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# taz.de -- Militär im Verkehr: Asphalt als Abschreckung
> Deutschlands größter Autobahn-Neubau, die A20, ist seit langem in der
> Kritik. Die CDU will an ihr festhalten, um „verteidigungsfähig“ zu
> bleiben.
Bild: Nato-Übung an der polnischen Grenze in Frankenberg im April 2024
Glaubt man der CDU, wird Deutschland im norddeutschen Moor verteidigt. Denn
dort, auf rund 200 Kilometern, [1][parallel zur Nordseeküste, soll die
sogenannte „Küstenautobahn“ A 20 entstehen.] „Allein aus
sicherheitspolitischen Aspekten können wir überhaupt nicht mehr mit dem Bau
warten“, sagte Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther (CDU)
im März vor der Industrie- und Handelskammer. Die seit den 1990er Jahren
geplante A 20 sei unerlässlich für die Verteidigungsfähigkeit Deutschlands,
meint Günther. Die Autobahn würde die Ost- und Nordseehäfen verbinden,
strategisch wichtig für die Logistik [2][im Bündnisfall.] Ein neuer
Elbtunnel, Herzstück des Projekts, soll Truppenverlegungen auch dann noch
möglich machen, wenn zum Beispiel Brücken zerstört wurden.
Naturschutzverbände versuchen seit Jahren, das aus ihrer Sicht unnötige,
überteuerte, klima- und umweltschädliche Projekt mit Protesten und Klagen
zu verzögern. Bislang erfolgreich, für nur zwei der 18 Bauabschnitte gibt
es derzeit eine Baugenehmigung. Doch das Verteidigungsargument könnte das
nun ändern. „Es ist ein Druckmittel, und das macht uns Sorgen“, sagt
Susanne Grube, die sich in der Bürgerinitiative „A 20 Nie“ [3][gegen das
Autobahnprojekt engagiert.]
Die Debatte um die A 20 zeigt, wie sehr Deutschlands
Aufrüstungsbestrebungen auch die Verkehrspolitik prägen. Ob eine Straße
gebaut wird oder nicht, entscheidet auch, ob Panzer auf ihr zur Front
rollen könnten. Die sogenannte Zeitenwende wirft in der Verkehrspolitik
viele Fragen auf: Werden hier mit Verteidigungsmilliarden ansonsten
aussichtslose Prestigeprojekte durchgeboxt? Wird die Verkehrswende der
Verteidigungsfähigkeit geopfert? Oder profitieren am Ende sowohl die
Zivilgesellschaft als auch das Militär von einer Aufwertung der
Infrastruktur?
„Wir müssen bis 2029 kriegstüchtig sein“, sagte [4][Boris Pistorius (SPD)]
vor gut einem Jahr im Bundestag. Und der Bundesverteidigungsminister legte
noch eins drauf: „Wir müssen Abschreckung leisten, um zu verhindern, dass
es zum Äußersten kommt.“ Dieses Äußerste, der Kriegsfall, rückt seit
Februar 2022 immer weiter ins Zentrum politischer Debatten in Deutschland –
seit der russische Präsident Wladimir Putin den Krieg in der Ukraine zu
einer zerstörerischen Vollinvasion ausgeweitet hat. Die Bundesregierung
schraubte ihre Ausgaben fürs Militär in die Höhe, [5][lockerte die
Schuldenbremse und brachte ein 500 Milliarden Euro schweres Sondervermögen
für die Bundeswehr auf den Weg.]
## Ambitionierte Aufrüstungspläne
Putin könnte schon ab 2027 die nächste Eskalation angehen und europäische
Nato-Staaten angreifen, vermuten Expert:innen des International
Institute for Strategic Studies (IISS), einer britischen Denkfabrik für
Militärpolitik. Sollte der Krieg in der Ukraine bald enden, könne Russland
seine militärischen Kräfte fast sofort wieder bündeln und Nato-Mitglieder
„erheblich herausfordern“. Besonders dann, wenn die USA ihre Mitgliedschaft
in der Nato aufkündigen – so steht es in einem [6][Bericht des IISS], der
vor wenigen Wochen erschienen ist.
