# taz.de -- Ukraine-Krieg und Lieferkettenprobleme: Flaute im Hamburger Hafen | |
> Einst war er Russlands Tor zum Welthandel, nun verliert der Hamburger | |
> Hafen allmählich den Anschluss. Den Konkurrenten geht es ähnlich. | |
Bild: Containerterminal im Hamburger Hafen, hier ist wegen des Krieges in der U… | |
HAMBURG taz | Der Sog des Ukraine-Krieges zieht das Tor zur Welt nach | |
unten. An den vier Terminals der Hamburger Hafen und Logistik AG (HHLA) | |
wurden im vergangenen Jahr nur noch knapp 6,1 Millionen Container (TEU) | |
umgeschlagen – 260.000 weniger als im Vorjahr, ein Minus von 4,1 Prozent. | |
„Das Geschäftsjahr war geprägt von dem russischen Angriffskrieg auf die | |
Ukraine, dessen Auswirkungen und den Störungen der globalen Lieferketten“, | |
sagte [1][Angela Titzrath, HHLA-Vorstandsvorsitzende]. | |
Der Hamburger Hafen wurde nach dem Ende der Sowjetunion zu [2][Russlands | |
Tor zum Welthandel]. Über die frisch vertiefte Elbe kommen selbst die | |
größten Frachter aus China und Südostasien an, deren Ladung auf kleinere | |
Feederschiffe umgeladen und über die Ostsee nach Ust-Luga, Primorsk oder | |
Sankt Petersburg verschifft wird. Und umgekehrt. | |
In der Rangliste des Hamburger Hafens rangierte Russland seit den 1990er | |
Jahren regelmäßig um Rang 5. Dies ist seit den Sanktionen der Europäischen | |
Union wegen des Angriffs auf die Ukraine im Februar 2022 vorbei. | |
Gleichzeitig belastet der Krieg mittelbar den Handel mit anderen Mittel- | |
und Osteuropäischen Staaten, die teils per Schiff, wie Estland und Polen, | |
teil per Bahn, wie Tschechien oder Ungarn, versorgt werden. | |
Für die Versorgung zuständig ist vor allem die HHLA, der wichtigste | |
Terminalbetreiber in Hamburg. Rund zwei Drittel des Umschlags von | |
Deutschlands größtem Hafen wird von dem teilstaatlichen Logistikkonzern | |
abgewickelt. Der Handel wurde zugleich von den stockenden globalen | |
Lieferketten in Mitleidenschaft gezogen. | |
## Lieferkettenstörungen gehören der Vergangenheit an | |
Infolge der Corona-Pandemie und langer Staus vor den Häfen in China und den | |
USA – beides wichtige Kunden der HHLA – wurde Schiffsraum knapp und knapper | |
und daher sehr teuer. Der Ukrainekrieg führte dann vor einem Jahr zu | |
weiteren Engpässen auf den Weltmeeren. | |
Mittlerweile gehören Lieferkettenstörungen weitgehend der Vergangenheit an, | |
und die Frachtraten sinken wieder in Richtung Vor-Krisenniveau. 2023 werde | |
„ein ganz normaler Markt“, sagte Rolf Habben Jansen, Chef der Hamburger | |
Reederei Hapag-Lloyd, kürzlich vor Journalisten. | |
Die HHLA betreibt außerdem Hafenterminals nahe der estnischen Hauptstadt | |
Tallinn, im italienischen Triest und am Schwarzmeerhafen Odessa. Dieser war | |
nach Russlands Überfall auf die Ukraine geschlossen worden, ein Teil der | |
480 Beschäftigten kam nach Deutschland. Der HHLA-Terminal CTO ist der | |
größte Containerterminal des Landes. 2021 wurden hier rund 400.000 TEU | |
umgeschlagen. | |
Trotz der herausfordernden Zeiten habe die HHLA erneut ihre | |
