# taz.de -- Acht Tipps zum Umgang mit der AfD: Schnappatmung hilft nicht | |
> Die AfD sitzt jetzt in acht Landtagen. Was tun? Ein paar Anregungen für | |
> eine selbstbewusste Auseinandersetzung mit Rechtspopulismus. | |
Bild: Zu verschlafen für‘s ZDF-„Morgenmagazin“? Co-AfD-Chefin Frauke Pet… | |
Ausgrenzen? Diffamieren? Streiten? Im Umgang mit der AfD lief in den | |
vergangenen Monaten vieles schief. Jetzt, wo sie in acht Landtagen sitzt, | |
ist klar: Weder Totstellen noch Schnappatmung helfen weiter. Acht | |
Anregungen für die Auseinandersetzung mit der Partei und den Versuch, den | |
demokratischen Teil ihrer WählerInnen zurückzugewinnen: | |
1. Nazikeule wegstellen | |
Die AfD ist eine Partei mit einem breiten Meinungsspektrum, das vom | |
wirtschaftsliberalen Konservatismus eines Jörg Meuthen bis zum völkischen | |
Nationalismus eines Björn Höcke reicht. Manche Positionen sind rassistisch | |
und rechtsextrem, aber nicht alle. Einige in der Partei arbeiten im Sinne | |
der Neuen Rechten daran, die Partei zum Transmissionsriemen zwischen | |
Konservatismus und Rechtsextremismus zu machen. Andere aber wünschen sich | |
schlicht die Union der achtziger Jahre zurück. Wer die Mitglieder und | |
Wähler der AfD pauschal als Nazis tituliert, verharmlost nicht nur den | |
Nationalsozialismus und seine modernen Fans. Er macht es den AfD-Anhängern | |
auch leicht, sich der Auseinandersetzung mit dem Hinweis zu entziehen, ihre | |
Kritik werde pauschal diffamiert. | |
2. Inhaltlich diskutieren | |
Die Weigerung der anderen Parteien, mit Spitzenpolitikern der AfD zu | |
diskutieren, war zwar sympathisch, aber falsch. Sie bestärkte das Bild, das | |
viele AfD-AnhängerInnen ohnehin haben: Die etablierten Parteien würden | |
sich, aus Arroganz oder Hilflosigkeit, der Auseinandersetzung mit den | |
Positionen der AfD entziehen. Das befeuerte nicht nur die antielitäre Wut | |
vieler AfD-Anhänger, es ließ die Parteispitze auch mit ihren einfachen | |
Antworten durchkommen. Erfolgversprechender: Argumentativ gut vorbereitet | |
in die inhaltliche Auseinandersetzung ziehen und dabei den eigenen Standort | |
stark machen. So wie es der Grüne Volker Beck im Gespräch mit Frauke Petry | |
bei Phoenix vorgemacht hat. Dann zeigt sich schnell, dass die AfD auf viele | |
Fragen keine Antworten hat. | |
3. In Talkshows cool bleiben | |
Ob Petry, Meuthen oder Beatrix von Storch – jeder aus der AfD-Spitze war in | |
den letzten Wochen mehrfach in den großen Fernsehtalkshows zu Gast. Dort | |
standen dann meist nicht die anberaumten Sachthemen im Vordergrund, sondern | |
die kalkulierten Provokationen der AfD. An ihnen arbeitete sich die Runde | |
mal mehr, mal weniger verzweifelt ab. Das Ergebnis: viel Redezeit und | |
Aufmerksamkeit für die AfD, wenig Erkenntnisgewinn, wie die Teilnehmer der | |
Runde etwa die Flüchtlingspolitik gestalten wollen. | |
4. Grenzen aufzeigen | |
Die AfD betont gern, eine bürgerliche Partei zu sein, die nichts mit | |
Rechtsextremismus zu tun habe. Immer wieder aber werden Kontakte zum | |
rechten Rand und entsprechende Äußerungen bekannt. Die rassistische Rede | |
über vermeintliche afrikanische und europäische Reproduktionsstrategien, | |
die Höcke bei der Denkfabrik der Neuen Rechten in Schnellroda gehalten hat, | |
ist die bekannteste davon. Das war kein Ausrutscher, sondern ist fester | |
Bestandteil der Partei – der der AfD auch Wählerstimmen aus dem | |
