| # taz.de -- Kampf gegen Erderwärmung in Berlin: Schlechtes Klima für Volksbeg… | |
| > Einen Monat vor Sammelende hat die Initiative Klimaneustart erst ein | |
| > Drittel der Unterschriften zusammen. Interessiert Klimaschutz niemand in | |
| > Berlin? | |
| Bild: Jetzt aber flott: Jede Unterschrift zählt! | |
| Berlin taz | Jeden Morgen [1][blockieren Aktist*innen der „Letzten | |
| Generation“] Autobahnzufahrten. Der Ausstieg aus den fossilen Energien ist | |
| seit dem [2][Angriffskrieg auf die Ukraine] und den damit verbundenen | |
| ausbleibenden Gaslieferungen inzwischen Konsens bis weit in konservative | |
| Kreise hinein. Und doch droht in Berlin ein laufendes [3][Volksbegehren für | |
| radikal mehr Klimaschutz] zu scheitern. | |
| Nach drei von vier Monaten Sammelzeit hat die Initiative Klimaneustart | |
| Berlin gerade mal 76.000 Unterschriften eingereicht, wie der | |
| Landeswahlleiter am Montag bekannt gab. Damit es zu einem Volksentscheid | |
| kommt, braucht es gut 170.000 gültige Unterschriften von Berliner*innen, | |
| die über 18 Jahre alt, hier gemeldet und deutsche Staatsbürger*innen | |
| sind. Laut Landeswahlleiter ist jede vierte der bisher geprüften | |
| Unterschriften ungültig. Um sicherzugehen, dass es zu einem Entscheid | |
| kommt, benötigt die Initiative also rund 240.000 Unterstützer*innen. | |
| Die hat – da zwischen Einreichen und Auszählen einige Tage vergehen – nach | |
| eigener Aussage jetzt bereits 100.000 Unterschriften zusammen und die | |
| Hoffnung daher nicht aufgegeben. „Wir sehen eine positive Entwicklung in | |
| den vergangenen zwei Wochen“, sagte Sprecherin Jessamine Davis am Montag | |
| der taz. Es würde sowohl schneller als auch mehr gesammelt. „Wir sind | |
| weiterhin zuversichtlich, dass wir unser Ziel, den Volksentscheid, | |
| erreichen können.“ Man brauche aber mehr Unterstützung in der restlichen | |
| Zeit bis zum 14. November. Der Engpass bleibe die weiterhin zu geringe Zahl | |
| an Sammler*innen. | |
| ## Mehr Geld für Verkehrswende | |
| Die Initiative Klimaneustart fordert ein Gesetz, wonach Berlin bis 2030 | |
| klimaneutral wird. Fände das eine Mehrheit bei einem Volksentscheid, müsste | |
| das Land erheblich mehr Geld und Anstrengungen etwa in die Verkehrswende | |
| und die Dämmung aller Gebäude stecken. Laut der Initiative wäre das | |
| dringend nötig, um das Ziel, die Erderwärmung auf höchstens 1,5 Grad zu | |
| begrenzen, noch zu erreichen. „Uns geht es wirklich um das CO2-Budget. Wir | |
| möchten, dass das eingehalten wird“, hatte [4][Davis im taz-Streitgespräch | |
| mit dem grünen Fraktionschef Werner Graf] mehrfach betont. | |
| Der [5][rot-grün-rote Senat] wie auch Graf halten die Ziele des zur | |
| Disposition stehenden Gesetzentwurfs jedoch für nicht umsetzbar aus | |
| finanziellen wie praktischen Gründen. Komme das Gesetz durch, wäre kaum | |
| mehr Geld da für andere Dinge als Klimaschutz; zudem fehlten schlicht die | |
| Handwerker*innen, um die nötigen Veränderungen an den Gebäuden in dieser | |
| Zeit vorzunehmen, hatte Graf in dem Streitgespräch argumentiert: „Wir | |
| dürfen den Leuten nicht vorgaukeln, dass durch das Gesetz auch nur eine | |
| Maßnahme für den Klimaschutz angegangen wird.“ | |
