# taz.de -- Wahlkampf an der A100: Ohne Scheuer geht es besser | |
> Grünen-Spitzenkandidatin Bettina Jarasch trifft Treptower AnwohnerInnen | |
> der künftigen A100 zum Ortstermin – und verspricht ihnen einiges. | |
Bild: Bettina Jarasch (Grüne) und Bernd Kalweit von den A100-AnwohnerInnen | |
Auch eine potenzielle künftige Regierende Bürgermeisterin muss manchmal | |
ganz alleine mit dem Fahrrad zum Wahlkampftermin strampeln. Vor dem | |
„Park-Center“ an der Treptower Elsenstraße schließt die grüne | |
Spitzenkandidatin Bettina Jarasch ihr Gefährt an einen Zaun, dann geht es | |
zusammen mit der kleinen Gruppe, die dort auf sie gewartet hat, ins | |
Parkhaus der Shoppingmall. | |
„Vom obersten öffentlichen Parkdeck aus kann man sehr gut erkennen, was | |
unser Problem ist“, erklärt Bernd Kalweit von der Anwohner*innen-Initiative | |
A100 Treptow. Er und seine beiden Mitstreiter führen Jarasch zur | |
südöstlichen Ecke, durch ein Gitter fällt der Blick auf die Gleise der | |
Ringbahn und der Görlitzer Bahn, dahinter Wohngebäude und viel Grün. Nach | |
rechts zieht sich vor dem Ring-Bahndamm eine planierte Fläche, ganz hinten | |
sind Spundwände erkennbar: Dort wird die A100 in ein paar Jahren aus dem | |
tieferliegenden Trog an die Oberfläche kommen. | |
Aber eben nicht nur das: „In einem nachträglichen Planungsverfahren wurde | |
2015 beschlossen, dass das Niveau der Autobahn anschließend mit einer Rampe | |
um mehrere Meter angehoben und vor der Straße Am Treptower Park wieder auf | |
Straßenniveau abgesenkt wird“, so Kalweit. Das soll eine Vorleistung für | |
den späteren Bau des 17. Bauabschnitts sein. Den wollen Grüne, Linke und | |
auch Teile der SPD zwar gar nicht haben, aber das Bundesverkehrsministerium | |
– und in Sachen Autobahn hat der Bund das Sagen. | |
[1][Die Initiative vertritt hunderte Menschen], die auf der östlichen Seite | |
am Treptower Park leben: Sie würden zusätzlich zum Lärm der Züge, die sich | |
hier in die Kurve legen, noch dem der Autos ausgesetzt. Denn wenn die A100 | |
auf das Niveau des Bahndamms angehoben wird, wirkt dieser nicht mehr als | |
Barriere. Laut Kalweit erhält die Autobahn nur zur westlichen Seite hin | |
eine Lärmschutzwand: Für die AnwohnerInnen, die die Initiative vertritt, | |
soll es nur Schallschutzfenster im vierten Stock geben, alle anderen liegen | |
laut einem Gutachten knapp unter der Dezibel-Grenze. | |
Jarasch hatte schon vor Monaten mit ihrem Vorschlag eines „Rückbaus“ der | |
A100 für Debatten gesorgt, zuletzt wurde das auch [2][für den Wahlkampf | |
visualisiert]: als schmalere Bundesstraße mit Platz für breite Radwege und | |
eine Grünanlage. „Wir finden ihre Initiative toll“, versichert Kalweit der | |
Kandidatin, „aber wir müssen aber auch den worst case mitdenken, dass die | |
Rampe gebaut wird.“ Dann sei eine Schallschutzwand dringend notwendig. „Wir | |
flehen darum, dass das auf Ihrer Agenda steht!“ | |
Dass sie mit ihrer Idee hier offene Türen einrennt, freut Bettina Jarasch | |
natürlich, und sie glaubt auch daran: „ Ich verspreche Ihnen, dass ich mich | |
um den Lärmschutz kümmere“, sagt sie, „aber das wäre nur ein Trostpflast… | |
für Sie, deshalb ist es Plan B.“ Zuvor bestehe die Chance, den Bund vom 17. | |
Bauabschnitt abzubringen, was die Rampe überflüssig machen würde. | |
## „Das ist nicht revolutionär“ | |
„Ich setze mindestens auf eine grüne Regierungsbeteiligung im Bund und gehe | |
davon aus, dass der nächste Verkehrsminister nicht mehr Scheuer heißt“, | |
begründet sie ihre Zuversicht. Mit dessen NachfolgerIn könne dann auch über | |
den Rückbau verhandelt werden: „Das ist nicht revolutionär, dafür braucht | |
es nur politischen Willen.“ | |
Robert Kindler von der Initiative weist noch einmal darauf hin, dass die | |
Elsenbrücke bis mindestens 2028 neu gebaut wird. Das dürfte das | |
Verkehrschaos am Fuße der „Treptowers“ noch einmal verschlimmern, wenn die | |
Autobahn – ob wie geplant oder in abgespeckter Form – eröffnet wird. „Es | |
gibt hier eine Grundschule, zu der die Kinder laufen, und was das für die | |
Qualität des Parks als Erholungsgebiet bedeutet, diese Frage wird bislang | |
gar nicht gestellt.“ | |
Dass selbst eine Verschlankung der A100 zur Bundesstraße noch deutlich mehr | |
Verkehr als heute erzeugen würde, weiß auch Jarasch. Deshalb müsse es | |
künftig einfach insgesamt weniger Autoverkehr geben: „Das ist unser großes | |
Thema, und wir meinen es wirklich ernst mit der Verkehrswende.“ | |
9 Aug 2021 | |
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## AUTOREN | |
Claudius Prößer | |
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