| # taz.de -- Künstliche Intelligenz in der Medizin: Hatschi? KI! | |
| > Künstliche Intelligenz hält zunehmend Einzug in die Medizin. Das ist kein | |
| > Problem. Richtig eingesetzt kann sie Patient:innen wie Ärzt:innen | |
| > helfen. | |
| Bild: Mit KI können wir tief in unsere Körper blicken – Ärzt:innen brauc… | |
| Jetzt also auch hier: Eine Anwendung mit [1][künstlicher Intelligenz (KI)] | |
| schneidet bei der Überprüfung der Herzfunktion besser ab als der Mensch. | |
| Konkret geht es bei der in der Fachzeitschrift Nature veröffentlichten | |
| Studie um die Bestimmung der linksventrikulären Ejektionsfraktion. | |
| Die ist ein Indikator dafür, wie gut das Herz Blut in den Körper pumpt. Für | |
| die Studie bekamen KI und menschliche Fachkräfte die Bilder einer | |
| Ultraschalluntersuchung vorgelegt und sollten auf der Basis den | |
| entsprechenden Wert bestimmen. Die Kardiolog:innen, die die Ergebnisse von | |
| Mensch und Maschine überprüften, mussten bei Ersteren deutlich öfter | |
| korrigieren. | |
| Es ist nicht das erste Mal, dass eine KI bei der Analyse eines bildgebenden | |
| Verfahrens besser abschneidet als der Mensch. Und auch sonst hält KI | |
| langsam Einzug in medizinische Fragen. Bei Ärzt:innen sorgt das nicht nur | |
| für Begeisterung. Schon jetzt ist in der Branche [2][Dr. Google] eher | |
| unbeliebt – dass also Menschen im Kontext eines Leidens gerne mal eine | |
| Suchmaschine befragen in der Hoffnung auf eine schnelle Diagnose. | |
| ## Auf der Suche nach der Mitte | |
| Dr. KI wird das Ärzt:innen-Patient:innen-Verhältnis nicht einfacher machen. | |
| Wenn also der Patient in der HNO-Praxis sitzt und erklärt, dass seine | |
| starken Ohrenschmerzen ganz sicher auf eine Mittelohrentzündung | |
| zurückgehen, [3][weil ChatGPT das als erste Option genannt hat]. Oder wenn | |
| die Hausärztin erklärt bekommt, dass die Smartwatch ein erhöhtes Risiko für | |
| Herzrhythmusstörungen ermittelt hat und sie dem bitte nachgehen möge. | |
| Die Medizin steht daher der gleichen Herausforderung gegenüber wie alle | |
| anderen Bereiche der Gesellschaft: Wie umgehen mit den immer vielfältiger | |
| und besser werdenden Anwendungen mit künstlicher Intelligenz? Blockieren, | |
| akzeptieren oder umarmen? Und wenn es, wie absehbar, die Mitte wird, dann | |
| bleibt die Frage: Wie sieht diese Mitte aus? | |
| Es ist dafür wichtig zu akzeptieren, dass Computer im Allgemeinen und KI im | |
| Speziellen manches besser können als der Mensch. Das Rechnen gehört | |
| beispielsweise dazu, die Auswertung großer Datenmengen, das Erkennen von | |
| Mustern. Kein Wunder, dass KI gerade bei der Analyse von bildgebenden | |
| Verfahren wie MRT- und Röntgenbildern punkten kann. Zum Beispiel bei der | |
| Erkennung von minimalen Hirnveränderungen, die auf Multiple Sklerose | |
| schließen lassen, von Knochenbrüchen, Lungenmetastasen und Meniskusrissen. | |
| ## Menschen lassen bei der Weitersuche nach | |
| Den Stärken der KI stehen dabei ganz menschliche Schwächen gegenüber: zum | |
| Beispiel, dass Menschen dazu tendieren, wenn sie bei einer Suche | |
| erfolgreich waren – sei es nach einem Rechtschreibfehler oder einem | |
| auffälligen Muster im MRT –, beim Weitersuchen nachzulassen in ihrer | |
| Aufmerksamkeit. Oder dass es für einen Menschen unverhältnismäßig lange | |
| dauern würde, die mehreren hundert Bilder eines Lungenscreenings | |
| auszuwerten. | |
| Aber KI kann im medizinischen Bereich noch etwas anderes und damit werden | |
| sich vor allem die niedergelassenen Ärzt:innen auseinandersetzen müssen: | |
| Sie wird im Alltag von Patient:innen zunehmend eine Rolle spielen. Etwa | |
| bei der KI-basierten App, die Menschen mit Diabetes dabei helfen soll, | |
| ihren Blutzuckerspiegel im Griff zu behalten. | |
| Oder bei der Auswertung von EKG-Daten aus der Smartwatch. Diese Anwendungen | |
| wirken einerseits selbstermächtigend für die Menschen, weil sie es | |
| ermöglichen, ein größeres Bewusstsein für und einen aktiveren Umgang mit | |
| der eigenen Krankheit – oder Gesundheit – zu entwickeln. Andererseits sind | |
| die Entscheidungen der KI für die Nutzer:innen eben nicht | |
| nachzuvollziehen – in der Arztpraxis lässt sich zumindest noch mal | |
| nachfragen. | |
| ## Technologie als Werkzeug betrachten | |
| Ein sinnvoller Ansatz wäre es daher, die Technologie als Werkzeug zu | |
| betrachten. Genau wie kaum jemand einen Nagel mit der Hand in die Wand | |
| schlagen will, einen digitalen Brief wegschickt, ohne ein | |
| Rechtschreibprogramm drüberlaufen zu lassen, ein Foto für einen Kalender | |
| auswählt, ohne die roten Blitzaugen mal schnell per | |
| Bildbearbeitungsprogramm zu entfernen. | |
| Die Voraussetzung: KI ernst nehmen und sich ihrer Stärken bewusst sein – | |
| und ihrer Schwächen. Das gilt nicht nur für Patient:innen, sondern auch für | |
| die Mediziner:innen. | |
| 2 May 2023 | |
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| ## AUTOREN | |
| Svenja Bergt | |
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