NPD-Spektrum einbringt. Die Parteispitze distanziert sich mal persönlich | |
von solchen Äußerungen, mal unterstellt sie, es seien Missverständnisse | |
oder böswillige Falschmeldungen. Konsequenzen zieht sie nicht. Wer aber | |
Höcke und Konsorten unwidersprochen krude und demokratiefeindliche Dinge | |
erzählen lässt, darf sich nicht unwidersprochen als bürgerliche Partei | |
bezeichnen. | |
5. Differenziert argumentieren | |
Auf komplizierte Probleme gibt es keine einfachen Antworten. Populismus | |
lässt sich nicht mit Populismus bekämpfen, sondern verschärft dessen | |
Wirkung nur. Wer, wie CSU-Chef Seehofer, in der Migrations- oder | |
Sicherheitspolitik populistische Lösungen anbietet, die sich nicht umsetzen | |
lassen, betreibt das Geschäft der AfD und feuert eine ohnehin schrille | |
Debatte weiter an. Und warum sollte man die Kopie wählen, wenn man auch das | |
Original haben kann? Die AfD liegt in Umfragen in Bayern derzeit bei 9 | |
Prozent. Die AfD-Wahlergebnisse am Wochenende haben alle Umfragewerte | |
deutlich überholt. | |
6. Politische Profile schärfen | |
Unter Merkel als Kanzlerin ist der Republik der politische Streit | |
abhandengekommen. Merkel hat die Union in die Mitte gerückt und ihre | |
Politik als „alternativlos“ dargestellt, die SPD hat mitgemacht. Beide | |
Parteien sind immer schwerer zu unterscheiden, und inzwischen betet gar der | |
grüne Landesvater Kretschmann für die Kanzlerin. In der Mitte ist es eng | |
geworden, am Rand ist Platz. Für den Streit, den eine lebendige Demokratie | |
braucht, sorgen derzeit allein die schrillen Töne der AfD. Das muss sich | |
ändern. | |
7. Rassismus widersprechen | |
Thilo Sarrazin und seine menschenverachtenden Thesen, die er als | |
vermeintliche Fakten mit dem Gestus des Tabubruchs vorgebracht hat, waren | |
eine Art Ouvertüre für die AfD. Seitdem sind Rassismus und | |
Islamfeindlichkeit in die Gesellschaft eingesickert, bis weit in die | |
bürgerliche Mitte hinein. Heute darf vieles widerspruchslos gesagt werden, | |
was vor Jahren noch gesellschaftlich geächtet war. In diesem Klima gedeiht | |
die AfD prächtig – und heizt es weiter an. Rassismus aber bleibt, auch wenn | |
er als Bürgersorge vorgetragen wird: Rassismus. Und muss jederzeit und | |
überall auch so benannt werden. | |
8. Angst mit Mut begegnen | |
Derzeit ist viel von Angst die Rede – vor zu vielen Flüchtlingen, zu vielen | |
Muslimen, zu vielen jungen Männern aus fremden Kulturen. Das treibt | |
Menschen auf die Straße und an die Wahlurne, sie schreien ihre Sorgen, aber | |
auch ihre Wut und ihren Hass in öffentlichen Veranstaltungen und den | |
sozialen Netzwerken heraus. Man kann den Eindruck bekommen, als seien sie | |
in der Mehrheit, aber das sind sie bei Weitem nicht. Viele Tausend | |
engagieren sich in Flüchtlingsheimen, aber politisch artikulieren sie sich | |
nicht. Wo bleibt der öffentliche Aufschrei, wo die große Demonstration für | |
eine humane Flüchtlingspolitik? Es ist an der Zeit, mit Mut und | |
Leidenschaft für eine Gesellschaft zu werben, wie wir sie uns vorstellen: | |
nicht rückwärtsgewandt und homogen, sondern bunt und weltoffen. | |
Der Einzug der AfD in acht Landtage ist ein Problem. Viel entscheidender | |
aber wird sein, ob Politik und Gesellschaft zulassen, dass sich die | |
Republik weiter nach rechts verschiebt. | |
17 Mar 2016 | |
## AUTOREN | |
Sabine am Orde | |
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