# taz.de -- Tragische Szenen am Flughafen Kabul: Chaos auf dem Rollfeld | |
> Verzweifelte Afghan*innen haben am Flughafen von Kabul versucht, das | |
> Land in letzter Minute zu verlassen. Internationale Rettungsaktionen | |
> stocken. | |
Bild: Die Menschen sind am Montag so verzweifelt, dass sie in Kabul in ein park… | |
Es sind Fotos und Videos, die in Afghanistans tragische jüngere Geschichte | |
eingehen werden: Am Tag nach der erneuten Machtübernahme der Taliban in | |
Kabul haben sich am internationalen Flughafen der Hauptstadt chaotische | |
Szenen abgespielt. Videos zeigen, dass Hunderte Menschen auf das Rollfeld | |
gestürmt waren. Menschenmassen versuchten, über eine Fluggastbrücke und | |
eine Drehleiter [1][noch einen der letzten Plätze in einer | |
Passagiermaschine zu ergattern.] | |
In einer anderen Szene rennen Dutzende Menschen einem Frachtflugzeug der | |
US-Luftwaffe hinterher, während dieses bereits zum Start beschleunigt. | |
[2][In Verzweiflung klammern sich einige im Bereich der Flugzeugräder an | |
die Maschine.] Für Entsetzen sorgte ein Video, auf dem zu sehen sein soll, | |
wie Menschen aus einem fliegenden Militärflugzeug fallen. [3][Ob es sich | |
dabei tatsächlich um Menschen handelte] und ob es dieselbe Maschine war, an | |
die sich die Menschen auf dem Rollfeld geklammert hatten, war zunächst | |
unklar. | |
Der Kabuler Flughafen, benannt nach dem ehemaligen Präsidenten Hamid Karzai | |
(reg. 2001–2014), ist für viele Afghani*innen offenbar die letzte | |
Hoffnung, das Land noch verlassen zu können, ohne der Willkür der Taliban | |
ausgeliefert zu sein. Das Flughafengelände wurde am Montagmorgen von rund | |
3.000 US-Soldat*innen gesichert, die verhindern sollten, dass die Taliban | |
die Kontrolle über den Flugverkehr übernehmen und somit eine Evakuierung | |
von Botschafts- und Militärpersonal sowie von afghanischen Ortskräften | |
verhindern. | |
Weitere 3.000 Soldat*innen sollten nach Angaben des | |
US-Verteidigungsministeriums noch herangezogen werden. Der kommerzielle | |
Flugverkehr war am Montag eingestellt; der Flughafen diente nur noch der | |
Evakuierung. | |
Doch auch die internationalen Evakuierungsaktionen mussten aufgrund des | |
Chaos am Montag ausgesetzt werden. Erst am Dienstag sollte es weitergehen, | |
[4][sagte der Vize-Sicherheitsberater des US-Präsidenten, Jon Finer, dem | |
TV-Sender MSNBC.] Die Soldat*innen würden Zeit brauchen, um die Lage am | |
Flughafen unter Kontrolle zu bringen. Die Taliban machten derweil nur | |
begrenzt Anstalten, die Kontrolle über den Hamid-Karzai-Airport zum | |
jetzigen Zeitpunkt zu übernehmen. | |
Den Sieg und die Vertreibung ausländischer Truppen kann die Miliz auch ohne | |
ein letztes, möglicherweise verlustreiches Gefecht für sich verbuchen: „Wir | |
haben erreicht, was wir angestrebt haben: Freiheit unseres Landes und die | |
Unabhängigkeit unseres Volkes“, zitierte Al-Dschasira den Talibansprecher | |
Mohammad Naeem am Montag. Berichte über einen großangelegten Angriff auf | |
die US-Truppen am Flughafen blieben aus. | |
[5][Die Nachrichtenwebsite Business Insider berichtete allerdings unter | |
Berufung auf ein internes Protokoll des Kanzleramts in Berlin] von einem | |
Angriff auf den militärischen Teil des Flughafens am Sonntag. Während des | |
Angriffs befanden sich demnach auch etwa 70 Deutsche im Flughafengebäude. | |
Abgewehrt worden sein soll der Vorstoß von US-amerikanischen sowie | |
türkischen Soldaten. Auch die New York Times berichtete unter Berufung auf | |
eine Militärquelle, US-Soldat*innen hätten mindestens zwei bewaffnete | |
Angreifer erschossen. Ob es sich um denselben Vorfall handelte, war unklar. | |
Die Bundesregierung schloss sich einem Appell von über 60 Staaten an, in | |
dem die Taliban aufgefordert werden, alle jene gewähren zu lassen, die das | |
Land verlassen wollen. „Angesichts der sich verschlechternden | |
Sicherheitslage unterstützen wir die sichere und geordnete Ausreise von | |
Ausländer*innen und Afghan*innen, die das Land verlassen wollen“, | |
[6][heißt es] in dem Statement. „Afghan*innen und internationale | |
Bürger*innen, die ausreisen wollen, müssen dies tun können; Straßen, | |
Flughäfen und Grenzübergänge müssen offen bleiben.“ | |
## Einige Botschaftsangehörige haben es geschafft | |
Die Bundeswehr schickte am Montag zwei Militärtransporter vom Typ A400M auf | |
den Weg nach Kabul. Am Nachmittag waren diese jedoch noch nicht gelandet, | |
wie die Nachrichtenagentur dpa meldete. Darüber hinaus startete ein dritter | |
deutscher A400M, der für medizinische Transporte ausgerüstet ist, sowie ein | |
Transportflugzeug vom Typ Airbus-A310 in Richtung der usbekischen | |
Hauptstadt Taschkent, die nur rund 500 Kilometer Luftlinie nördlich von | |
Kabul liegt. | |
Während die verzweifelten Menschen auf dem Rollfeld wenig Chancen haben | |
dürften, Afghanistan in Bälde zu verlassen, meldeten mehrere Regierungen am | |
Montag erfolgreiche Evakuierungsaktionen. 70 Angehörige der italienischen | |
Botschaft landeten am Montag in Italien. Saudi-Arabiens Außenministerium | |
meldete, dass alle Botschaftsangehörigen wohlauf im Königreich gelandet | |
seien. In der Nacht auf Montag konnten auch bereits rund 40 Mitarbeiter der | |
deutschen Botschaft in einem US-Flugzeug nach Katar ausgeflogen werden. | |
16 Aug 2021 | |
## LINKS | |
[1] https://twitter.com/TOLOnews/status/1427180883438669825?s=20 | |
[2] https://twitter.com/morkazemian/status/1427201556034826247?s=20 | |
[3] https://twitter.com/morkazemian/status/1427188385316327425?s=20 | |
[4] https://www.msnbc.com/morning-joe/watch/forces-looking-to-restore-order-at-… | |
[5] https://www.businessinsider.de/politik/welt/internes-kanzleramt-protokoll-s… | |
[6] https://www.state.gov/joint-statement-on-afghanistan/ | |
## AUTOREN | |
Jannis Hagmann | |
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