| # taz.de -- Gewerkschafterin über Chinas Einfluss: „Wird Cosco den Hebel uml… | |
| > Der chinesisische Logistikkonzern will sich 2023 am Hamburger Hafen | |
| > beteiligen. Verdi-Expertin Maya Schwiegershausen-Güth warnt vor | |
| > Abhängigkeit. | |
| Bild: Das Containerschiff „Cosco Pride“ am Containerterminal Tollerort | |
| taz: Frau Schwiegershausen-Güth, Stand jetzt wird sich die [1][chinesische | |
| Reederei Cosco mit 24,9 Prozent am Containerterminal Tollerort (CTT) der | |
| HHLA beteiligen]. Im Gegensatz zur Berliner Politik sehen der Hamburger | |
| rot-grüne Senat und offenbar auch die meisten Beschäftigten die | |
| Minibeteiligung am kleinsten von vier Containerterminals in Hamburg | |
| gelassen. Bleibt auch Verdi gelassen? | |
| Maya Schwiegershausen-Güth: Jein. Auch unter den Beschäftigten wird das | |
| Thema kontrovers diskutiert. Als Verdi sehen wir zunächst die Bedeutung | |
| Coscos für den Terminal, für die HHLA und für die Beschäftigten. | |
| Dennoch stellt Ihre Gewerkschaft Forderungen an den Beteiligungsverkauf. | |
| Weiterhin müssen die geltenden Tarifstandards und die Mitbestimmung | |
| geachtet werden. Und die HHLA muss als Eigentümerin des Terminals weiterhin | |
| das Sagen über den CTT haben. Mit der aktuellen Lösung sollte das | |
| gewährleistet sein. | |
| Coscos Engagement in Hamburg ist nicht das einzige des Konzerns in Europa. | |
| Wenn wir auf den europäischen Raum gucken, ist Cosco an vielen | |
| Hafenstandorten vertreten. Mit Beteiligungen in Rotterdam, | |
| Antwerpen-Zeebrugge, Piräus und darüber hinaus, und auch in Duisburg, | |
| Europas größtem Binnenhafen, spielt Cosco eine wichtige Rolle. Cosco hat | |
| sich also strategisch positioniert und rund ein Dutzend | |
| Terminalbeteiligungen allein innerhalb der Europäischen Union erworben. | |
| Was bezweckt Cosco aus Ihrer Sicht mit seinen Beteiligungen in der EU? | |
| Cosco äußert sich dazu nicht öffentlich. Aber wenn wir auf [2][die | |
| Seidenstraßen-Initiative der Regierung in Peking] schauen und die Pläne, | |
| die damit verbunden sind, können wir davon ausgehen, dass Cosco sich so | |
| aufstellen will, dass sie auch eine „kritische Macht“ haben. | |
| Sind die Erfahrungen mit der chinesischen Reederei überall so schlecht, wie | |
| sie aus dem zentralen Mittelmeerhafen Piräus berichtet werden – also auch | |
| bei den größten Konkurrenten von Hamburg, Rotterdam und Antwerpen? | |
| Das kann man so nicht sagen. Schon deshalb, weil es unterschiedlich starke | |
| Beteiligungen gibt (in Piräus gehört Cosco der gesamte Terminal | |
| einschließlich Grund und Boden). Ganz entscheidend ist die Höhe der | |
| Beteiligung am Terminalbetreiber, welche tariflichen Standards gelten und | |
| wie gut die Beschäftigten vor Ort organisiert sind. | |
| Was heißt das in der Praxis? | |
| Da kauft Cosco sich ein, mit zunächst kaum sichtbaren Folgen. Die | |
| eigentliche Frage ist aber: Wird es irgendwann den Punkt geben, an dem sie | |
| den Hebel umlegen? Etwa, wenn man China politisch auf die Füße tritt. Das | |
| weiß heute niemand. [3][In der Summe der Beteiligungen hat Cosco im | |
| Europäischen Raum schon heute eine relevante Größe erreicht.] Und der | |
| Konzern versucht damit auch, politisch Einfluss in Brüssel zu nehmen, etwa | |
| in Steuerfragen. | |
| Europäische Reedereien wie Maersk oder Hapag-Lloyd sind wichtige Kunden für | |
| Chinas Häfen. Halten sie in der Volksrepublik auch Beteiligungen an | |
| Terminals? | |
| Es gibt nach wie vor ein ungleiches Verhältnis. Europäische Reedereien | |
| spielen eine viel geringere Rolle in China als umgekehrt – schon angesichts | |
| der Vielzahl von riesigen Häfen, sieben oder acht der Top Ten liegen in | |
| China. | |
| Aber auch westliche Reedereien kaufen sich international in Häfen und | |
| Logistikinfrastrukturen ein? | |
| Das ist ein eindeutiger Trend. Die Reedereien haben die historisch | |
| außergewöhnliche Einnahmesituation der letzten zwei Jahre zur vertikalen | |
| Integration genutzt und sich in Häfen, Transport- und Logistikunternehmen | |
| zu Wasser, auf der Straße, der Schiene und in der Luft eingekauft. Dahinter | |
| steht eine strategische Absicht. Da will man sich eine prioritäre | |
| Abfertigung zu günstigen Preisen sichern und die Kontrolle über relevante | |
| Logistikketten erhalten. Das alles kann sich letztlich negativ auf die | |
| Arbeitnehmer*innen auswirken. Der Druck auf die Beschäftigten wird | |
| höher, wie wir im Schleppschifffahrtsbereich aktuell schon beobachten | |
| können. Hier sind die Gewerkschaften gefordert, Tarifstandards zu halten | |
| und branchenübergreifend zu verbessern. Und auch die Politik muss klare | |
| Haltelinien einziehen. | |
| Drohen da nicht Logistik-Oligopole, wie wir sie bei den Reedereien in | |
| Europa selber schon haben? | |
| Ja, das kann eine realistische Perspektive sein. Aktuell sind wir davon | |
| allerdings noch einen ganzen Schritt entfernt. Aber es wird von | |
| [4][Reedereien versucht, die gesamte Lieferkette abzudecken] – von Fabrik | |
| bis zur Tür – und sich nicht allein mit Schifffahrt zu begnügen. Da müssen | |
| wir als Verdi kritisch draufgucken, vor allem aber muss das auch die | |
| Politik. | |
| 12 Jan 2023 | |
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| ## AUTOREN | |
| Hermannus Pfeiffer | |
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