Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Islamisten in Afghanistan: Wer sind die Taliban?
> Die als besonders brutal geltenden Islamisten sollen sich inzwischen
> gemäßigt haben. Echte Läuterung oder bloße Rhetorik?
Bild: Das Foto einer Frau im Fenster eines Schönheitssalons in Kabul wird am 1…
Die erneute Herrschaft der Taliban sorgt für große Furcht in Afghanistan.
Die Menschen trauen deren neuerdings moderateren Tönen nicht. Das basiert
zum einen auf den Erfahrungen mit der früheren Talibanherrschaft
(1996–2001) sowie auf bisher nicht überprüfbaren Berichten über Gräueltat…
aus von Taliban kontrollierten Gebieten. Hinzu kommen Traumata von
Terroranschlägen, zu denen sich die Taliban entweder bekannten oder die
ihnen zugeschrieben wurden.
Unter dem früheren Regime sorgte die Erschießung von „Ehebrecherinnen“ im
Stadion von Kabul sowie die Zerstörung der historischen Buddhastatuen von
Bamiyan 2001 für weltweite Empörung. Doch waren dies nur besonders
barbarische Beispiele für das an einer fundamentalistischen Auslegung des
Islams orientierte Regime in Verbindung mit konservativ-ländlichen
Traditionen der Paschtunen.
Die Taliban, die unter afghanischen Flüchtlingen in Pakistan entstanden
und vom dortigen Militärgeheimdienst (ISI) protegiert wurden, setzten ein
Bildungsverbot für Mädchen durch und beschränkten Berufsmöglichkeiten für
Frauen. Frauen mussten einen Ganzkörperschleier tragen und durften das Haus
nicht ohne Begleitung durch ein männliches Familienmitglied verlassen.
Verbote betrafen auch Musik, eine freie Presse, Abbildungen von Menschen
und den afghanischen Volkssport des Drachensteigens. Nichtpaschtunen und
vor allem die schiitischen Hasara wurden mehrfach Opfer von Massakern der
Taliban.
## Heterogen, aber nationalistisch
War der frühere Kampf der Taliban mit einer Ausweitung des Opiumanbaus
verbunden, den sie zunächst besteuerten, setzten sie in ihrem letzten
Herrschaftsjahr dessen Reduktion um rund 90 Prozent durch. Mittels rabiater
Strafen gelang es ihnen, die Korruption einzudämmen und eine rohe Form der
Justiz durchzusetzen, die viele als wirkungsvoller wahrnahmen als die
nachfolgende.
Gesprächspartner der Taliban haben in den letzten Jahren immer wieder
berichtet, deren Führer würden ihre einstige Herrschaft heute
selbstkritisch sehen, etwa im Hinblick auf die kaum existente
Wirtschaftspolitik oder wegen der starken Einschränkung der Rechte von
Frauen und Mädchen. So soll der Schulbesuch von Mädchen künftig möglich
sein. Dem steht entgegen, dass in umkämpften Gebieten immer wieder
Mädchenschulen angezündet wurden, wobei die Täter oft unbekannt blieben.
Mit dem lokalen Ableger des „Islamischen Staats“ (IS) bekämpfen die Taliban
inzwischen eine noch brutalere islamistische Konkurrenz. Lange Zeit galt
als offenes Geheimnis, dass die Führung der Taliban, die Quetta-Schura, in
der westpakistanischen Stadt ihren Sitz hat. Auch das ebenfalls zu den
Taliban gehörende Hakkaninetzwerk, das von den USA als Terrororganisation
eingestuft wird, operiert von Pakistan aus.
## Ihre Unberechenbarkeit als Problem
Doch die nationalistisch ausgerichteten Taliban als verlängerten Arm
Pakistans zu bezeichnen wäre verkürzt. So nahm das Land den politischen
Führer der Taliban, Mullah Abdul Ghani „Baradar“, 2010 fest, als der den
damaligen Präsidenten Hamid Karsai treffen wollte. 2018 drängte
ausgerechnet US-Präsident Donald Trump zur Freilassung Baradars, um mit ihm
zu verhandeln.
Die Taliban sind eine heterogene Bewegung, deren lokale Politik stark von
den Kommandeuren und Mullahs vor Ort abhängt. In Kabul etwa hätten Taliban
kürzlich Plünderungen von Hilfsorganisationen verhindert, berichtet Stefan
Recker, Leiter des dortigen Caritas-Büros.