„Leistungsfähigkeit und Resilienz unter Beweis gestellt“, freute sich | |
Titzrath. Nach vorläufigen Zahlen legte der Konzernumsatz um 7,7 Prozent | |
auf 1,6 Milliarden Euro zu. Der Gewinn bewegt sich mit 220 Millionen Euro | |
auf Vorjahresniveau und fiel höher als erwartet aus. | |
## Branche verhalten optimistisch | |
Hierbei profitierte die HHLA von Staus in anderen Häfen und im | |
Hinterlandverkehr, die zu längeren Verweildauern von Containern an den | |
Hamburger sowie den Terminals in Tallinn und Triest führten. Dadurch | |
stiegen die sogenannten Lagergelderlöse deutlich. | |
Die Krise spüren auch die beiden traditionellen Konkurrenten Hamburgs. In | |
Rotterdam belief sich der Rückgang im Containerverkehr in den ersten neun | |
Monaten auf 4,4 Prozent. „Infolge der Sanktionen kam der Containerverkehr | |
zwischen Russland und Rotterdam fast vollständig zum Erliegen“, meldet der | |
niederländische Hafenbetrieb. Antwerpen musste im vergangene Jahr ein Minus | |
von 5,2 Prozent verkraften. | |
In die Zukunft blickt die Branche dennoch verhalten optimistisch. „Der | |
globale Handel nimmt zum Jahresbeginn an Fahrt auf und könnte vor einem | |
längeren Aufschwung stehen“, bestätigt Timo Hoffmann, Konjunkturforscher am | |
Kiel Institut für Weltwirtschaft. Der monatlich erhobene „Kiel Trade | |
Indicator“ zeige in seinem jüngsten Update deutlich positive Werte für den | |
Warenaustausch im Januar. Dies werde insbesondere den europäischen und auch | |
den deutschen Außenhandel beflügeln. | |
17 Feb 2023 | |
## LINKS | |
[1] https://hhla.de/medien/news/detailansicht/ad-hoc-hhla-uebertrifft-ergebnise… | |
[2] /Die-Zukunft-des-Hamburger-Hafens/!5891833 | |
## AUTOREN | |
Hermannus Pfeiffer | |
## TAGS | |
Russland | |
Schwerpunkt Krieg in der Ukraine | |
Hamburger Hafen | |
Hafen | |
Osnabrück | |
China | |
Umweltbehörde Hamburg | |
Lesestück Recherche und Reportage | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Hamburg verkauft Hafenfirma: Angst vor dem großen Investor | |
Hamburg diskutiert über den Einstieg der größten Containerreederei beim | |
städtischen Hafenbetreiber HHLA. Misstrauen vor allem bei den | |
Beschäftigten. | |
Osnabrücker Ausstellung zum Welthandel: Sammelsurium mit Plastik-Steak | |
Das Museum Industriekultur steckt sich mit seiner Ausstellung „Welthandel. | |
Geschichte, Gegenwart, Perspektiven" viele Ziele - und erreicht keines. | |
Gewerkschafterin über Chinas Einfluss: „Wird Cosco den Hebel umlegen?“ | |
Der chinesisische Logistikkonzern will sich 2023 am Hamburger Hafen | |
beteiligen. Verdi-Expertin Maya Schwiegershausen-Güth warnt vor | |
Abhängigkeit. | |
Der Schlick soll weg: Sisyphos auf der Elbe | |
Baggergut aus der Elbe im Meer zu versenken, wird den Hamburger Hafen nicht | |
retten. Umweltschützer befürchten, es verschlimmert vielmehr die Lage. | |
Arbeitsbedingungen auf Containerschiffen: „Ozeane gleichen dem Wilden Westen�… | |
Auf vielen Schiffen herrschen miserable Arbeitsbedingungen. | |
Hafen-Kontrollen der Gewerkschaften sollen das ändern. Die taz ist mit an | |
Bord gegangen. |