# taz.de -- Debatte – Feminismus, Botox und Hyaluron: Muss sie? Soll sie? Kan… | |
> Schönheitseingriffe sind unter Feminist:innen ein Streitthema: Ist | |
> das Spritzen ein Akt der Selbstbestimmung – oder Resultat des | |
> Patriarchats? | |
Bild: Die neue Künstlichkeit soll möglichst natürlich rüberkommen. Wie der … | |
Maxi ist eine Frau, die viele Menschen als schön bezeichnen würden. Sie ist | |
1,70 Meter groß, hat eine schlanke, athletische Figur, blondes Haar und | |
tiefblaue Augen. Trotzdem war sie lange unzufrieden mit ihrem Aussehen. | |
Maxis Problem waren ihre schmalen Lippen, von denen sie findet, dass sie | |
nicht zu ihr passen. Deshalb hat sie vor zwei Jahren eine Entscheidung | |
getroffen und sie mit Hyaluron aufspritzen lassen. Seitdem macht sie das | |
regelmäßig. | |
Mit ihrer Entscheidung ist Maxi nicht allein. Während Schönheitseingriffe | |
in den USA und Brasilien schon lange fast ebenso selbstverständlich zum | |
Alltag vieler Frauen dazugehören wie Make-up, Diäten und Sport, sind sie | |
nun auch bei uns auf dem besten Weg, im Mainstream anzukommen. | |
Laut der [1][Vereinigung der Deutschen Ästhetisch-Plastischen Chirurgen] | |
(VDÄPC) sind minimalinvasive Eingriffe wie Botox- und Hyaluronbehandlungen | |
allein im vergangenen Jahr um mehr als 10 Prozent gestiegen. Aber auch | |
Gesichtsstraffungen, Brustoperationen und Fettabsaugungen werden immer | |
beliebter. | |
Die meisten Eingriffe werden an Frauen durchgeführt, 2022 waren es fast 90 | |
Prozent, wie aus der VDÄPC-Statistik hervorgeht. Eine [2][Umfrage des ZDF] | |
hat kürzlich herausgefunden, dass sich auch schon bei jüngeren Frauen | |
zwischen 25 und 34 fast die Hälfte einen Schönheitseingriff vorstellen | |
kann, jeder sechste junge Erwachsene hat bereits einen hinter sich. Man | |
muss jedoch gar nicht auf die Zahlen gucken, um zu bemerken, dass gerade | |
eine Zäsur stattfindet. Ob im Stadtbild oder bei Instagram: Überall sieht | |
man Frauen unterschiedlichen Alters mit glatten Gesichtern und perfekten | |
Lippen. „Gestern erst war ich beim Geburtstagsdinner mit ein paar | |
Freundinnen, und da ist mir aufgefallen, dass ich fast die einzige ohne | |
Botox bin“, erzählt Maxi beim ersten Treffen in einem kleinen französischen | |
Restaurant in Berlin-Kreuzberg. | |
Maxi ist 37 und heißt eigentlich anders. Sie möchte ihren Namen nicht in | |
der Zeitung lesen. Auch wenn sie zu ihren Eingriffen steht, könne sie nicht | |
einschätzen, wie das bei ihrem neuen Arbeitgeber ankommt, außerdem gehe ihn | |
das auch nichts an. | |
Nach Jahren in der Modebranche hat Maxi noch mal eine Ausbildung gemacht | |
und fängt bald im öffentlichen Dienst an. Bevor es losgeht, genießt sie | |
ihre freie Zeit und ist viel mit Freund:innen unterwegs. Eine angehende | |
Beautyärztin sei auch dabei, die gebe auch schon mal unaufgefordert Tipps, | |
was die Leute an sich optimieren könnten, und veranstalte Botox-Sessions, | |
sagt Maxi. | |
Maxi zeigt Fotos ihrer Freundinnen. „Bei denen siehst du einfach nicht, | |
dass die etwas gemacht haben. Die sehen einfach nur ultraschön aus“, sagt | |
Maxi. | |
Die Normalisierung von Schönheitseingriffen regt hierzulande gerade viele | |
auf. Längst sind Frauen wie Maxi und ihre Freundinnen zum beliebten | |
Diskussionsgegenstand von Medien und Wissenschaft geworden. Hieß es nicht | |
bis vor Kurzem noch, es lebe die „Body Positivity“ oder wenigstens die | |
„Body Neutrality“ – also die Gleichgültigkeit dem Körper gegenüber? | |
Schönheitseingriffe kosten Geld, haben gesundheitliche Risiken und sind | |
teilweise nicht rückgängig zu machen: Was ist bloß los mit diesen Frauen – | |