Andere Berichte legen nahe, dass sich das Verhalten der Taliban nicht von
früher unterscheidet. Ob die moderate Rhetorik nur Taktik ist, lässt sich
noch nicht sagen. Beunruhigen muss, dass das Talibanregime kein „Checks and
Balances“ hat. Seine Kämpfer folgen zwar einer strengen Hierarchie, bei
einzelnen Maßnahmen entscheiden sie aber auch nach eigenem Gusto.
17 Aug 2021
## AUTOREN
Sven Hansen
## TAGS
IG
Islamismus
Schwerpunkt Afghanistan
Kabul
Taliban
Schwerpunkt Afghanistan
Schwerpunkt Afghanistan
Schwerpunkt Afghanistan
Schwerpunkt Afghanistan
Schwerpunkt Afghanistan
Schwerpunkt Afghanistan
Schwerpunkt 9/11
Schwerpunkt Afghanistan
IG
Feinde der Pressefreiheit
Schwerpunkt Islamistischer Terror
Schwerpunkt Afghanistan
## ARTIKEL ZUM THEMA
Protest gegen Taliban in Afghanistan: Erster Widerstand am Hindukusch
Am Nationalfeiertag protestieren Afghanen im ganzen Land gegen die Taliban.
Auch bewaffnete Gegenwehr formiert sich. Mit einem Gegenpräsidenten.
Was 2001 und 2021 verbindet: Kein Krieg für die Freiheit
US-Präsident George W. Bush begann den Afghanistan-Krieg, um von seinem
Versagen abzulenken. Doch auch 20 Jahre später setzen sich Angst und Gewalt
fort.
Afghanistan nach dem Machtwechsel: Die Charmeoffensive
Bei der ersten Pressekonferenz nach der Machtübernahme haben sich die
Taliban versöhnlich gegeben. Vor allem Frauen haben Zweifel an den
Versprechen.
Der Westen und Afghanistan: Biden verteidigt Abzug der Truppen
Joe Biden erklärt, dass das Ziel der Demokratisierung Afghanistans nicht zu
erreichen gewesen sei. Die US-Medien reagieren unterschiedlich darauf.
Afghanistan und der Vietnamkrieg: Als die Konservativen vorangingen
Die Eroberung Kabuls durch die Taliban erinnert an das Ende des
Vietnamkriegs. Auch damals war die Flucht schwierig – und die Politik
heuchlerisch.
Zweiter Bundeswehrflieger in Kabul: 125 Menschen ausgeflogen
Verteidigungsministerin Kramp-Karrenbauer verspricht, so viele Menschen wie
möglich aus Kabul zu evakuieren. Die Lage am Flughafen bleibt
unübersichtlich.
Die USA und das Afghanistan-Desaster: Biden ist nur konsequent
Der US-Präsident hat das Afghanistan-Desaster nicht zu verantworten.
Vielmehr beweist er den Mut, eine historische Fehlentscheidung zu
korrigieren.
Taliban übernehmen Afghanistan: Die letzten Tage von Kabul
Auf die Machtübernahme der Taliban folgen Chaos und Angst: Plünderungen,
Selbstzensur, Angriffe auf Frauen.
Deutsche Verantwortung in Afghanistan: Unterlassene Hilfeleistung
Mit dem Truppenabzug liefern Deutschland und die USA die afghanische
Bevölkerung den Taliban aus. Eine sorgfältige Aufarbeitung ist
unerlässlich.
Frauenrechte in Afghanistan: Der Abschied von der Freiheit
Malala Maiwand wuchs in einem Afghanistan ohne das Taliban-Regime auf. Vor
einem halben Jahr wurde sie ermordet. Sie hinterlässt eine klare Botschaft.
Vormarsch der Taliban: Die Diplomatie hat versagt
Die westlichen Regierungen kümmern sich um die eigenen Leute und
Ortskräfte. Nötig wäre ein konzertiertes Vorgehen gegenüber den Taliban und
Pakistan.
Eroberungskrieg der Taliban: Die Schlinge zieht sich zu
Die Taliban erobern unaufhaltsam afghanische Provinzen. Menschen auf der
Flucht leben in Zelten aus Stöcken und Stoff – und sind auch in Camps nicht
sicher.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.