# taz.de -- Nato-Manöver in Hamburg: Vier Tage Ernstfall | |
> In Hamburg übt die Nato mit „Red Storm Bravo“ für einen Konflikt mit | |
> Russland. Die Arbeitsagentur nutzt das erstmals für den Test eines | |
> Zwangsgesetzes. | |
Bild: Schon 2024 präsent: Reservisten stehen hier vor dem Lagerhaus G, dem Ort… | |
Hamburg taz | Es war wohl das erste Mal, dass mit Kurt Leonards ein | |
Bundeswehrkommandant in der Hamburger Landespressekonferenz erschien. Es | |
ging um das Manöver „Red Storm Bravo“. Von Mittwoch bis Sonntag werden etwa | |
500 Soldaten und zahlreiche Zivilkräfte ein „fiktives, auf Artikel 4 des | |
Nordatlantikvertrages basierendes Szenario“ üben, bei dem ein Konflikt | |
[1][an der Grenze der baltischen Staaten] eskaliert und Truppen über | |
Hamburgs Hafen an die russische Grenze verlegt werden. | |
Beim [2][Manöver] werden keine Panzer durch Hamburg rollen, kein Schiff | |
werde fahren und kein Flugzeug fliegen, sagte Leonards. Die Übung solle | |
zeigen, wie die Zusammenarbeit von Bundeswehr, Polizei, Feuerwehr und | |
anderen relevanten Akteuren im Fall der Bündnisverteidigung organisiert | |
werden müsse. „Es ist wichtig, dass wir uns kennen, bevor wir uns | |
brauchen.“ | |
Konkret wird geübt, wie die im Hafen angelandeten Truppen über Straßen und | |
Autobahnen Richtung Osten fahren. Dies passiert am Donnerstag recht | |
öffentlich. Angemeldete Journalisten können in einem Bus neben der Kolonne | |
herfahren. Am Freitag gibt es dann für die Medien in der | |
Reichspräsident-Ebert-Kaserne eine „Leistungsschau Drohnenabwehr“. | |
Es folgt ein „Übungsszenario Personenschutz durch Feldjäger“ gemeinsam mit | |
Polizei und Landeskriminalamt. Am Samstag wird im Hafen auf dem Gelände von | |
Blohm + Voss die Lage „Massenanfall von Verwundeten“ geprobt, dabei | |
eingesetzt werden Hubschrauber. Und die wären dann schon zu hören und zu | |
sehen, sagte Leonards, „zumal unsere Hubschrauber leider etwas lauter | |
sind“. | |
## Nato-Übung in Hamburg nicht so groß | |
Es sei keine sehr große Übung, aber eine, „die man in der Stadt schon | |
merken wird“, ergänzte Innensenator Andy Grote (SPD). Von einem | |
Journalisten gefragt, warum man ständig die Bedrohung durch Russland | |
betone, sagte Grote, dass die baltischen Staaten Nato-Mitglieder sind, | |
damit unter deren Schutz stehen. Leonards ergänzte, man müsse sich [3][auf | |
denkbare Szenarien] vorbereiten. Grote bat die Hamburger inständig, sich | |
damit zu beschäftigen, was im Ernstfall zu tun sei. „Jeder muss sich | |
vorbereiten.“ | |
Kurt Leonards sagte später dem [4][Hamburger Abendblatt], dass die | |
Wahrscheinlichkeit für hybride Attacken etwa in Form eines Stromausfalls in | |
einem Stadtteil steige. In Finnland und Schweden sei es üblich, Vorräte mit | |
Lebensmitteln, Akkus, Kerzen, Konserven und Bargeld anzulegen. „Wenn man | |
sich heute auf die Angriffe auf unsere Infrastruktur vorbereitet, ist man | |
kein schräger Prepper mehr.“ | |
## Arbeitsagentur probt auch den Ernstfall | |
Auch die Arbeitsagentur Hamburg probt in dieser Woche den Ernstfall. Sie | |
nehme zwar nicht am Manöver teil, nutze aber den Rahmen von „Red Storm | |
