Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Zweiter Bundeswehrflieger in Kabul: 125 Menschen ausgeflogen
> Verteidigungsministerin Kramp-Karrenbauer verspricht, so viele Menschen
> wie möglich aus Kabul zu evakuieren. Die Lage am Flughafen bleibt
> unübersichtlich.
Bild: Hunderte Menschen warten außerhalb des Flughafens, abgehalten von Stache…
Berlin/Kabul rtr/epd/afp/taz | Mit einem zweiten Bundeswehrflugzeug sind
nach Angaben des Verteidigungsministeriums 125 Menschen aus Afghanistan
ausgeflogen worden. „Mit 125 Evakuierten ist der A400M von Kabul wieder auf
dem Weg nach Taschkent/Usbekistan“, [1][schrieb das Ministerium am
Dienstagnachmittag auf Twitter]. „An Bord sind deutsche Staatsbürger und
afghanische Ortskräfte sowie weitere zu Schützende.“ Außenminister Heiko
Maas (SPD) schrieb auf Twitter davon, dass „mehr als 120 Personen,
Deutsche, Afghanen und Angehörige anderer Nationen“ an Bord seien. „Die
Luftbrücke ist angelaufen und wird intensiv fortgesetzt, sofern die
Sicherheitslage dies irgendwie zulässt.“
Zuvor hatte Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU)
mitgeteilt, dass die Maschine gelandet sei. „Der Auftrag an unsere Kräfte
ist nach wie vor, solange es möglich ist, so viele wie möglich
rauszufliegen.“ Dies gelte nicht allein für Deutsche oder afghanische
Ortskräfte, sondern etwa auch für Menschen aus Partnerländern. „Wir nehmen
alles mit, was vom Platz her in unsere Flugzeuge passt.“
Auf einer Liste der Bundesregierung stünden rund 600 Menschen. Zwei Flieger
vom Typ A400M sollten im Pendelverkehr in die usbekische Hauptstadt
Taschkent fliegen.
Das Verteidigungsministerium räumte ein, es sei unklar, wie groß das
Zeitfenster sei. Es sei auch schwer, Menschen zum Flughafen zu bringen.
## Merkel will mit UNHCR-Präsidenten sprechen
In einem Flieger am Morgen konnten wegen chaotischer Zustände am Flughafen
nur sieben Menschen ausgeflogen werden. Auf Twitter empörten sich darüber
viele Menschen und brachten den Hashtag #SiebenMenschen zum Trenden.
Die Maschine hatte zunächst Fallschirmjäger zum Schutz des Flughafens
transportiert. Laut Kramp-Karrenbauer können bis zu 600 Soldaten nach Kabul
gebracht werden. Sie sollen eng mit den [2][US-Truppen] kooperieren.
Bundeskanzlerin Angela Merkel will noch heute mit dem Präsidenten der
UN-Flüchtlingsorganisation UNHCR sprechen. Bevor man über Kontingente für
die Aufnahme von Menschen in der EU spreche, „muss man über sichere
Möglichkeiten für Flüchtlinge in der Nachbarschaft reden“, sagt Merkel.
Danach könne man in einem zweiten Schritt darüber nachdenken, ob besonders
betroffene Personen in die EU kommen sollten. Eine gemeinsame Position der
EU sei nicht einfach. „Es ist eine Schwachstelle unserer EU, dass wir keine
gemeinsame Asylpolitik geschafft haben“, fügt sie hinzu. Merkel betont,
dass man so viele Menschen wie möglich aus dem Land holen wolle, die
bedroht seien.
## Taliban lassen nur noch Nicht-Afghanen zum Flughafen
Der Generalinspekteur der Bundeswehr, Eberhard Zorn, sagte, dass [3][die
Taliban in Kabul] die Sicherheitsverantwortung übernommen hätten, Häuser
durchsuchten und Straßenkontrollen errichtet hätten. Durch Sicherungsposten
rund um den Flughafen ließen sie nur noch nicht-afghanische Staatsbürger
durch. Ein nächtliches Ausgehverbot schränke die Bewegungsfreiheit weiter
ein.