warum machen sie das? | |
Schuld könnte die stundenlange Konfrontation mit dem eigenen Gesicht in den | |
vielen Zoom-Konferenzen zu Coronazeiten sein, mutmaßen die Expert:innen. | |
Oder die unzähligen Schönheitsfilter in den sozialen Medien. Sie machen | |
aber auch das immer krassere Marketing für den Anstieg der Eingriffe | |
verantwortlich. | |
Mittlerweile werben nämlich nicht nur Influencerinnen für Microneedling und | |
Fadenlifting, sondern auch die Beautydocs selbst. Wie die Dermatologin Emi | |
Arpa, besser bekannt als Dr. Emi, die als Koryphäe für minimalinvasive | |
Eingriffe gilt und in ihrem Instagram-Feed mal etwas Alltagspraktisches zum | |
Thema Sonnenschutz postet, dann ein Video über „Die große | |
Hyaluronsäure-Lüge“. | |
Auf Social Media präsentieren junge Frauen ganz unbefangen ihre „Nose-Jobs“ | |
und „Russian Lips“ – eine Technik, bei der die Oberlippe mithilfe von | |
Hyaluroninjektionen nicht aufgebläht, sondern angehoben wird, was dem Mund | |
eine zweidimensionale, puppenhafte Ausstrahlung verleiht. Bei Instagram | |
findet man allein unter dem Hashtag „Botox“ mehr als 17 Millionen Beiträge, | |
bei TikTok sind es 8,7 Milliarden. | |
Vor allem unter den jüngeren Frauen ist ein noch krasserer | |
Schönheitswettbewerb ausgebrochen, als er sowieso schon herrschte, und er | |
spitzt sich durch das immer perfektere Erscheinungsbild ihrer Idole zu. | |
Die Kardashians geben nur widerwillig zu, dass sie sich unters Messer | |
gelegt haben, aber jede sieht es. Die Rapperin Cardi B spricht offen über | |
ihre Veränderungen, auch über misslungene Eingriffe. Zur Aufdeckung von | |
Fake vs. Reality tragen auch die Onlinekommentare einiger selbsternannter | |
Expert:innen bei. [3][Féline Dion] alias [4][@thecommiemommy] etwa | |
analysiert bei Twitter regelmäßig die versteckten Eingriffe der Stars, die | |
sich angeblich nur mit Olivenöl einreiben oder Zitronenwasser trinken, um | |
so schön zu sein. | |
Dabei fällt auf, dass die neue Künstlichkeit eine ist, die maximal | |
natürlich rüberkommen soll – ein bisschen so wie der „Nude-Look“ in der | |
Kosmetik. Um ein möglichst ebenmäßiges, ja fast schon skulpturales Hautbild | |
zu erreichen, beginnen manche Frauen bereits in ihren Zwanzigern mit einer | |
Methode namens „Baby-Botox“, bei der allerdings nur mikroskopische Mengen | |
des Muskelgifts gespritzt werden. Zur Vorbeugung gegen Falten, heißt es. | |
Andere lassen ein sogenanntes Buccal Fat Removal an sich vornehmen, bei dem | |
Fetteinlagerungen von innen aus der Wange herausgeschnitten werden. Adieu, | |
jugendliche Pausbacke, hallo, Modellook! | |
Auch Maxi ist es wichtig, möglichst natürlich auszusehen. „Es geht darum, | |
das Beste aus sich rauszuholen“, sagt sie. Für sie soll ihr Mund zu den | |
restlichen Proportionen des Gesichts passen. Es komme immer auf die | |
Ausstrahlung an und wie alles zusammenspiele. Maxi hat sogar eigens einen | |
Ordner mit Vorher-/Nachher-Bildern angelegt, die ihren Lippenaufbau | |
dokumentieren. „Damit will ich sicherstellen, dass ich nicht irgendwann das | |
richtige Maß verliere.“ | |
Mit den Jahren sind die Techniken der Schönheitsindustrie immer | |
ausgefeilter geworden, die Preise für die Behandlungen sinken. Statt für | |
ein paar hundert Euro bietet Maxis Praxis die Lippenkorrektur schon für 89 | |
Euro an. Allerdings muss sie das Geld dann auch in bar mitbringen und | |
Abstriche bei der Beratung machen. Ihre erste Behandlung habe sie deshalb | |
in einer teureren Praxis machen lassen, um zu erfahren, was alles geht. | |
Ist die Normalisierung solcher Eingriffe nun eine Demokratisierung von | |
