# taz.de -- Zentrum für Politische Schönheit: Heftiger Streit um Online-Prang… | |
> Die Aktionskünstlergruppe „fahndet“ seit Montag nach Rechtsextremisten in | |
> Chemnitz. Dabei erfährt sie viel Kritik, aber auch Zuspruch. | |
Bild: Chemnitz im August 2018 | |
BERLIN/CHEMNITZ epd | Die umstrittene Fahndung nach mutmaßlich Beteiligten | |
an den rechten Ausschreitungen Ende August in Chemnitz hat laut der | |
Künstler- und Aktivistengruppe „Zentrum für politische Schönheit“ (ZPS) | |
bereits Tausende Hinweise erbracht. Die Aktivistengruppe hatte am Montag | |
unter [1][www.soko-chemnitz.de] eine Internetseite freigeschaltet, auf der | |
Fotos von mutmaßlichen Teilnehmern der rechten Demonstrationen sowie der | |
Ausschreitungen in Chemnitz zu sehen sind. Auch deren Arbeitgeber sollen | |
ausfindig gemacht werden. Dazu wurden nach eigenen Angaben drei Millionen | |
Bilder von 7.000 Verdächtigen ausgewertet. | |
Die Fahndung laufe, es seien über 3.000 Hinweise aus der Bevölkerung | |
eingegangen, teilte die Künstlergruppe am Dienstag auf der Internetseite | |
mit. Auf der Website wurden erste Namen von mutmaßlichen rechten | |
Gewalttätern genannt. Unterdessen liefern sich Befürworter und Gegner der | |
Aktion in den sozialen Netzwerken einen heftigen Schlagabtausch. Kritiker | |
sprechen von einem Online-Pranger. | |
Der Geschäftsführer des Deutschen Kulturrates, Olaf Zimmermann, sprach am | |
Dienstag von einer problematische Kunstaktion, die nicht zur Aufklärung | |
beitrage, sondern nur der Spaltung der Gesellschaft weiter Vorschub leiste. | |
„Es spielt keine Rolle, ob der Pranger real oder Fake ist und schon gar | |
nicht rechtfertigt das Ziel dieses Mittel“, erklärte Zimmermann und warnte: | |
„Wie wird unsere Gesellschaft in fünf Jahren aussehen, wenn solche | |
Pranger-Aktionen im Netz weiter Schule machen? Kunst ist frei, hat aber | |
Verantwortung.“ | |
Ein Recycling-Unternehmen, dessen Mitarbeiter an den rechten | |
Ausschreitungen beteiligt gewesen sein soll, sprach am Dienstag in einem | |
offenen Brief von einer Herausforderung „sicher auch viele andere | |
Arbeitgeber in der Region“. „Dafür sind wir dankbar. Denn Sie veranlassen | |
uns, öffentlich Haltung zu zeigen, öffentlich die Frage zu beantworten: Wie | |
gehen wir mit Kollegen um, die sich als Fremdenfeinde verstehen und eine | |
von Hass gegen Andersartige und Andersdenkende durchsetzte Gesinnung | |
kultivieren“. Zugleich erklärte der aus Israel stammende Firmenchef der | |
Cabka Group GmbH, Gat Ramon, er erwarte, diese Art der Hetze und | |
Denunziation zu unterlassen. „Eine öffentliche Denunziation ist für mich | |
persönlich und auch für unser Unternehmen nicht die geeignete Antwort.“ | |
## Rechtliche Schritte gegen ZPS | |
Sachsens Landesregierung ging mit einer Abmahnung juristisch gegen die | |
Künstlergruppe vor, weil sie das offizielle Logo „So geht sächsisch“ | |
verwendet hatte. Am Montagnachmittag entfernte die Polizei in Chemnitz | |
Fahndungsfotos aus dem Schaufenster eines eigens von den Politkünstlern | |
angemieteten Ladengeschäftes. Auch das Jüdische Forum für Demokratie und | |
gegen Antisemitismus (JFDA) kündigte rechtliche Schritte gegen die | |
Künstlergruppe an, weil sie unerlaubter Weise Film- und Fotomaterial des | |
Forums verwendet habe. | |
Vor rund einem Jahr hatte das „Zentrum für politische Schönheit“ mit dem | |
Nachbau des Holocaust-Mahnmals in Thüringen bundesweit Schlagzeilen | |
gemacht. Damit sollte gegen eine Rede von Thüringens AfD-Chef Björn Höcke | |
vom Januar 2017 in Dresden protestiert werden. Darin hatte der Politiker | |
mit Bezug auf das Berliner Mahnmal von einem „Denkmal der Schande“ | |
gesprochen. | |
4 Dec 2018 | |
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[1] http://www.soko-chemnitz.de | |
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