Bravo“, um das „Arbeitssicherstellungsgesetz“ zu erproben, teilte sie mit. | |
Das stammt von 1968, war Teil der [5][Notstandsgesetze] und besagt, dass im | |
Spannungs- und Verteidigungsfall Beschäftigte in kriegswichtigen Bereichen | |
zum Dienst herangezogen werden können. Angewandt wurde es bisher nie. Nun | |
hat die Agentur die notwendigen Informationsunterlagen „versandfertig | |
gemacht“. | |
Die Linkspartei ruft mit dem Bündnis „[6][Gemeinsam gegen Red Storm Bravo]“ | |
für Freitag, 18 Uhr, zu einer Demo auf, die vom Rathausmarkt zu den | |
Landungsbrücken führen soll. „Wir lehnen das Manöver in dieser Form ab“, | |
sagt der friedenspolitische Sprecher [7][David Stoop]. „Wir lehnen nicht | |
die Bundeswehr als solche ab. Eine auf Verteidigung ausgelegte Armee ist | |
notwendig. Aber wir wünschen uns mehr globalen Austausch statt Panikmache | |
und Hochrüstung.“ | |
So sei es kritisch zu sehen, dass nun mit dem Arbeitssicherheitsgesetz ein | |
bisher nie angewandter Teil der Notstandsgesetze aktiviert werde. Laut dem | |
Gesetz könnten Beschäftigte in kriegswichtigen zivilen Bereichen unter | |
Androhung von einem Jahr Haft zum Dienst gezwungen werden. „Wesentliche | |
Freiheitsrechte und Gewerkschaftsrechte würden dabei ausgesetzt. Das lehnen | |
wir ab“, so Stoop. Zudem kritisiert er, dass bei dem Manöver auch der | |
Umgang der Bundeswehr mit zivilen Protesten geprobt wird. Das hatte die | |
Bundesregierung auf eine [8][Linken-Anfrage] geantwortet. | |
Es gibt ein weiteres Bündnis [9][„Kein Nato-Hafen Hamburg“], an dem der | |
Asta der Hochschule für Angewandte Wissenschaften, die Ver.di-Jugend | |
Hamburg und weitere Gruppen beteiligt sind, das für Samstag gar zu einer | |
bundesweiten Demo ab 13 Uhr vom Hauptbahnhof zu den Landungsbrücken | |
aufruft. Es solle bei dieser zivil-militärischen Zusammenarbeit geprobt | |
werden, „inwieweit sich die Bevölkerung in die Kriegspolitik einspannen | |
lässt“, heißt es im Aufruf, der weitere Aktionen ankündigt. | |
Eine davon war die tägliche Aufhängung eines riesigen Banners am | |
„Kriegsklotz“ am Bahnhof Dammtor durch die [10][Künstlergruppe Olmoo]. Seit | |
dem 19. September waren dort nachmittags für drei Stunden die Worte „Nein | |
zu Kriegsübungen in Hamburg“ zu lesen. Am Dienstagabend wurde das Tuch von | |
der Polizei abgehängt und zur Wache gebracht, wie Olmoo-Sprecher René | |
Senenko berichtet. „Mein Eindruck ist“, sagt er, „die Polizei wird immer | |
rigider, je näher das Manöver kommt.“ | |
25 Sep 2025 | |
## LINKS | |
[1] /Das-Eindringen-russischer-Kampfjets-in-Nato-Gebiet-wirft-Fragen-auf/!61115… | |
[2] https://www.bundeswehr.de/de/organisation/operatives-fuehrungskommando-der-… | |
[3] /Sorge-vor-Eskalation/!6105485 | |
[4] https://www.abendblatt.de/podcast/article410061016/kurt-leonards-jeder-soll… | |
[5] https://de.wikipedia.org/wiki/Notstandsgesetze_(Deutschland) | |
[6] https://www.die-linke-hamburg.de/fileadmin/lv/themen/Frieden/250926_Flyer_D… | |
[7] /Streitgespraech-ueber-Veteranentag/!6093746 | |
[8] https://dserver.bundestag.de/btd/21/015/2101521.pdf | |
[9] https://www.kein-nato-hafen.de/ | |
[10] https://www.olmoo.de/ | |
## AUTOREN | |
Kaija Kutter | |
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