| # taz.de -- Offener Brief aus der Kulturszene: „Sollen wir eingeschüchtert w… | |
| > Nach den Ermittlungen gegen das ZPS wenden sich Kulturschaffende an die | |
| > Öffentlichkeit. Sie befürchten eine Kriminalisierung kritischer Kunst. | |
| Bild: Hat berechtigte Fragen: „Politische Schönheit“-Frontmann Philipp Ruch | |
| Berlin taz | Ist es eine thüringische Posse – oder bildet das inzwischen | |
| eingestellte [1][Ermittlungsverfahren gegen das Zentrum für Politische | |
| Schönheit] eine kulturpolitische Wegmarke? Im Streit über das | |
| Strafverfahren gegen die Künstlergruppe melden sich nun Dutzende | |
| Künstlerinnen, Schriftsteller und Kulturschaffende in einem offenen Brief | |
| zu Wort – sie warnen vor der Kriminalisierung kritischer Kunst. | |
| Unter den Unterzeichnern des Briefes, der der taz vorliegt, sind namhafte | |
| Sänger wie Herbert Grönemeyer und Bela B., Künstler wie Chris Dercon, | |
| Daniel Richter, Oliver Polak und Milo Rau, Publizisten wie Jan Böhmermann | |
| und Olli Schulz, Sybille Berg und Sophie Passmann, Journalisten und | |
| Schriftsteller wie Deniz Yücel, Jakob Augstein und Robert Menasse, | |
| Wissenschaftler wie Herfried Münkler und Naika Foroutan und Politiker wie | |
| Linke-Abgeordnete Martina Renner und der SPD-Rechtsaußen Johannes Kahrs. | |
| Initiiert wurde der Brief von der Intendantin des Berliner Maxim Gorki | |
| Theaters, [2][Shermin Langhoff], die seit Jahren eng mit dem Zentrum für | |
| Politische Schönheit kooperiert. | |
| Die Künstlergruppe um den Frontmann Philipp Ruch hat in der Vergangenheit | |
| immer wieder mit [3][provokanten Kunstaktionen] an der Grenze des rechtlich | |
| zulässigen operiert und damit wiederholt bundesweite Debatten ausgelöst. | |
| Zuletzt war die Gruppe in die Schlagzeile geraten, weil ein Staatsanwalt in | |
| Gera über 16 Monate lang gegen die Gruppe auf Grundlage des Paragrafen 129 | |
| des Strafgesetzbuches unter dem Verdacht der Bildung einer kriminellen | |
| Vereinigung ermittelt hatte. | |
| Ermittlungen unter diesem Strafvorwurf ermöglichen weitreichende | |
| Überwachungsmaßnahmen und zielen eigentlich auf die Verfolgung | |
| terroristischer Gruppierungen und organisierter Kriminalität. Erst durch | |
| eine parlamentarische Anfrage der Linken im Thüringer Landtag waren die | |
| Ermittlungen im März bekannt geworden. Die Linke stellt in Thüringen auch | |
| den Ministerpräsidenten. Durch einen Bericht der Zeit war in der Folge | |
| schließlich publik geworden, dass der ermittelnde Staatsanwalt in der | |
| Vergangenheit eine kleine Geldsumme an die AfD gespendet haben soll. | |
| ## Kritische Kunst jetzt „gemeinwohlgefährdend“? | |
| Der Fall sorgte für bundesweite Empörung. Der grüne Justizminister in | |
| Thüringen, Dieter Lauinger, hatte zunächst nichts Kritisches an dem | |
| Vorgehen gefunden. Erst auf massiven öffentlichen Druck hin wurde das | |
| Verfahren vor wenigen Tagen eingestellt und der Staatsanwalt mit anderen | |
| Aufgaben betraut – auf eigenen Wunsch hin, wie es hieß. | |
| Die Thüringer Landesregierung war zurückhaltend mit dem Fall umgegangen, | |
| weil sie vermeiden wollte, den Eindruck einer politischen Justiz zu | |
| erwecken. Genau damit politisiert inzwischen der AfD-Politiker Björn Höcke, | |
| [4][vor dessen Haus die Auseinandersetzung mit dem Zentrum für Politische | |
| Schönheit begonnen hatte] – als die Künstlergruppe dort Ende 2017 das | |
| Berliner Holocaustmahnmal im Kleinformat nachbildete und damit drohte, den | |
| AfD-Politiker zu überwachen. | |
| In ihrem offenen Brief reden die ErstunterzeichnerInnen nun von eine | |
| „bedrohlichen Angriff auf die Meinungs- und Kunstfreiheit“. Die | |
| Staatsgewalt greife massiv in die Grundrechte von Künstlerinnen und | |
| Künstlern ein. Weiter heißt es in dem Brief: „Wir wenden und wehren uns in | |
| aller Form gegen eine […] gesinnungsgeleitete Instrumentalisierung des | |
| Strafrechts.“ | |
| Die Kulturschaffenden kritisieren, dass es neben bereits laufenden | |
| zivilrechtlichen Verfahren zahlreiche Möglichkeiten gegeben hätte, die | |
| Rechtmäßigkeit der Kunstaktion zu prüfen. „Stattdessen wurde | |
| ermittlungstechnisch das schärfste Mittel gewählt, das der | |
| Kriminalitätsbekämpfung zur Verfügung steht. […] Das allein ist ein | |
| unerträglicher und unzulässiger Vorgang der Kriminalisierung von Kunst.“ | |
| In dem Brief fragen die Unterzeichner auch: „Was ist die Botschaft, die an | |
| die Gesellschaft und an Künstler*innen gesendet wird? Sollen wir | |
| eingeschüchtert werden? […] Soll ein Exempel statuiert werden, das | |
| kritische Kunst als gemeinwohlgefährdend denunziert?“ Weiter kritisieren | |
| sie, dass der zuständige Justizminister offenbar noch immer von der | |
| Rechtmäßigkeit des Verfahrens ausgehe und fordern von ihm „eine offizielle | |
| Entschuldigung der politischen Verantwortlichen“. | |
| 11 Apr 2019 | |
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| ## AUTOREN | |
| Martin Kaul | |
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