| # taz.de -- Grüne Pläne für Stadtumbau in Berlin: „Mehr Bullerbü“ wagen | |
| > Die grüne Spitzenkandidatin Jarasch stellt Visionen für den klima- und | |
| > menschenfreundlichen Stadtumbau vor. Sie grenzt sich damit von der SPD | |
| > ab. | |
| Bild: So soll das Ende der A 100 am Treptower Park aussehen, wenn es nach den G… | |
| Berlin taz | Für Martin Aarts, Stadtplaner aus Rotterdam, ist die Lage | |
| dramatisch: „Die Zeit wird knapp für den [1][klimagerechten Umbau der | |
| europäischen Großstädte].“ Der Grund: Die Kosten dafür drohten ins | |
| Unbezahlbare zu steigen. Damit die dringend nötigen Veränderungen doch noch | |
| kommen, um Folgen wie Hitzewellen und Überschwemmungen abzumildern, fordert | |
| er einen Wettbewerb um die besten Lösungen zwischen den Städten: Sie | |
| sollten sich „gegenseitig herausfordern“. | |
| Für Berlin wäre das, angesichts des Vorsprungs von Städten wie Paris, | |
| Kopenhagen und selbst Warschau in dieser Hinsicht, eine gewaltige | |
| Herausforderung, selbst nach fünf Jahren Rot-Rot-Grün und einer grünen | |
| Verkehrs- und Klimaschutzsenatorin. Den Berliner Grünen ist das offenbar | |
| bewusst: „Wir müssen schneller werden beim Stadtumbau, und wir können | |
| schneller werden“, sagte [2][ihre Spitzenkandidatin Bettina Jarasch] am | |
| Mittwoch bei der Vorstellung der „grünen Hauptstadtvision“. | |
| Konkret handelt es sich um die Ideen für die grundsätzliche Umgestaltung | |
| von vier Orten in der Stadt: das geplante Ende der Stadtautobahn A 100, der | |
| Anfang der Danziger Straße in Prenzlauer Berg, der Tauentzien und der | |
| Elsterwerdaer Platz in Marzahn. An den Entwürfen mitgewirkt haben ein | |
| Architekturbüro und eben Martin Aarts. | |
| Es habe den Wunsch geben, auch aus der Wirtschaft, genauer darzustellen, | |
| wie die Grünen im Falle einer Regierungsübernahme nach der Wahl am 26. | |
| September den städtischen Raum verändern wollten, begründete Jarasch die | |
| Präsentation, mit der im Wahlkampf geworben werden soll. | |
| Nun ist es bekanntlich so eine Sache mit den Visionen, über die | |
| Ex-SPD-Kanzler Helmut Schmidt mal gesagt hat, wer solche habe, solle zum | |
| Arzt gehen. Aber Schmidt wäre – im Rückblick gesehen – auch eher zum | |
| konservativen Giffey-Flügel der SPD zu zählen, und Jaraschs Konkurrentin | |
| des Noch-Koalitionspartners versucht im Wahlkampf ja vor allem, mit der | |
| Werbung für den verkehrspolitischen Status quo und [3][Streicheleinheiten | |
| für Autofahrer*innen] zu punkten. | |
| Jarasch und ihre Partei setzen mit den Entwürfen nun einen deutlichen | |
| Kontrapunkt: Sie fordern den „Umbau von Straßen und Plätzen zu | |
| Lebensräumen“, wie sie am Mittwoch mehrfach sagte und unter einem jedem | |
| Kind bekannten Schlagwort zusammenfasste: „Wir brauchen mehr Bullerbü | |
| mitten in der vibrierenden Hauptstadt.“ | |
| Und das heißt: mehr Platz für Fußgänger*innen, mehr Schutz für | |
| Radler*innen, freie Bahn für Busse und Trams – und ein bisschen Raum für | |
| jenen Autoverkehr, den es weiterhin auch in der Innenstadt geben werde, wie | |
| die grüne Spitzenkandidatin betonte und sich damit vom anlaufenden | |
| Volksbegehren „Berlin autofrei“ abgrenzt. Allerdings, so Jarasch, müssten | |
| das ab 2030 emissionsfreie Fahrzeuge sein, sprich nach derzeitigem Stand | |
| der Technik überwiegend Elektroautos. | |
| Aus der Einkaufsstraße Tauentzien, derzeit geprägt von Fahrspuren für | |
| Autos, soll nach den Entwürfen eine begrünte Flaniermeile für | |
| Fußgänger*innen mit Stadtmöbeln und Ausstellungsflächen für Kunst und | |
| Handwerk werden. Auch an der Danziger Straße, deren Einmündung in die | |
| Schönhauser Allee ein vielbefahrener Knotenpunkt ist, sollen | |
| Fußgänger*innen mehr Raum zum Gehen und Verweilen bekommen; für Rad-, | |
| Tram- und Autoverkehr bleibt je eine abgetrennte Spur pro Richtung. | |
| ## Triste Plätze zu Stadtteilzentren | |
| Der Elsterwerdaer Platz, aktuell eine triste versiegelte Fläche mit ein | |
| paar Läden, soll sich in ein lebendiges Stadtteilzentrum verwandeln, und | |
| aus der A 100 am Treptower Park soll eine Bundesstraße werden, was Raum | |
| schaffen würde für Radspuren und sogar eine Wasserfläche. Der hier geplante | |
| Radschnellweg, die sogenannte Y-Trasse, würde dann bis zum Görlitzer Park | |
| verlängert werden. | |
| Wie detailgenau diese vom Architekturbüro MLA+ entwickelten Visionen sein | |
| sollen, blieb am Mittwoch jedoch bisweilen unklar, gerade beim Beispiel A | |
| 100. Schließlich verläuft die im Bau befindliche Verlängerung der | |
| Stadtautobahn künftig teilweise abgesenkt – das ignoriert die von MLA+ | |
| entwickelte Umgestaltung allerdings. Jarasch sprach daher von „konkreten | |
| Utopien“ und „unseren Vorschlägen, die dann im Dialog weiterentwickelt“ | |
| werden sollen. Sie betonte aber ihre Absage an einen Weiterbau der A 100: | |
| „Der 16. Bauabschnitt muss der letzte sein. Die autogerechte Stadt der | |
| 70er-Jahre ist kein Modell für die Gegenwart mehr.“ | |
| Keine weitergehende Vision gab es für die Friedrichstraße, deren | |
| [4][aktuelle Umgestaltung als Fuß- und Radstraße] eines der wenigen realen | |
| Vorzeigeprojekte der grünen Verkehrssenatorin ist. Viel Kritik habe es | |
| daran am Anfang gegeben, auch gerechtfertigte, sagte Jarasch. Bei | |
| Gesprächen mit Anlieger*innen habe sich aber gezeigt, dass selbst jene | |
| nicht mehr zurück wollten zur reinen Durchgangsstraße mit kleinen | |
| Bürgersteigen. | |
| Als Regierende Bürgermeisterin würde sich Jarasch für eine Taskforce | |
| einsetzen, in der Anlieger*innen, Bezirk, Planer*innen und Initiativen | |
| Konzepte entwickeln und dabei auch den Raum jenseits der Straße | |
| berücksichtigen bis hin zum Gendarmenmarkt. Auch die historische Dimension | |
| der Friedrichstraße, die bis 1989 in Ost und West geteilt war, könnte | |
| sichtbar gemacht werden. | |
| 4 Aug 2021 | |
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| Bert Schulz | |
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