Mit der Rückkehr der radikalislamischen Miliz hat sich in Kabul das
Straßenbild über Nacht radikal gewandelt. Zwar geben sich die neuen
Machthaber gemäßigt, verkünden eine Generalamnestie für Beamte der
bisherigen Regierung und versprechen Frauen mehr Rechte als zu den Zeiten
ihrer früheren Herrschaft von 1996 bis 2001. Doch viele Einwohner glauben
den Versprechungen nicht – und kehren deshalb schon aus Selbstschutz zu den
Alltagsregeln der einstigen Taliban-Schreckensherrschaft zurück.
„Die Angst ist da“, sagt ein Ladenbesitzer, der gerade sein kleines
Lebensmittelgeschäft wieder geöffnet hat. Seinen Namen will er lieber nicht
nennen. „Die Taliban patrouillieren in kleinen Konvois durch die Stadt. Sie
belästigen niemanden, aber natürlich haben die Menschen Angst“, erzählt ein
weiterer Ladenbesitzer.
Vor dem Eingang zur Grünen Zone, in der die meisten Botschaften und
internationalen Organisationen untergebracht sind, demonstrieren ein paar
Frauen für ihr Recht, dort wieder als Köchinnen oder Reinigungskräfte
arbeiten zu dürfen. Ein Lastwagen mit Taliban-Kämpfern fährt vor,
vergeblich versuchen diese, die Frauen zu verscheuchen – sie weichen erst
auf Bitten von Zivilisten.
## Entwicklungshilfe ausgesetzt
Taliban-Sprecher Suhail Schahin hat am Montagabend behauptet, dass Frauen
in Zukunft nichts zu fürchten hätten. „Ihr Recht auf Bildung ist ebenfalls
geschützt“, beteuert er. Berichte aus den Provinzen, in denen die
radikalislamischen Kämpfer schon länger die Kontrolle übernommen hatten,
zeichnen allerdings ein anderes Bild.
Auch in Kabul laufen einige erste Zusammentreffen zwischen
[4][Taliban-Kämpfern] und Einwohnern offenbar rauer ab als von deren
Führung erwünscht. „Einige sind freundlich und machen überhaupt keinen
Ärger“, sagt ein Mann, während er versucht, an einem Kontrollpunkt der
Taliban vorbei zu seinem Büro zu gelangen. „Aber andere sind brutal. Sie
schubsen dich herum und schreien dich grundlos an.“
Wie wenig viele Menschen den Taliban trauen, haben am Montag auch die
chaotischen Szenen am Flughafen gezeigt – als tausende Einheimische
verzweifelt versuchten, einen Platz auf den Evakuierungsflügen der
westlichen Staaten zu ergattern.
Unterdessen hat die Bundesregierung die staatliche Entwicklungshilfe für
das Land ausgesetzt. Das sagte Entwicklungsminister Gerd Müller (CSU) am
Dienstag der dpa und der Rheinischen Post. Alle deutschen und
internationalen Mitarbeiter der für die staatliche Entwicklungshilfe
zuständigen Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ)
hätten sicher das Land verlassen.
17 Aug 2021
## LINKS
[1] https://twitter.com/BMVg_Bundeswehr/status/1427614941624799247
[2] /Nach-der-Machtuebernahme-der-Taliban/!5793933
[3] /Taliban-uebernehmen-Afghanistan/!5789645
[4] /Islamisten-in-Afghanistan/!5789644
## TAGS
Schwerpunkt Afghanistan
Afghanistaneinsatz
Bundeswehreinsatz
Taliban
Luftbrücke
GNS
Schwerpunkt Afghanistan
Schwerpunkt Afghanistan
Schwerpunkt 9/11
Schwerpunkt Afghanistan
## ARTIKEL ZUM THEMA
Machtübernahme in Afghanistan: Alltag in Angst
Die Taliban bauen ihre Herrschaft in Afghanistan systematisch aus. Vorerst
geht es um die Sicherheitsorgane und eine funktionierende Wirtschaft.
Islamisten in Afghanistan: Wer sind die Taliban?
Die als besonders brutal geltenden Islamisten sollen sich inzwischen
gemäßigt haben. Echte Läuterung oder bloße Rhetorik?
Die USA und das Afghanistan-Desaster: Biden ist nur konsequent
Der US-Präsident hat das Afghanistan-Desaster nicht zu verantworten.
Vielmehr beweist er den Mut, eine historische Fehlentscheidung zu
korrigieren.
Taliban übernehmen Afghanistan: Die letzten Tage von Kabul
Auf die Machtübernahme der Taliban folgen Chaos und Angst: Plünderungen,
Selbstzensur, Angriffe auf Frauen.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.