| Der Initiative geht es nun darum, alle jene Menschen in Berlin zum Sammeln | |
| zu motivieren, „denen etwas am Klimaschutz liegt“, sagt Sprecherin Davis. | |
| Aktiv sammeln würden derzeit rund 300 Menschen. Um diese Zahl zu steigern, | |
| habe man etwa auf dem jüngsten Klimastreik von Fridays for Future direkt | |
| Menschen um Unterstützung gebeten. Mit Erfolg, wie Davis berichtet. | |
| Zudem werbe man in Gesprächen mit Influencer*innen, der Clubszene und auch | |
| Firmen um Unterstützung. So habe sich der Kriminalbiologe und Autor Mark | |
| Benecke öffentlich für sie eingesetzt, Luisa Neubauer habe für die | |
| Initiative geworben. „Das hat uns sehr gefreut“, sagt Davis. Von | |
| Unternehmen, die ähnliche Ziele befürworten, erhoffe man sich personelle | |
| Hilfe, etwa dass Beschäftigte einen Nachmittag sammeln gehen dürften. | |
| „Letztlich ist es aber eine gewaltige Herausforderung im Ehrenamt, diese | |
| Zahl von Unterschriften zusammenzubekommen – das war uns auch bewusst.“ | |
| Die Initiative Klimaneustart ist damit in einer ähnlichen Situation wie das | |
| – letztlich deutlich gescheiterte – letzte Volksbegehren im Sommer. Die | |
| Initiative für einen Modellversuch zu einem bedingungslosen Grundeinkommen | |
| hatte nur gut 125.000 Unterschriften sammeln können, gut ein Drittel davon | |
| wurde auch auf Gültigkeit geprüft. Auch hier hätten Sammler*innen | |
| gefehlt; man sei in der ersten Hälfte der Zeit nicht präsent genug auf den | |
| Straßen gewesen, hatte die Initiative [6][gegenüber der taz selbstkritisch | |
| eingeräumt]. | |
| Sollte es dennoch gelingen, die Hürde für einen Volksentscheid zu nehmen, | |
| könnte das Klimathema unverhofft eine immense politische Präsenz bekommen. | |
| Denn falls das Berliner Parlament das Gesetz nicht doch noch annimmt – was | |
| als unwahrscheinlich gilt –, würde die Abstimmung mit der absehbaren | |
| Wiederholung der Wahlen zum Abgeordnetenhaus zusammenfallen. | |
| Landeswahlleiter Stephan Bröchler hat [7][das auf taz-Anfrage bestätigt]. | |
| Der Termin wäre wohl der 12. Februar. | |
| Mit einer Abstimmung am Wahltag wäre so gut wie sicher, dass die | |
| Entscheidung nicht am Quorum, sprich an mangelnder Beteiligung, scheitert. | |
| Damit das Gesetz kommt, müssen eine Mehrheit und mindestens 25 Prozent der | |
| Abstimmenden dafür votieren. Das Thema Klimaschutz wäre damit auch zentral | |
| in dem voraussichtlich ab Januar beginnenden Wahlkampf: vielleicht sogar in | |
| dem Maße, wie es die Frage der Enteignungen von großen Wohnungsunternehmen | |
| im Wahlkampf 2021 gewesen ist. Auch diese Debatte wurde durch einen | |
| parallel anberaumten Volksentscheid befeuert. | |
| Jessamine Davis hofft nun auf einen starken Endspurt, etwa durch | |
| vorfrankierte Briefumschläge mit Unterschriftenlisten. Davon hätten sie | |
| Zehntausende verteilt. Inzwischen würden täglich bis zu 300 dieser Briefe | |
| zurückkommen. Denn: „Wir zweifeln nicht an der Zustimmung für unsere | |
| Anliegen. Die meisten Menschen, mit denen wir sprechen, unterschreiben sehr | |
| gerne.“ | |
| 17 Oct 2022 | |
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| Bert Schulz | |
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