Schönheit – endlich kann jede so aussehen, wie sie will – oder ein | |
Backlash, weil wir bald alle wie Barbie und ihre perfekten Schwestern durch | |
die Gegend laufen? Ganz so abwegig ist Letzteres nicht, immerhin leben wir | |
im Patriarchat, in dem der Wert einer Frau ja gerne nach ihrer | |
„Fuckability“ beurteilt wird. Außerdem ist die Schönheitschirurgie ein | |
traditionell männliches Gebiet und die künstlichen Lippen, Nasen und | |
Brüste, die sie produziert, sehen sich oft zum Verwechseln ähnlich – | |
normschön eben. | |
Viele irritiert, dass jetzt sogar selbst Feministinnen mitmachen, die den | |
Einfluss des männlichen Blicks doch eigentlich bekämpfen wollen. Erst | |
kürzlich ist wieder eine eingeknickt, so die Auffassung ihrer | |
Kritiker:innen. Nach Margarete Stokowski, bei der es aber zugegebenermaßen | |
ein bisschen komplizierter ist, weil sie Botox vor allem gegen ihre | |
Kopfschmerzen und nicht gegen Falten einsetzt, und Botox-Verfechterin Mirna | |
Funk hat sich nun auch Sophie Passmann zu ihren Schönheitseingriffen | |
bekannt. | |
Ja, auch sie habe Botox und Lipfiller benutzt, schreibt Passmann [5][in der | |
Zeit] – allerdings nicht ganz freiwillig. Die Männerherrschaft mitsamt | |
ihrer Einteilung von Frauen in attraktivere und weniger attraktive | |
Exemplare habe ihr keine andere Wahl gelassen. Ihr Resümee: Eine | |
Beautyklinik sei „einfach ein weiterer Ort, an dem Frauen nichts gewinnen | |
können“. | |
Der Aufschrei folgte prompt. Und wie zu erwarten, ging man vor allem in den | |
eigenen Reihen hart mit Passmann ins Gericht. [6][Im Freitag] warf ihr eine | |
Autorin „resignativen Feminismus“ vor. „Frausein“ erscheine bei Passmann | |
„als effiziente Weiterentwicklung des Stockholmsyndroms: Den Geiselnehmer | |
braucht es gar nicht mehr.“ Doch ist das, was Frauen wie Maxi und Sophie | |
Passmann tun, wirklich ein Einknicken vor dem Patriarchat – oder nicht | |
vielleicht sogar ein emanzipatorischer Akt? | |
Maxi sagt, sie habe sich schon in der Pubertät mit ihren Lippen nicht | |
wohlgefühlt. Wenn sie sich auf Fotos betrachtete, sei sie jedes Mal | |
überrascht gewesen. „Mein Lächeln kam oft nicht richtig rüber. Ich sah | |
irgendwie schlecht gelaunt aus.“ Ob ihr mal jemand gespiegelt habe, dass | |
ihr Mund zu schmal sei? Maxi trinkt einen Schluck Rosé und überlegt. | |
„Nein. Ich habe in der Vergangenheit sogar eher Komplimente für mein | |
markantes Gesicht bekommen“, sagt sie. Doch sie konnte nicht viel damit | |
anfangen, weil es nicht ihrem eigenen Schönheitsideal entsprach. Für Maxi | |
hat eine schöne Frau sinnliche Lippen und eine schlanke Figur. Vielen | |
Frauen, die mit Supermodels wie Gisele Bündchen und Kate Moss aufgewachsen | |
sind, geht es da vermutlich ähnlich. | |
Aber es sind nicht nur die offensichtlichen Beispiele: Erst neulich habe | |
sie wieder „Asterix und Obelix erobern Rom“ geguckt und sich erschrocken, | |
als die beiden Figuren in ihrer Lieblingsszene aus Kindertagen von einer | |
Gruppe Frauen mit Wespentaille und riesigen Lippen bespaßt wurden. „Heute | |
finde ich es total krass, wie ultrasexuell diese Szene ist, aber als Kind | |
fand ich die Frauen einfach nur schön.“ | |
Maxi ist sich im Klaren darüber, dass ihr Schönheitsideal von der Außenwelt | |
mitgeprägt ist, trotzdem seien die aufgespritzten Lippen allein ihre | |
Entscheidung gewesen. „Ich habe es für mich selbst gemacht“, sagt sie. Ihr | |
Umfeld habe teilweise eher negativ reagiert, mit Anmerkungen wie: „Ich | |
mochte deine markanten Gesichtszüge vorher lieber.“ Trotzdem bereue sie | |
ihre Entscheidung keine Minute – im Gegenteil. „Ich fühle mich damit | |
