# taz.de -- Tagung des Nato-Rates: Nato gibt sich unverbindlich entschlossen | |
> Verteidigungsbündnis spricht nach Russlands Verletzung polnischen und | |
> estnischen Luftraums Warnungen aus. Konsequenzen hat das wohl zunächst | |
> nicht. | |
Bild: Nato-Generalsekretär Mark Rutte am Dienstag im Hauptquartier des transat… | |
Brüssel taz | Erst Polen, nun Estland: Bei der Nato häufen sich die | |
Krisensitzungen. Erst ging es um unbewaffnete russische Drohnen, die in | |
Polen abgestürzt waren. Am Dienstag wurden die Alliierten erneut in der | |
Nato-Zentrale in Brüssel zusammengetrommelt, um über die Verletzung des | |
estnischen Luftraums durch russische Kampfjets zu beraten. | |
Diesmal sprachen sie Klartext: Die Nato hat „die gefährliche Verletzung des | |
estnischen Luftraums durch Russland am 19. September in aller Schärfe“ | |
verurteilt und Moskau vor weiteren Provokationen gewarnt. Man werde „alle | |
notwendigen“ Mittel einsetzen, um sich zu verteidigen, warnten die | |
Alliierten. | |
Der [1][Vorfall über der estnischen Ostseeküste] sei Teil eines Musters | |
russischer Aktionen, die „eskalierend sind, Fehleinschätzungen riskieren | |
und Leben gefährden“, heißt es in der Erklärung. Die Nato sei entschlossen, | |
diese Provokationen abzuwehren und dagegenzuhalten. | |
## Reaktion nach Artikel 4 und nicht nach Artikel 5 | |
Das klingt bedrohlich und ist auch härter formuliert als nach den | |
Drohnenabstürzen in Polen. Doch auch diesmal ging es nicht um den | |
Nato-Bündnisfall nach dem berühmten Artikel 5. Es waren vielmehr erneut | |
unverbindliche Beratungen nach Artikel 4 des Nato-Vertrags. | |
Der sieht Konsultationen vor, wenn ein Alliierter die Sicherheit bedroht | |
sieht, enthält jedoch keine Verpflichtung zu militärischem Beistand. | |
Russland wird gewarnt, doch die Nato schlägt (noch) nicht zurück. | |
Im Vorfeld der Brüsseler Beratungen hatte es noch ganz anders geklungen. | |
„Ich möchte diese Gelegenheit nutzen, um zu wiederholen und zu betonen, | |
dass die Vereinigten Staaten und ihre Verbündeten jeden Zentimeter des | |
Nato-Territoriums verteidigen werden“, sagte der neue US-Botschafter bei | |
den Vereinten Nationen, Michael Waltz. | |
Noch deutlicher drohte Polens Außenminister Radosław Sikorski. „Wenn ein | |
anderes Flugzeug oder eine andere Rakete absichtlich oder versehentlich | |
ohne Erlaubnis in unseren Luftraum eindringt, abgeschossen wird und die | |
Trümmer auf Nato-Gebiet fallen, kommen Sie bitte nicht hierher, um sich | |
darüber zu beschweren“. | |
Demgegenüber mahnte der deutsche Verteidigungsminister Boris Pistorius zu | |
Besonnenheit. Russlands Präsident Wladimir Putin sei leicht zu | |
durchschauen, so Pistorius. Er wolle den Westen provozieren und sich im | |
Falle einer Eskalation „völlig überrascht zeigen und die Nato | |
diskreditieren“. | |
## Rutte: Es bestand „keine unmittelbare Gefahr“ | |
Tatsächlich hat Russland alle Vorwürfe empört zurückgewiesen. Die | |
fraglichen drei russischen Kampfjets hätten sich auf dem Weg von Karelien | |
nach Kaliningrad befunden, sich dabei an die vorgeschriebene Flugroute | |
gehalten und den estnischen Luftraum nicht verletzt, heißt es in Moskau. | |
Estland hatte angegeben, drei Flugzeuge vom Typ MIG-31 hätten sich zwölf | |
Minuten über estnischem Gebiet befunden. Allerdings lässt sich aus den von | |
der Regierung herausgegebenen Karten ablesen, dass die Flugroute gradlinig | |
verlief, die MiGs steuerten nicht auf die Hauptstadt Tallinn zu. | |
Der estnische Sicherheitsexperte Eerik-Niiles Kross weist darauf hin, dass | |
es seit 2014 mehr als drei Dutzend ähnliche Vorfälle gegeben habe. Diesmal | |
habe der Überflug zwar provozierend lange gedauert – Grund zu Panik habe | |
aber nicht bestanden. Die russischen Kampfjets wurden schließlich von | |
Nato-Flugzeugen abgedrängt – ganz so, wie es die Einsatzregeln vorsehen. | |
Diese Regeln wurden nun in Brüssel bekräftigt. Es habe „keine unmittelbare | |
Gefahr“ bestanden, sagte Nato-Generalsekretär Mark Rutte. Daher sei es auch | |
nicht notwendig gewesen, die russischen Flugzeuge abzuschießen. Allerdings | |
müsse Russland mit seinen „eskalierenden“ Handlungen aufhören. | |
23 Sep 2025 | |
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## AUTOREN | |
Eric Bonse | |
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