| # taz.de -- Deutsche Verantwortung in Afghanistan: Unterlassene Hilfeleistung | |
| > Mit dem Truppenabzug liefern Deutschland und die USA die afghanische | |
| > Bevölkerung den Taliban aus. Eine sorgfältige Aufarbeitung ist | |
| > unerlässlich. | |
| Bild: Flughafen Kabul am Montag: Menschen versuchen verzweifelt noch einen Plat… | |
| Zu spät, es kommt jetzt alles zu spät: Selbst wenn das deutsche Personal | |
| nun noch aus Kabul herausgeholt wird, so gerät das Versprechen der | |
| deutschen Bundesregierung, sich um die afghanischen Ortskräfte zu kümmern, | |
| doch zur entsetzlichen Farce. Auch der [1][Appell der deutschen Medien] | |
| inklusive taz, die afghanischen HelferInnen der deutschen Presse | |
| herauszuholen, kommt wahrscheinlich für zu viele zu spät. | |
| Die Bilder vom [2][Flughafen in Kabul] – rennende Menschen auf der Rollbahn | |
| – sprechen allem Hohn, was bis vor Tagen vielleicht noch forderbar, auch | |
| umsetzbar erschien. Mit dem Truppenabzug haben die USA und „der Westen“ das | |
| Schicksal der afghanischen Bevölkerung in die Hände der Taliban gelegt. Die | |
| Bundesrepublik darf sich nun fragen, wie jede Verantwortungsübernahme im | |
| Rahmen des Abzugs leider Opfer des Wahlkampfes wurde. | |
| Denn wer der Verteidigungsministerin [3][Annegret Kramp-Karrenbauer] (CDU) | |
| im Frühjahr zuhörte, musste eigentlich zu dem Schluss kommen, dass sie es | |
| ernst meinte damit, afghanischen Helfern und ihren Familien die Ausreise zu | |
| ermöglichen. Es bedurfte jedoch keiner seherischen Fähigkeiten, um zu | |
| ahnen, was dann offenbar kam: die Ansage aus dem Innenministerium, dass nur | |
| geprüfte Visa-Vorgänge nach Paragraf soundso akzeptiert würden. | |
| Und die Ansage aus der CDU-Parteizentrale, dass die Union einen Wahlkampf | |
| ohne Afghanistan und afghanische Flüchtlinge zu machen gedenke. Doch das | |
| Thema eignet sich dazu, nicht nur Wahlkampfstrategien zu verderben, sondern | |
| auch Koalitionsoptionen: Schwarz-Grün schillert plötzlich ganz anders. | |
| Afghanistan stellt einen mächtigen Sprengsatz bereit. | |
| Natürlich darf die Aufarbeitung des afghanischen Desasters nicht beim | |
| [4][deutschen Wahlkampf] stehen bleiben, das hieße ja, die reine | |
| Selbstbezüglichkeit nur zu wiederholen. Nachdem sich nun (fast) alle einig | |
| sind, dass viel zu lange viel zu viel schiefgelaufen ist, sind alle alten | |
| Fragen wieder offen. Die der Bündnistreue: Hätte die Bundesrepublik | |
| vermeiden können, mit USA und Nato nach Afghanistan zu gehen? Wenn ja: | |
| Wären uns Leben und Sterben von [5][Frauen in Afghanistan] dann egal | |
| gewesen? | |
| War Zuschauen eine Option? Wenn nein: Wann wäre der beste Zeitpunkt zum | |
| Abzug gewesen? Die [6][Niederlande] verließen die Kampfmission vorzeitig – | |
| hätte Deutschland mitgehen können? Wäre eine zivile europäische Initiative | |
| neben den USA machbar gewesen? Von den Antworten wird es abhängen, ob | |
| demokratisch gewählte Regierungen in Zukunft überhaupt noch bündnistreu | |
| sein wollen und können. | |
| 16 Aug 2021 | |
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| ## AUTOREN | |
| Ulrike Winkelmann | |
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