einfach mehr wie ich selbst“, sagt sie. | |
Über Maxis Aussage hätte die kürzlich verstorbene Philosophin Kathryn P. | |
Morgan, die an der Universität von Toronto lehrte, vermutlich den Kopf | |
geschüttelt. Für sie und andere Feministinnen der älteren Generation | |
gelten Schönheitseingriffe als direkte Folge des Patriarchats und damit als | |
Akt der Unterwerfung. Selbst dann, wenn die Frau betont, es freiwillig | |
gemacht zu haben. Wer von Geburt an darauf gepolt sei, einem Mann zu | |
gefallen, sei gar nicht in der Lage, eine freie Entscheidung zu treffen, so | |
die Argumentation. Um die Hoheit über den eigenen Körper zu verteidigen, | |
dürfe man entweder nicht mitmachen oder müsse sich so operieren, dass es | |
dem männlichen Geschmack zuwiderläuft. | |
Die US-amerikanische Geschlechterforscherin Kathy Davis sieht | |
Schönheitseingriffe zwar kritisch, aber nicht ganz so pessimistisch. In | |
ihrem 1995 erschienenen Grundlagenwerk „Reshaping the Female Body. The | |
Dilemma of Cosmetic Surgery“ plädiert sie dafür, die Nutzerinnen solcher | |
Angebote nicht als arme, hilflose Opfer zu begreifen, die man vor sich | |
selber schützen müsse, sondern als handelnde Subjekte. In den Interviews, | |
die sie mit operierten Frauen führte, fand sie heraus, dass diese es nicht | |
getan hatten, um außergewöhnlich schön zu sein, sondern um sich endlich | |
„normal“ zu fühlen. Statt in einem Körper gefangen zu sein, den sie aus | |
welchen Gründen auch immer nicht akzeptieren konnten, nahmen diese Frauen | |
ihr Schicksal selbst in die Hand und veränderten ihn. | |
Die Schriftstellerin Melissa Febos, die mit ihren autobiografischen Texten | |
über ihre Erfahrungen als Frau, Lesbe und Ex-Domina in den USA gerade | |
Aufsehen erregt, hält Schönheitseingriffe gar für eine kathartische | |
Erfahrung. | |
In einem 2022 veröffentlichten [7][Essay im New York Times Magazine] | |
schildert sie ihren moralischen Konflikt, den sie mit ihrer eigenen | |
Brustverkleinerung hatte. Obwohl Febos jahrelang unter körperlichen | |
Einschränkungen und sexistischen Reaktionen auf ihre großen Brüste litt, | |
traute sie sich nicht, sie operieren zu lassen, weil sie sich dann wie eine | |
schlechte Feministin vorgekommen wäre. | |
„Ich dachte, ich müsste meinen Körper akzeptieren, ihn lieben und schön | |
finden, um die verinnerlichten Botschaften der patriarchalen Kultur | |
erfolgreich abzulehnen“, schreibt Febos. Ihre Scham für den eigenen Körper | |
sei für sie einem „persönlichen Versagen“ gleichgekommen. Sie habe später | |
die Erkenntnis gewonnen, dass sie sich in ihrem Körper so wohlfühlen könne, | |
wie sie wolle: Trotzdem werde sie von ihrem männlichen Umfeld abgewertet. | |
Und das hat wiederum Einfluss auf ihre Selbstwahrnehmung. | |
Es ist diese Scham, die auch das amerikanische Model Emily Ratajkowski, 32 | |
Jahre alt, so wütend macht. In der Folge [8][„Can You Be a Feminist and Get | |
Plastic Surgery?“] ihres Podcasts „High Low“ macht sie darauf aufmerksam, | |
dass Frauen in unserer Gesellschaft nicht nur ständig suggeriert werde, | |
dass sie sich für ihren Körper in seinem natürlichen Zustand schämen | |
sollen, sondern auch dann, wenn sie ihn durch Beauty-Eingriffe veränderten. | |
Ratajkowski sagt, sie selbst benutze Botox, seit sie 27 ist. Im Netz wird | |
immer wieder darüber spekuliert – oft abschätzig –, ob sie darüber hinaus | |
auch noch andere Veränderungen an sich vorgenommen hat. | |
Im Podcast erzählt sie, dass es in der Vorbereitung der Folge eine | |
Diskussion darüber gegeben habe, dass eine Brustverkleinerung, wie Febos | |
sie durchführen ließ, ja nicht das Gleiche sei wie eine Brustvergrößerung. | |