„Pistorius’ Zielvorgabe zeigt, wie ambitioniert die Aufrüstungspläne der
Regierung tatsächlich sind“, sagen hingegen antimilitaristische
Aktivist:innen von „Rheinmetall Entwaffnen“ der taz. „Dabei ist klar,
dass es nicht wirklich um eine militärische Überlegenheit gegenüber
Russland bei einem angeblich wahrscheinlichen Angriff 2029 geht.“ Die
europäischen Staaten in der Nato seien Putin gemeinsam längst überlegen,
und dass allein Deutschland angegriffen werde, sei nicht vorstellbar. Wozu
also die Zeitmarke? „Druck ausüben beim Ausbau militärischer
Produktionskapazitäten und beim Vorantreiben der Wehrpflicht“, meinen die
Aktivist:innen. Ziel sei nicht nur die Verteidigungsfähigkeit, sondern
auch, offensive militärische Fähigkeiten auszubauen.
Die Staaten im Verteidigungsbündnis bereiten sich aktiv auf das Szenario
vor, dass Russland weitere Teile Europas schon in den nächsten Jahren
angreift. In Zukunft wollen die Nato-Länder mehr Geld für Verteidigung
ausgeben, rund 5 Prozent oder auch mehr des jeweiligen
Bruttoinlandsprodukts. 1,5 Prozent sind für „verteidigungsrelevante
Infrastruktur“ vorgesehen. Was genau das bedeutet? Das ist bisher nicht
genau geregelt. Regierungen könnten den Begriff „verteidigungsrelevant“
ausdehnen und Milliarden für Prestigeprojekte mit begrenzter militärischer
Bedeutung ausgeben, wenn die Rahmenbedingungen nicht geklärt werden, warnt
Verteidigungsexperte Jannik Hartmann vom [7][Nato Defense College], einer
Militärakademie der Nato.
Außerdem sagt Deutschland im Rahmen des [8][Verteidigungskonzepts „New
Force Model“] zu, im Falle eines Angriffs in den ersten 30 Tagen 35.000
Soldat:innen an die Ostflanke zu verlegen. Dazu kommen noch
Truppenkontingente anderer Nato-Partner, von denen viele aufgrund der
zentralen Lage die Bundesrepublik passieren müssten. „Alles was an die
Ostflanke muss, muss durch Deutschland transportiert werden“, sagt
Hartmann.
## Panzer auf den Straßen sind extrem ineffizient
Tatsächlich ist die deutsche Infrastruktur dieser Herausforderung derzeit
kaum gewachsen. Neben bürokratischen Hürden und mangelnder Ausrüstung
stellt vor allem das marode Schienen- und Straßennetz die Militärlogistik
vor Herausforderungen. 2024 schrieb [9][Jannik Hartmann in einem Policy
Paper der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik (DGAP)], bei der er
damals tätig war, das Erreichen der im Rahmen des New Force Model
geleisteten Versprechen liege noch in weiter Ferne. „Deutschland hat
Handlungsdruck, das Ziel zu erfüllen und seinen Verpflichtungen
nachzukommen“, sagt Hartmann der taz auch jetzt noch.
Aber: Panzer und anderes schweres Kriegsgerät über Straßen zu
transportieren, sei extrem ineffizient. „Was militärische Infrastruktur
angeht, haben Autobahnen im Krisenfall nicht die größte Priorität“, sagt
Hartmann. Die Mehrheit der Transporte würden über die Schiene abgewickelt.
Die DGAP empfiehlt daher in ihrem Papier eine umfassende Sanierung der
Transportinfrastruktur, insbesondere der Schiene, mit einer Priorisierung
nach militärischen Gesichtspunkten. Besonders marode Eisenbahnbrücken
stellten derzeit Flaschenhälse in der Logistik dar. Aber auch die
Fernstraßenbrücken müssten dringend saniert werden.
Welche Straßen von der Bundeswehr und ihren Verbündeten genutzt werden
können, wird im Militärstraßengrundnetz erfasst. In einer Antwort auf eine
parlamentarische Anfrage gibt das Bundesverkehrsministerium an, dass zwar
nur 4,5 Prozent des gesamten Straßennetzes militärisch relevant sind, aber
48.000 der 66.000 Brücken in Deutschland Teil des Militärstraßengrundnetzes
sind. Der Verkehrswendeverband Transport & Environment (T&E) hat erst im
Frühjahr vorgerechnet, dass deutschlandweit 16.000 [10][Brücken] in der
Hand des Bundes baufällig sind. Der Ersatzneubau von Brücken auf Bundes-,
Landes- und kommunaler Ebene kostet laut T&E bis zu 100 Milliarden Euro.
