# taz.de -- Kolumne Minority Report: Gender-Dschihad geht weiter | |
> Gendergerechte Sprache ist bekanntermaßen längst eine Norm, die kaum | |
> jemand mehr zu hinterfragen wagt. Was also tun? Ab in den Widerstand! | |
Bild: Längst ist das hier allgemeine Norm – die zu hinterfragen ist ein muti… | |
Endlich ist der Weltfrauentag vorbei – und all die Girl-Power-Rabatte bei | |
Parfümerien sind abgelaufen. Seit die Feiertagsfeminist*innen mit ihren | |
hässlichen Antiprostitutionsplakaten die Straße geräumt und wir uns schnell | |
noch zwei Mascara zum Preis von einem besorgt haben, können wir uns guten | |
Gewissens wieder unserer zentralen Arbeit widmen: die deutsche Sprache | |
zerstören. | |
Sie wissen schon: [1][Gender-Unfug, Gender-Gaga oder neudeutsch auch | |
Gender-Dschihad]. In diesen Zeiten müssen wir besonders auf unsere Werte | |
achtgeben, auch wenn gendergerechte Sprache längst eine Norm ist, die kaum | |
jemand mehr zu hinterfragen wagt. Kürzlich erst wurde das Gendersternchen | |
zum Anglizismus des Jahres gekürt, was den letzten Schritt der | |
Machtübernahme unseres Sternchen- und Unterstrichregimes markierte. | |
Doch schon regt sich der Protest von Rebell*innen, die sich mit dem längst | |
vergessen geglaubten Revolutionär namens „generisches Maskulinum“ | |
solidarisieren, der heute nur noch als Randphänomen existiert, etwa in | |
sämtlichen Stadtverwaltungen, Ministerien, Massenmedien, Schulbüchern und | |
im Nischenblatt „Grundgesetz“. | |
Eine Gruppe von namhaften Widerstandskämpfer_innen hat sich gemeinsam mit | |
der Untergrundorganisation „Verein der Deutschen Sprache“ [2][gegen die | |
Herrschaft der gendergerechten Sprache ausgesprochen]. Mit gefährlichen | |
Kampfansagen wie: „Keinen stört es, dass alles Weibliche sich seit 1000 | |
Jahren von dem Wort ‚das Weib‘ ableitet“, wollen die Widerständigen eine | |
Welt kreieren, in der wir auf binär getrennte Toiletten gehen und Menschen | |
pathologisieren, die sich weder als „Frau“ noch als „Mann“ identifizier… | |
Dazu haben sie auch noch zum radikalsten aller Mittel greifen müssen: einer | |
Unterschriftenaktion! | |
## Her mit der totalen Sprachkontrolle – endlich! | |
Es gibt also Grund, besorgt zu sein und neue Verbindlichkeiten für unsere | |
Sprache auszuhandeln. Dazu ein paar Ideen: Wie wäre es, wenn wir ein dickes | |
gelbes Buch drucken, in dem wir alle Regeln und Möglichkeiten unserer | |
Sprache streng regulieren? Auch könnten wir eine Software entwickeln, die | |
eine rote Kringellinie unter falsch geschriebene Wörter zaubert? | |
Im letzten Schritt könnten wir noch ein totalitäres Schulsystem errichten, | |
in dem es für jeden kreativen Sprachgebrauch, der dem dicken gelben Buch | |
widerspricht, Notenabzug gibt, und das auf einem willkürlichen | |
Empfehlungssystem basiert, das jene Notenabzüge mit der lebenslangen | |
Einschränkung von Karriereoptionen ahndet. (Schon zu weit gedacht?) | |
Nur eins bleibt noch zu klären: Sollen wir die Selbstbezeichnung der | |
Widerstandskämpfer*innen respektieren und sie lieber „Widerstandskämpfer“ | |
nennen? Ich weiß: total unleserlich und unlogisch, weil es sich bei ihnen | |
überwiegend, aber eben nicht nur um (alte weiße) Männer handelt. Aber tun | |
wir es, einfach aus einem pragmatischen Grund: Diese Leute verdienen es | |
nicht mal, gegendert zu werden. | |
11 Mar 2019 | |
## LINKS | |
[1] /Debatte-Geschlechtergerechte-Sprache/!5577446 | |
[2] http://1https://vds-ev.de/gegenwartsdeutsch/gendersprache/gendersprache-unt… | |
## AUTOREN | |
Fatma Aydemir | |
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