Sie selbst halte es da mit [9][Roxane Gays Konzept vom „Bad Feminist“]: | |
Besser eine Feministin sein, die ein paar Dinge macht, die dem Patriarchat | |
vermeintlich in die Hände spielen, als gar keine Feministin zu sein. | |
Die einen färben sich die Haare, die anderen lassen sich aus kosmetischen | |
Gründen einen Leberfleck wegmachen, wieder andere spritzen sich ein | |
bisschen Hyaluron – oder Botox ins Gesicht. Jede Frau zieht ihre rote Linie | |
woanders, wenn es darum geht, wie viel und an welcher Stelle sie ihren | |
Körper verändert. | |
Die Soziologin Paula-Irene Villa Braslavsky sagt in einem [10][Interview | |
mit dem Schweizer Onlinemagazin] Geschichte der Gegenwart: Die Gestaltung | |
des eigenen Körpers sei immer eine „Mischung von Müssen, Sollen und | |
Können“. Das sei auch bei der kosmetischen Chirurgie so. Die gelte zwar | |
momentan noch als besonders radikale Form der körperlichen | |
Selbstgestaltung, sei aber letztlich nur die logische Fortführung einer | |
langwährenden Entwicklung. | |
„Die OPs werden sicherer, günstiger, schneller, einfacher. Das können sich | |
immer mehr Menschen leisten und in ihren Alltag einbauen. Warum sollten | |
sie, sollten wir es nicht machen?“, fragt sie. | |
Für Braslavsky ist eine der zentralen Gewissensfragen unserer Zeit: „Wer | |
kann und soll über den eigenen Körper verfügen?“ Und insofern sei die | |
Entscheidung für einen Schönheitseingriff ein emanzipatorischer Akt, | |
wenngleich die gesellschaftlichen Zwänge immer mitgedacht werden müssten. | |
„My Body, my Choice“ ist nicht ohne Grund der Slogan, mit dem | |
Feminist:innen auf der ganzen Welt für ihr Recht auf körperliche | |
Selbstbestimmung kämpfen – sind da Lipfiller etwa nicht mitgemeint? | |
Maxi sagt, sie sei damals erleichtert gewesen, als die Ärztin erkannt habe, | |
was ihr Problem sei. Für sie war das heilsam, endlich habe sie jemand ernst | |
genommen. Sie sagt aber auch, dass man vor allem bei großen irreversiblen | |
Eingriffen gründlich darüber nachdenken müsse. Und sich im Zweifelsfall | |
psychologische Hilfe holen sollte. | |
Ende August ist es wieder so weit. Maxi lässt sich die Lippen auffüllen. | |
Die Myself ist noch nicht ganz durchgeblättert, da kommt sie schon wieder | |
aus dem Behandlungszimmer heraus. Insgesamt hat die Prozedur nicht länger | |
als 10 Minuten gedauert. In der Praxis in einem der vornehmsten Viertel | |
Berlins geht es schnell und unpersönlich zu wie bei einem Billigfriseur. | |
Maxi drückt ein Taschentuch gegen den Mund, es blutet noch. 22 Mal wurde | |
zugestochen. Als sie das Taschentuch wegnimmt, sieht sie mit dem kleinen | |
blauen Fleck an der Lippe ein bisschen aus wie eine Kriegerin. | |
1 Oct 2023 | |
## LINKS | |
[1] https://vdaepc.de/wp-content/uploads/2023/04/2023_VDAEPC_Behandlungsstatist… | |
[2] https://www.zdf.de/nachrichten/panorama/schoenheits-operation-op-umfrage-10… | |
[3] https://www.zeit.de/2023/23/schoenheitsoperationen-stars-trends-ponytail-fa… | |
[4] https://twitter.com/thecommiemommy?lang=de | |
[5] https://www.zeit.de/2023/37/schoenheitseingriffe-op-ideale-sexismus-sophie-… | |
[6] https://www.freitag.de/autoren/katharina-koerting/resignativer-feminismus | |
[7] https://www.nytimes.com/2022/05/10/magazine/breast-reduction-feminism.html | |
[8] https://open.spotify.com/episode/4UgIgxoMTlZTM5CC25BCmx?si=JNwmLwwUTGuKehoq… | |
[9] https://www.theguardian.com/world/2014/aug/02/bad-feminist-roxane-gay-extra… | |
[10] https://geschichtedergegenwart.ch/ausweitung-der-subjektzone-ein-gespraech… | |
## AUTOREN | |
Anna Fastabend | |
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