Der schlechte Zustand der Infrastruktur sei schon lange absehbar gewesen –
hätte der Bund früher mit Sanierungen begonnen, wäre er billiger
davongekommen.
Ein weiterer Baustein der „Kriegstüchtigkeit“ liegt dem
Bundesverteidigungsministerium zufolge in der verbesserten Koordination
zwischen militärischer und ziviler Infrastruktur. Dafür hat das Ministerium
den bereits im März 2024 vollendeten, aber unter Geheimhaltung stehenden
„Operationsplan Deutschland“ erstellt, eine Art Notfallplan für Krieg,
Krisen und Katastrophen. Das Planwerk soll regeln, wo und wie
Truppenkontingente auf dem Weg zur Front untergebracht und versorgt werden
und wie Polizei und Rettungsdienste mit der Bundeswehr zusammenarbeiten
könnten. Auch die Kooperation mit zivilen Unternehmen wird im
Operationsplan geregelt.
## Verkehrsunternehmen machen sich für den Ernstfall bereit
Die DB Cargo zum Beispiel, Güterverkehrstochter der Deutschen Bahn, rühmt
sich mit der guten Zusammenarbeit zwischen Militär und Bahn. Die habe man
nur „in den letzten 80 Jahren aus den Augen verloren“, sagte [11][Sigrid
Nikutta,] die Vorsitzende der DB Cargo, auf der Münchner
Sicherheitskonferenz im Februar.
Vor 1945, im Zweiten Weltkrieg, transportierte die Reichsbahn allerdings
nicht nur Munition und Truppen im Namen der NS-Diktatur. Auch die
Deportation von rund 2,5 Millionen Jüdinnen und Juden wurde von dem
staatlichen Eisenbahnunternehmen abgewickelt.
Nikutta würde gern mehr auf Militärtransporte setzen. Ein Schwerlastzug
könne bis zu 18 Panzer transportieren, sagte die Bahnchefin. Schon jetzt
hätten Militärtransporte bei der DB Cargo Priorität, sobald die Nato ihre
schnellsten Eingreiftruppen, die sogenannte Speerspitze, einsetzt.
Allerdings leidet eben auch die Bahn unter der maroden Infrastruktur und
jahrelanger Misswirtschaft innerhalb des Konzerns. Die DB Cargo schreibt
tiefrote Zahlen, und auch das Mutterunternehmen, die Deutsche Bahn AG,
kriselt noch immer. Seit wenigen Tagen hat die DB eine neue Chefin –
[12][Evelyn Palla,] die bisherige Spitze der Regionalsparte DB Regio,
[13][soll sie wieder auf Kurs bringen.]
Mit der Autobahn GmbH hat die Bundeswehr Ende Juni eine neue Vereinbarung
für militärische Großraum- und Schwertransporte auf Autobahnen geschlossen.
Bisher galten dafür verschiedene Regeln in verschiedenen Bundesländern.
Verkehrsunternehmen machen sich also für den Verteidigungsfall bereit. Aber
die Infrastruktur bleibt ein Problem. Die Aktivist:innen von
Rheinmetall Entwaffnen halten die Debatte für verschoben. „Der Regierung
fällt erst dann auf, dass einstürzende Brücken ein Problem sind, wenn sie
merkt, dass diese dann auch nicht von Panzern überquert werden können“,
sagt die Gruppe auf taz-Anfrage. „Das ist an Zynismus nicht zu überbieten.“
Seit Jahren hätten Bewegungen für eine Verkehrswende gekämpft, bei der das
menschliche Bedürfnis nach Mobilität im Mittelpunkt steht. Aber bessere,
öffentliche Verkehrsinfrastruktur als „Nebenprodukt der
Kriegstüchtigmachung“?
## Zeitenwende in der Verkehrspolitik?
Davon halten die Aktivist:innen nichts. „Verkehrsinfrastruktur sollte
dafür da sein, Menschen und das, was sie zum Leben brauchen, möglichst
effizient zu transportieren. Kriegswaffen und diejenigen, die sie bedienen,
sind das absolute Gegenteil davon.“
Aber: Sowohl Verteidigungsexpert:innen als auch
Mobilitätswendeaktivist:innen plädieren für einen Erhalt
bestehender Infrastruktur. Beide ziehen die Schiene der Straße vor. Und auf
beiden Seiten raten Stimmen von aufwendigen Neubauprojekten ab, die lange
dauern, viel Geld verschlingen – und schlimmstenfalls auch klimaschädlich
sind.
