# taz.de -- Machtübernahme in Afghanistan: China auf Kuschelkurs mit Taliban | |
> Für China sind die militanten Taliban-Islamisten ein Sicherheitsrisiko. | |
> Umso mehr versucht die Führung in Peking, sie frühzeitig an sich zu | |
> binden. | |
Bild: Chinas Außenminister Wang Yi traf Mullahn Abdul Ghana Baradan, Politik-C… | |
PEKING taz | Für chinesische Verhältnisse ungewöhnlich rasch hat Peking die | |
neuen politischen Gegebenheiten in Afghanistan anerkannt. „Wir respektieren | |
die Entscheidung des afghanischen Volkes“, verkündete die Sprecherin des | |
Pekinger Außenministeriums Hua Chunying am Montagnachmittag. Ihre Worte | |
klingen, als hätte es in Kabul einen Urnengang gegeben. | |
Diese Botschaft an [1][die neuen Machthaber in Afghanistan] ist Kalkül: | |
Denn für China steht bei dem Machtwechsel in Kabul sehr viel auf dem Spiel | |
– allen voran sicherheitspolitisch, aber auch wirtschaftlich. | |
Die Staatsmedien kommentierten die Geschehnisse am Montag schadenfroh: Die | |
nationalistische Global Times behauptete, dass die USA nun endgültig auf | |
dem „Friedhof der Weltmächte gelandet“ seien. Die Volkszeitung, | |
Propagandaorgan der Kommunistischen Partei, befand, dass die Afghanen von | |
den Amerikanern „wie Müll entsorgt“ wurden. Und die sonst auf Zurückhaltu… | |
bedachte Nachrichtenagentur Xinhua schrieb auf Twitter vom „bombenwerfenden | |
Uncle Sam“. | |
Dabei ist den Parteikadern im Pekinger Regierungssitz Zhongnanhai sicher | |
nicht zu Lachen zumute. Für China stellt die Machtübernahme der Taliban ein | |
großes Risiko dar. Beide Länder teilen eine 76 Kilometer lange Grenze, die | |
entlang der muslimisch geprägten Krisenprovinz Xinjiang verläuft; dort | |
also, wo China [2][Hunderttausende Uiguren in politischen Umerziehungs- und | |
Straflagern] interniert hat. Es wäre ein Super-GAU für die Volksrepublik, | |
wenn militante Anhänger der Uiguren nun in Afghanistan Schutz finden | |
würden, um aus dem Exil eine Widerstandsbewegung zu organisieren. | |
## Insgeheim misstraut Peking den Taliban | |
Dementsprechend früh und präventiv rollte Peking den Islamisten den | |
diplomatischen roten Teppich aus. Bereits am 28. Juli traf Außenminister | |
Wang Yi in der Küstenstadt Tianjin eine neunköpfige Delegation der | |
Taliban. Das scheint sich bislang auszuzahlen. Die Taliban haben | |
versprochen, sich nicht in innere Angelegenheiten Chinas einmischen zu | |
wollen. | |
Insgeheim jedoch misstraut die Staatsführung den Taliban sehr wohl. Im Juli | |
etwa wurden neun Chinesen Opfer eines Selbstmordanschlags in Pakistan, der | |
laut Angaben von Islamabad von pakistanischen Taliban aus Afghanistan | |
heraus geplant wurde. | |
Insofern ist Peking durchaus hin- und hergerissen: Insbesondere die | |
rhetorisch aggressiveren Diplomaten in China wollen, dass die neue | |
Weltmacht China das von den USA hinterlassene Vakuum füllt. Die | |
Realpolitiker hingegen sehen die Gefahren, die eine zunehmende Einmischung | |
in die Geopolitik abseits der eigenen Grenzen birgt. | |
Zugleich ist die ölreiche Region in Zentralasien auch ökonomisch sehr | |
wichtig für China, allein aufgrund des massiven Energiebedarf. Bereits am | |
Sonntag spekulierte die Global Times, wie die heimischen Staatsunternehmen | |
beim Wiederaufbau des kriselnden Afghanistans profitieren könnten. | |
16 Aug 2021 | |
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## AUTOREN | |
Fabian Kretschmer | |
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