Anhalt und Gastgeber der Konferenz, der taz. | |
„Die Mobilisierung in Köthen und Chemnitz war rasant. Und immer wieder sind | |
es die gleichen Szeneakteure, die auftauchen“, so Stahlknecht. „Das müssen | |
sich die Verfassungsschutzämter genauer angucken und mögliche Strukturen | |
offenlegen.“ Ein entsprechender Beschluss soll auf der | |
Innenministerkonferenz gefasst werden. „Gerade die Erfahrung, dass wir bei | |
der bundesweiten [6][NSU-Terrorserie] jahrelang im Blindflug waren, darf | |
sich nicht wiederholen“, betont Stahlknecht. | |
Auch Sachsen unterstützt das Vorhaben. Nicht zuletzt die [7][Ereignisse in | |
Chemnitz] hätten gezeigt, dass gewaltbereite Extremisten heute „gut | |
vernetzt und in der Lage sind, schnell und überregional für Versammlungen | |
zu mobilisieren“, sagt Innenminister Roland Wöller (CDU) der taz. Die | |
Sicherheitsbehörden müssten hier zu besseren Prognosen kommen und mehr | |
länderübergreifend kooperieren. „Wir benötigen frühzeitig umfassende | |
Informationen über geplante Aktionen der Extremisten, um rechtzeitig | |
entsprechende Sicherheitsmaßnahmen einzuleiten“, so Wöller. Deshalb werde | |
man auf der Innenministerkonferenz über ein neues Beobachtungsobjekt – ein | |
bundesweites Netzwerk „muslim- und fremdenfeindlicher Rechtsextremisten“ – | |
diskutieren. | |
## Gemeinsam den Rechtsextremismus bekämpfen | |
Schon Anfang November hatten sich Stahlknecht, Wöller und der Thüringische | |
Innenminister Georg Maier (SPD) getroffen und ein verstärktes Vorgehen | |
gegen Rechtsextremisten vereinbart. Auch hier waren Anlass die Vorkommnisse | |
in Chemnitz und Köthen. Die Ereignisse hätten verdeutlicht, dass man nur | |
gemeinsam den Rechtsextremismus bekämpfen könne, erklärten die Minister | |
damals. | |
Für die Innenministerkonferenz hat zudem Bremens Innenminister Ulrich | |
Mäurer (SPD) angekündigt, auch über die aktuelle Rolle der „Neuen Rechten�… | |
sprechen zu wollen – deren Vertreter ebenfalls in Chemnitz und Köthen | |
auftauchten. Die Bewegung sei „zunehmend gefährlich“ und untergrabe | |
systematisch die Demokratie, so Mäurer. [8][Auch die AfD mische hier mit]. | |
„Wir haben heute tatsächliche Anhaltspunkte dafür, dass die AfD zumindest | |
in Teilen rechtsextremistisch ist.“ Das Bundesamt für Verfassungsschutz | |
müsse diesen Bereich „noch aktiver“ ins Visier nehmen und „zügig“ | |
Ergebnisse liefern, fordert Mäurer. | |
Derzeit wertet der Bundesverfassungsschutz Material aus den Landesämtern | |
über die AfD aus. Geprüft wird, ob die rechtspopulistische Partei | |
[9][künftig unter Beobachtung des Geheimdienstes genommen werden muss]. | |
Eine Entscheidung soll zum Jahreswechsel fallen. | |
27 Nov 2018 | |
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## AUTOREN | |
Konrad Litschko | |
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