So wie die A 20, die derzeit das größte Autobahnneubauprojekt in
Deutschland ist. Die Strecke soll von Bad Segeberg bei Lübeck bis zum
niedersächsischen Westerstede in der Nähe Oldenburgs führen.
Befürworter:innen des Megaprojekts, vor allem Wirtschaftsverbände und
die CDU-Landesverbände in Schleswig-Holstein und Niedersachsen, erhoffen
sich einen wirtschaftlichen Aufschwung und eine „verkehrliche“ Entlastung
der vielbefahrenen A 1, die südlich von der geplanten Trasse verläuft.
Umweltschützer:innen wie Susanne Grube vom [14][Bündnis gegen die A
20] fürchten hingegen katastrophale Schäden für die Umwelt. „Mindestens die
Hälfte der Trasse geht durch über 17 Meter tiefe Moorböden“, sagt Grube.
Laut Naturschutzverbänden würden dadurch nicht nur riesige Mengen an CO2
ausgestoßen, auch gingen Lebensräume zahlreicher bedrohter Tierarten
verloren. Der Moorfrosch etwa, „Lurch des Jahres 2025“, müsste dem Asphalt
weichen. Außerdem sei der militärische Nutzen zweifelhaft, heißt es beim
BUND Schleswig-Holstein. Durch den neuen Elbtunnel verlaufen keine Schienen
– über die aber müsste das meiste Kriegsgerät transportiert werden.
Außerdem sei ein Tunnel im Kriegsfall leicht angreifbar und dann sowieso
keine Hilfe mehr.
Also klagten die Umweltverbände und verzögerten so den Planungsprozess über
Jahre. Auch aus anderen Gründen geriet das Projekt zunehmend unter
Beschuss. „Aktuelle Verkehrsprognosen geben eine Autobahntrasse nicht her“,
sagt Grube. Zuletzt bescheinigte die Technische Universität Dresden in
einem im März veröffentlichten Gutachten ein unzureichendes
Kosten-Nutzen-Verhältnis. Im aktuellen [15][Bundesverkehrswegeplan] sind
für das Projekt 3,7 Milliarden Euro veranschlagt, der Naturschutzverband
Nabu schätzt die Kosten hingegen allein für niedersächsische Abschnitte auf
bis zu 7 Milliarden. Kosten, die bei Deutschlands stark
sanierungsbedürftiger Infrastruktur kaum leistbar seien, finden die
Expert:innen von T&E und anderen Gruppen. „Bestand geht vor Neubau“,
heißt es selbst im Bundesverkehrswegeplan.
## Umweltverbände üben scharfe Kritik
Doch das Sondervermögen brachte nun einen unerhofften Geldsegen und die
Realisierung des Megaprojekts ein Stückchen näher. „Zeitenwende“ also auch
in der Verkehrspolitik?
Im Bundeshaushalt 2025, den der Bundestag gerade erst beschlossen hat,
birgt allein der Etat von Boris Pistorius’ Verteidigungsministerium rund
62,4 Milliarden Euro – zehn Milliarden mehr als im Vorjahr. Das
Sondervermögen kommt noch oben drauf. Für 2025 sind das 24,06 Milliarden
Euro. Ein Teil der gut 62 Milliarden des Verteidigungshaushalts ist für das
Verkehrsministerium vorgesehen. Das war im vorherigen Haushalt für das Jahr
2024 und im Entwurf der Ampelregierung für den Haushalt 2025 nicht so.
Im Verteidigungsetat sind 15,8 Millionen Euro für „Überprüfung und Ausbau
öffentlicher Verkehrseinrichtungen und Versorgungsanlagen von militärischem
Interesse“ veranschlagt, knappe 1,24 Milliarden Euro für „Ausgaben und
Investitionen für verteidigungsrelevante Verkehrsinfrastruktur des Bundes“.
Ein Großteil davon, rund 1,12 Milliarden, soll direkt an die bundeseigene
Autobahn GmbH gehen, allein fast 900 Millionen Euro für den Erhalt und
Ausbau neuer Fernstraßen. Für die Schiene bleiben gut 117 Millionen Euro
übrig – deutlich weniger also.
Umweltverbänden stößt das sauer auf. Sie fürchten, dass sich die Regierung
auf eben diese Weise ein Schlupfloch für neue Autobahnen schafft. Die
Mittel, die in den Verteidigungshaushalt verschoben wurden, seien bisher
nicht zweckgebunden.
