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# taz.de -- Zentrum für politische Schönheit: In einem Topf mit Gefährdern
> Die Behörden in Thüringen ermitteln gegen das Künstlerkollektiv. Der
> Vorwurf: Bildung einer kriminellen Vereinigung.
Bild: Gedenken vor Höckes Haus: Zwei Mitglieder des Künstlerkollektivs mit ih…
BERLIN taz | Wie weit darf Kunst gehen? Die AktionskünstlerInnen vom
[1][Zentrum für Politische Schönheit] (ZPS) testen diese Grenzen in ihren
provokanten Aktionen gerne aus. Doch für die Sicherheitsbehörden in
Thüringen scheint das Maß an Kunstfreiheit längst überschritten. Wie erst
jetzt bekannt wurde, ermittelt die Staatsanwaltschaft Gera bereits seit 16
Monaten gegen das Künstlerkollektiv. Der Vorwurf: Bildung einer kriminellen
Vereinigung.
Der Schritt ist schon deshalb heikel, da der Tatbestand den
Strafverfolgungsbehörden weitreichende Befugnisse gibt. Dazu zählen etwa
die Telefonüberwachung und der Einsatz von V-Leuten. Der Paragraf wird
angewandt, wenn sich mehrere Personen zusammenschließen, um Straftaten zu
begehen. Aktionskünstler in einen Topf geworfen mit islamistischen
Gefährdern und Rechtsextremen? So jedenfalls liest sich die Antwort des
thüringischen Justizministeriums auf eine Kleine Anfrage des linken
Landtagsabgeordneten Steffen Dittes. Unter den Ermittlungsverfahren wegen
Bildung krimineller Vereinigungen nach Strafrechtsparagraf 129 findet sich
eine „Gruppe von Aktionskünstlern“ – das ZPS, wie die Staatsanwaltschaft
dem Kollektiv bestätigte.
Das Kollektiv, 2008 gegründet, provoziert häufig mit aufsehenerregenden
Aktionen, die als „radikale Kunst“ bezeichnet werden. Besondere
Aufmerksamkeit erregte eine Aktion im November 2017. Damals hatten die
AktivistInnen [2][das Berliner Holocaust-Mahnmal nachgebaut] und vor dem
Privathaus des Thüringer AfD-Landeschefs und Rechtsaußen Björn Höcke
aufgestellt. Verschiedene Versuche, das ZPS dafür juristisch zu belangen,
scheiterten.
## „Erheblicher Eingriff“ in Kunstfreiheit
Die Vermutung liegt nahe, dass die nun bekannt gewordenen Ermittlungen im
Zusammenhang mit der damaligen Aktion vor dem Höcke-Anwesen stehen. Denn:
Eingeleitet hat die Staatsanwaltschaft Gera das Verfahren am 29. November
2017 – wenige Tage, nachdem die AktivistInnen gegen Höckes „Denkmal der
Schande“-Rede protestierten.
Das ZPS reagierte fassungslos auf die Ermittlungen. „Wenn radikale Kunst
kriminalisiert wird, handelt der Staat kriminell“, schreibt das Kollektiv
auf seiner Seite. Die AktivistInnen sehen darin nicht nur einen Eingriff in
die Kunstfreiheit, sondern auch politische Motive: „Wir sollen
ausgeleuchtet, kriminalisiert und stigmatisiert werden.“ Der Vorwurf der
politischen Instrumentalisierung steht im Raum. Schon 2017 hatten nicht nur
Höcke und die AfD strafrechtliche Schritte gefordert; auch Thüringens
Parlamentspräsident Christian Carius (CDU) hatte sich entsprechend
geäußert.
Kritik an dem Schritt der Behörden kommt von anderen Kunstschaffenden. Das
Berliner Maxim Gorki Theater, das seit Jahren die Aktionen des ZPS
unterstützt, nennt den Vorgang „skandalös“. Auch Politiker äußern ihr
Unverständnis. Niema Movassat, Obmann der Linken im Rechtsausschuss,
spricht von einem „erheblichen Eingriff“ in die grundgesetzlich garantierte
Kunst- und Meinungsfreiheit.
3 Apr 2019
## LINKS
[1] /Zentrum-fuer-politische-Schoenheit/!5578826
[2] /Holocaust-Mahnmal-vor-Hoeckes-Haustuer/!5466211
## AUTOREN
Daniel Godeck
## TAGS
Kunst
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Autoritarismus
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