Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- CatalanGate mit Pegasus-Spyware: Cyberangriffe auf Katalanenführer
> Im spanischen Katalonien sind 65 Personen aus der Unabhängigkeitsbewegung
> per Handy ausspioniert worden, behaupten kanadische Forscher.
Bild: Präsident der katalanischen Autonomieregierung Pere Aragonès
Madrid taz | Unabhängigkeitspolitiker und -aktivisten aus dem
nordostspanischen Katalonien sind über ihre Handys ausspioniert worden. Das
machte jetzt die kanadische Gruppe Citizen Lab öffentlich. Mindestens 65
Personen wurden demnach von 2017 bis 2020 Ziel von Spyware-Angriffen auf
ihr Telefon – darunter der jetzige Präsident der katalanischen
Autonomieregierung Pere Aragonès und seine drei Vorgänger, Quim Torra,
Artur Mas und der im belgischen Exil lebende Carles Puigdemont.
Citizen Lab, eine Forschungsgruppe für auf Cybersicherheit und
Menschenrechte der University of Toronto, taufte den Fall CatalanGate in
Anlehnung an den US-amerikanischen Watergate-Skandal. Zum Einsatz kam in 63
Fällen das [1][israelische Spyware-Programm Pegasus] und in vier Fällen das
aus dem gleichen Land stammende Programm Candiru.
Um die Handys zu infizieren, wurden Links per SMS oder Whatsapp verschickt,
meist mit der Aufforderung das Telefon zu aktualisieren oder mit
vermeintlichen Mitteilungen der spanischen Sozialversicherung. 51 Personen
gingen in diese Falle. Ihr Handys konnten fortan ausgelesen werden. Zudem
erlaubt Pegasus die Fernsteuerung von Kamera und Mikrofon.
Neben den vier Präsidenten der katalanischen Regierung wurden Mitglieder
der Zivilgesellschaft, Abgeordnete des katalanischen Parlaments und des
Europaparlaments sowie einige derer Angehörigen Opfer des Angriffs. Auch
Anwälte wurden ausspioniert, so Puigdemonts Rechtsbeistand Gonzalo Boyé und
Andreu Van den Eynde, Strafverteidiger des ehemaligen Stellvertreters von
Puigdemont, Oriol Junqueras, der mit elft weiteren
Unabhängigkeitsbefürwortern zu hohen Haftstrafen verurteilt wurde. Sie
hatten im Oktober 2017 ein Referendum über die Unabhängigkeit Kataloniens
abhalten lassen.
## Umstände verweisen auf Regierungsstellen
Citizen Lab kann „die Operation nicht hieb- und stichfest einer bestimmten
Regierung zuschreiben“. Doch würden „eine Reihe von Umständen auf
Verbindungen zu einer oder mehreren spanische Regierungseinrichtungen“
hinweisen.
Spaniens Innenministerium erklärte auf Presseanfragen, es habe ebenso wenig
wie die spanische Polizei Zugang zu Pegasus. Doch ermittelte die
Tageszeitung El País bereits im Juni 2020, dass der spanische Geheimdienst
CNI Kunde bei der israelischen Softwareschmiede NSO ist, von der Pegasus
stammt. Das Blatt berichtete schon damals über Angriffe auf die Telefone
katalanischer Politiker.
Citizen Lab hat Pegasus bereits 2018 auf Telefonen in 45 Ländern
festgestellt, darunter Ruanda, Bahrain, Kasachstan, Marokko, [2][Mexiko],
die Vereinigten Arabischen Emirate oder Saudi-Arabien.
Das Softwareunternehmen NSO will davon ebenso wenig gewusst haben wie vom
CatalanGate. Das Programm, das nur an Regierungen verkauft wird, diene dem
Kampf gegen die organisierte Kriminalität und den Terrorismus, heißt es
immer wieder aus Tel Aviv.
## Cyberspionage fällt in die Zeit von zwei Regierungen
Der katalanische Regierungschef Aragonès spricht von „einer neuen GAL
Version digital“. Die GAL war eine Gruppe, die in den 1980er Jahren einen
schmutzigen Krieg gegen die baskischen Separatisten führte.
Unidos Podemos, der kleinere der beiden Koalitionspartner in der spanischen
Regierung des Sozialisten Pedro Sánchez, verlangt, dass die
Verantwortlichen zur Rechenschaft gezogen werden. In den Jahren der
Cyberspionage regierten sowohl der konservative Mariano Rajoy als auch
Sánchez, damals noch ohne Koalition.
Puigdemonts Anwalt Boyé sieht darin den „größten Angriff auf die
Grundprinzipien eines demokratischen Staates, den es in den letzten
Jahrzehnten in Europa gegeben hat“. Er prüft derzeit rechtliche Schritte
gegen spanische Behörden und die Softwarefirma NSO.
20 Apr 2022
## LINKS
[1] /Israelischer-Hacker-ueber-Pegasus-und-NSO/!5781639
[2] /Journalistin-ueber-Drogenkrieg-in-Mexiko/!5823873
## AUTOREN
Reiner Wandler
## TAGS
Katalonien
Spanien
Cyberspionage
Carles Puigdemont
Pedro Sánchez
Podemos
Quim Torra
Mariano Rajoy
Katalonien
Katalonien
Spanien
Felipe VI.
Polizei
Jarosław Kaczyński
Polen
Schwerpunkt Überwachung
## ARTIKEL ZUM THEMA
Unabhängigkeitsbewegung in Spanien: Mit Pegasus und paralleler Polizei
Die spanische Regierung Rajoy ging jahrelang gegen die katalanische
Unabhängigkeitsbewegung vor. Dabei waren alle Mittel recht, auch
Spionagesoftware.
Konflikt Spanien-Katalonien: Amtsenthebung unrechtmäßig
Spanien hat bezüglich des Unabhängigkeitsreferendums die Rechte
katalanischer Politiker verletzt. Das befindet der
UN-Menschenrechtsausschuss.
Klage abgewiesen: Kleiner Dämpfer für Puigdemont
Das Gericht der Europäischen Union hat eine Klage des Katalanen Puigdemont
abgewiesen. Seine Immunität bleibt aber bestehen.
Monarchie in Spanien: Transparenzzwang im Königshaus
Spaniens Monarchie soll transparenter werden und sich künftig einer
Buchprüfung unterziehen. Ihr Ruf hat unter Altkönig Juan Carlos I.
gelitten.
Überwachung mit und ohne Pegasus: Willkommen im Panopticon
Nicht zuletzt die Enthüllungen über die Spähsoftware zeigen, dass wir
jederzeit unter Beobachtung stehen könnten. Massenüberwachung macht
befangen.
Spionage und Paranoia: Pegasus und andere Schnüffler
Das Ausgespähtwerden war mal eine kollektive Angst. Heute nutzen
Regierungen wie die polnische Pegasus, und viele zucken nur mit den
Schultern.
Skandal um Spionage-Software: Pegasus erreicht Polen
Auch Polen hat offenbar die Späh-Software Pegasus gegen
Regierungskritiker*innen eingesetzt. Die PiS versucht, den Skandal
herunterzuspielen.
Spionagesoftware „Pegasus“: BKA kaufte Spähsoftware bei NSO
Die umstrittene Spionagesoftware wird offenbar auch in Deutschland von
Sicherheitsbehörden genutzt. Die Opposition ist entsetzt.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.