Die Diskussion um die A20 scheint diese Sorge zu bestätigen. Dabei spielt
das Projekt für die Verteidigungsszenarien der Bundeswehr keine
herausgehobene Rolle. Eine gut ausgebaute Verkehrsinfrastruktur trage zwar
grundsätzlich zu einer verbesserten Verteidigungsfähigkeit bei, sagt ein
Sprecher des Operativen Führungskommandos der Bundeswehr der taz, doch der
„Bau von Verkehrsinfrastrukturobjekten ist nicht Teil des Operationsplans
Deutschland“. Ohnehin würde die Autobahn nach derzeitigem Planungsstand
nicht bis 2029 – wenn Deutschland laut Pistorius kriegsbereit sein soll –
fertig werden.
„Der Versuch, das Vorhaben jetzt mit dem Argument der
‚Verteidigungsfähigkeit‘ zu rechtfertigen, wirkt konstruiert“, sagt auch
Jorrit Bosch, verkehrspolitischer Sprecher der Linken im Bundestag. „Es
geht hier nicht um Sicherheit, sondern um das Durchsetzen eines
umstrittenen Autobahnneubaus. Es gibt keine Hinweise darauf, dass diese
Strecke eine relevante militärische Rolle spielt“, meint Bosch. Gute
Argumente, die A 20 weiterzubauen, bringen also auch Deutschlands
Aufrüstungsbestrebungen nicht.
## Hin und her um die Finanzierung des Projekts
Trotzdem hält das Bundesverkehrsministerium an dem Projekt fest und treibt
die Planungen weiter voran. „Der Bund bekennt sich unverändert zum
vordringlichen Neubau der A 20“, sagt ein Sprecher des Ministeriums auf
taz-Anfrage. Sämtliche Abschnitte würden zudem in den neuen Finanzierungs-
und Realisierungsplan 2025 – 2029 der Autobahn GmbH des Bundes aufgenommen.
Das Verkehrsbudget im Haushalt 2025 enthält mehrere Millionen Euro für die
Planung und Vorbereitung des A-20-Neubaus.
Noch ist es also ein Hin und Her: Eine Liste des Bundesverkehrsministers
Patrick Schnieder (CDU) sorgte vor wenigen Tagen für einen Aufschrei unter
den Befürworter:innen des Projekts. Darin hieß es, die Finanzierung
für die Strecke sei nicht gesichert. Jetzt legte Kanzler Friedrich Merz
nach und versprach, dass der Bund sehr wohl für die neue A20 zahlen wird.
Ohnehin vermuten Verbände und Oppositionelle in Schnieders Liste ein
taktisches Manöver: Wenn der Verkehrsminister suggeriert, dass Geld für
bekannte Straßenprojekte fehlen, dann nur, um noch mehr Geld für die
Verkehrsinfrastruktur zu erzwingen.
Die Prioritäten der deutschen Verkehrspolitik haben also auch die
Zeitenwende nicht grundlegend verschoben. Noch immer werden Milliarden in
den Straßenneubau mit zweifelhaftem Nutzen gepumpt, noch immer wird weniger
saniert, als eigentlich notwendig ist. Neu ist nur, dass auch aus dem
Verteidigungsetat Geld in den Neubau fließen könnte.
Ein Nebeneffekt: Umweltaktivist:innen wie Susanne Grube könnten in
Zukunft auch Unterstützung von der antimilitaristischen Bewegung bekommen.
„Jetzt gilt es, [16][an Proteste wie die im Dannenröder Forst] gegen den
Autobahnausbau anzuknüpfen. Und ihn auf eine neue Stufe zu heben“,
kündigten die Aktivist:innen von Rheinmetall Entwaffnen an.
28 Sep 2025
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[7] https://www.ndc.nato.int/
[8] https://www.bmvg.de/de/aktuelles/nato-force-model-wie-deutschland-sich-ab-2…
[9] https://dgap.org/de/forschung/publikationen/militaerische-mobilitaet
[10] /Wiederaufbau-der-Dresdner-Carolabruecke/!6091614
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[14] https://www.a20-nie.de/
[15] https://www.bmv.de/DE/Themen/Mobilitaet/Infrastrukturplanung-Investitionen…
[16] /Nach-dem-Danni-und-vor-der-Autobahn/!5960609
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Nanja Boenisch
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