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# taz.de -- Ungeschminkt auf dem roten Teppich: Kein Akt der Rebellion
> Pamela Anderson wird dafür gefeiert, dass sie auf dem roten Teppich kein
> Make-up trägt. Von Feminismus kann hier aber nicht die Rede sein.
Bild: Pamela Anderson bei der Verleihung der The Fashion Awards 2023 in der Roy…
Sie hat es schon wieder getan. Am Montagabend erschien [1][Pamela Anderson]
bei den British Fashion Awards top angezogen im cremefarbenen Anzug von
Victoria Beckham – aber ganz ohne Make-up. Also zumindest fast, denn der
Glanz ihrer Lippen verriet, dass ein Hauch Gloss zum Einsatz gekommen war.
Doch ansonsten schien ihr Gesicht frei von Schminke. Auch schon zur Pariser
Fashion Week im September kam Anderson ohne Make-up. Damals wie heute
überschlugen sich Promis und Medien in der Bewertung dieses Auftretens.
Eine Inspiration für viele Frauen, ein Ausbruch aus der Beauty-Norm und ein
Gegentrend zu herkömmlichen Schönheitsidealen. Dass sie sich traue, ohne
Make-up ein solches Event zu besuchen, sei „ein Akt des Mutes und der
Rebellion“, ein „Aufbruch zurück zur Natürlichkeit“ oder gleich der Beg…
einer „Revolution“.
Übertreibt mal nicht, möchte man ihnen entgegnen. Da hat eine Frau mal kein
Make-up getragen – und ist nicht in den bewaffneten Widerstand gegen das
Patriarchat getreten. Klar, was in unserem Alltag längst Normalität ist,
gilt nicht zwingend für die Modewelt. Dort herrscht auch im Jahr 2023 noch
eine nur mit sehr viel Geld zu erreichende Perfektion als Maßstab, wie eine
Frau auszusehen hat. Angesichts dieses Status quo ist es absurd, eine Frau,
die sich diversen Schönheitsoperationen unterzogen und vermutlich die
meiste Zeit ihres Lebens mit privaten Fitnesstrainer_innen und
Ernährungsberater_innen verbracht hat, die stets mit perfekt blondierten
Haaren und Designerklamotten in der Öffentlichkeit auftritt, nun als
Vorzeigefeministin zu bezeichnen. Einzig und allein deswegen, weil sie auf
Make-up verzichtet. Für eine feministische Revolution braucht es schon
etwas mehr.
Nun gilt es an dieser Stelle noch einmal deutlich zu sagen, dass die
56-Jährige selbstverständlich tun und lassen kann, was sie möchte. Und
vielleicht ist ihr Auftritt sogar eine Inspiration für einige ihrer
Star-Kolleginnen, sich künftig die Freiheit zu nehmen, so aufzutreten, wie
sie sich am wohlsten fühlen.
Doch im Abfeiern ihres Make-Up-freien Auftritts schwingt auch eine
Abwertung gegenüber Frauen mit, die sich gerne schminken. Schon seit Jahren
promoten Modemagazine und Influencer_innen den „No Make-Up“-Look, für den
mindestens ein Dutzend Kosmetikprodukte und 30 Minuten pro Tag benötigt
werden, um am Ende makellos ungeschminkt auszusehen. Hauptsache, natürlich!
Denn im Patriarchat gilt ein künstliches Aussehen als eine der größten
Beleidigungen für Frauen.
Dahinter steckt neben Sexismus vor allem Klassenhass. Wer sich stark
schminkt, wird im Internet oder auf der Straße schon mal als
„Prostituierte“ oder „Schlampe“ beschimpft. Frauen, denen man die Schmi…
im Gesicht ansieht, gelten in der Mehrheitsgesellschaft immer noch als
oberflächlich, billig und verblödet.
Denn Frauen sollen zwar gut aussehen, aber man soll bitte nicht erkennen,
wie viel sie dafür tun. Jeden Tag ins Fitnessstudio rennen, sich nach
Feierabend kurz mal [2][Filler spritzen] lassen [3][oder von einer Diät zur
nächsten hangeln] – alles voll in Ordnung, aber wehe, jemand trägt
künstliche Wimpern!
Um diesen widersprüchlichen Zustand etwas zu verändern und Frauen wirklich
die Möglichkeit zu geben, so auszusehen, wie sie sich selbst am wohlsten
fühlen, dafür braucht es eine echte Beauty-Revolution! Wenn eine normschöne
Frau beschließt, auf dem roten Teppich kein Make-up zu tragen, reicht das
leider nicht.
9 Dec 2023
## LINKS
[1] /Netflix-Film-ueber-Pamela-Anderson/!5911931
[2] /Debatte--Feminismus-Botox-und-Hyaluron/!5960894
[3] /Hype-um-eine-neue-Abnehmspritze/!5959218
## AUTOREN
Carolina Schwarz
## TAGS
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