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# taz.de -- Falsche Prioritäten beim Straßenbau: Autobahnprojekte im Norden f…
> Laut einer Studie haben Autobahnprojekte im Norden kein gutes
> Nutzen-Kosten-Verhältnis. Besser sanieren als neu bauen, sagt der
> Bundesrechnungshof.
Bild: Thema beim Klimastreik: A26 Ost bei einer Demo vor dem Hamburger Rathaus
Hamburg taz | Zu teuer und umweltschädlich: Nach einem [1][Gutachten des
Bundesumweltministeriums] kosten die drei norddeutschen
Autobahn-Neubauprojekte A20, A26 und A39 mehr als sie nutzen. Dazu kommt,
dass die Autobahngesellschaft des Bundes mehr Projekte geplant hat, als sie
stemmen kann, wie einem Hinweis des Bundesrechnungshofs zu entnehmen ist.
Die Rechnungsprüfer fordern, das Geld erstmal in dringend nötige
Ersatzbauten, insbesondere für marode Brücken zu stecken.
Die A20 soll von Lübeck kommend in einem großen Bogen westlich um Hamburg
herum führen. Bei der Fortführung der A26 geht es darum, die Autobahnen
eins und sieben quer durch Hamburg zu verbinden. Die A39 soll das
Niemandsland zwischen Lüneburg und Wolfsburg erschließen.
Allen drei Projekten bescheinigt die Studie „Vom Bundesverkehrswegeplan
(BVWP) 2030 zur Bundesverkehrswege- und Mobilitätsplanung“
Unwirtschaftlichkeit. Die Untersuchung mit dem Kürzel Uno-Trans hat das
vormalig grün geführte Umweltministerium in Auftrag gegeben. Die Idee:
einschätzen, ob die mit dem geltenden Bundesverkehrswegeplan 2016
angeschobenen Vorhaben zehn Jahre später immer noch als sinnvoll gelten
können.
Die Autoren von der TU Dresden, dem Institut für Klimaschutz, Energie und
Mobilität mit Sitz in Berlin und Greifswald sowie der Firma Bosch und
Partner haben sich ein Bewertungsschema mit unterschiedlichen Szenarien
ausgedacht.
## Nutzen-Kosten-Verhältnis null
Dabei testeten sie, wie sich das im BVWP errechnete
Nutzen-Kosten-Verhältnis der Bauprojekte unter verschiedenen Annahmen über
die Zukunft verändern würde. Sie rechneten zum Beispiel mit einer
inflationsbereinigten Baukostensteigerung um 73 Prozent, einem CO2-Preis
von 796 oder gar 2.000 Euro pro Tonne statt derzeit 72 Euro, und der
Zunahme klimafreundlicher Elektromobiliät.
Es kam heraus, dass vor allem die überproportional gestiegenen Baukosten
das Nutzen-Kosten-Verhältnis drastisch verschlechtern. Am zweitstärksten
wirkt ein steigender Preis für CO2-Emissionen.
Bei einem Szenario mit plus 73 Prozent Baukosten, knapp 796 Euro pro Tonne
CO2 und einer optimistischen Annahme zum Anteil der E-Autos kommen die
Autoren auf ein [2][Nutzen-Kosten-Verhältnis für die A20 von 0,9], für die
A26 auf 1,8 und die A39 ebenfalls auf 0,9. Ein Wert unter eins gibt an,
dass ein Projekt mehr kostet als es nutzt. Bei zwei geplanten Autobahnen
wären also die Kosten höher als der Nutzen. Bei einem beispielhaften
CO2-Preis von 2.000 Euro würden bei der A20 die Kosten dem Nutzen
entsprechen (eins), bei der A26 würden die Kosten den Nutzen übersteigen
(0,9), die A39 wäre unterm Strich sogar schädlich (-0,6).
Bei der A20 und der [3][A39 gehen die Gutachter zudem von einer „hohen
Umweltbetroffenheit“] aus. Sie stellen zwar fest: „Die Monetarisierung
weiterer Umweltwirkungen im Sinne von Zerstörungen oder Beeinträchtiungen
ist methodisch kompliziert und nicht zu empfehlen.“ Sie sollte aber in der
Priorisierung der Baupläne berücksichtigt werden.
Ebenfalls nicht in ihre Szenarien einfließen lassen die Autoren, wie viel
Fläche Autobahnen verbrauchen und damit den Boden als CO2-Speicher
zerstören. Das sei schwer zu bestimmen und trage zu einem kleinen Teil der
Treibhausgasemissionen bei.
Ausnahmen stellen dabei die A20 und die A26 dar, die über lange Strecken
kohlenstoffspeichernde Böden durchpflügen würden. Mehr als die Hälfte der
durch geplante Autobahnen und Bundesstraßen beeinträchtigten
Streckenkilometer entfällt auf diese beiden Autobahnen.
[4][Für die A26 Ost sollen zigtausend Kubikmeter Torfboden ausgebaggert]
und umgelagert werden, [5][damit das darin enthaltene CO2 weiterhin
gebunden] bleibt. „Es handelt sich um ein experimentelles Verfahren ohne
gesicherte Wirksamkeit“, kritisieren Umweltverbände. „Dennoch wird es in
den Planunterlagen als Klimaschutzmaßnahme ausgewiesen.“ Angesichts zu
erwartender hoher finanzieller und ökologischer Kosten fordert der BUND,
den Bau A26 Ost durch Hamburg zu stoppen und schlägt vor, [6][stattdessen
die maroden Elbbrücken zu erneuern].
Er kann sich dabei auf den [7][Bundesrechnungshof berufen. Der warnte schon
im April, das Bundesverkehrsministerium werde sein Ziel verfehlen], bis
2032 die wichtigsten Autobahnbrücken sanieren zu lassen. „Weiterer Verfall
und Brückensperrungen sind vorprogrammiert“, schreibt die Behörde. Das
Ministerium unterschätze den Modernisierungsbedarf und überschätze das
Leistungsvermögen der Autobahngesellschaft des Bundes, die für Planung, Bau
und Betrieb der Autobahnen zuständig ist.
## Brückensanierung vordringlich
Die Autobahngesellschaft werde aufgrund ihrer Personalknappheit selbst ihr
eigenes, niedriger angesetztes Modernisierungsziel verfehlen. „Die
Brückensanierung ist derzeit die vordringlichste Aufgabe der Autobahn GmbH
für die Straßenverkehrsinfrastruktur“, heißt es in dem Bericht.
Es sei nötig, sich erstmal auf die wichtigsten Brücken zu konzentrieren.
„Der Gesetzgeber könnte dies durch eine Umverteilung der Haushaltsmittel
zugunsten der Erhaltung und eine Zweckbindung für die Brückensanierung
unterstützen“, schlägt der Rechnungshof vor.
Auf den Bericht des Rechnungshofes und die Studie des
Bundesumweltministeriums weist auch der Verkehrsclub Deutschland (VCD) bei
seiner Kritik an der A39 von Lüneburg nach Wolfsburg hin: Abgesehen von den
Kostensteigerungen sei auch der Bedarf zweifelhaft. Inzwischen sei die
parallel verlaufende A14 fast fertig gebaut, die ebenfalls parallel
verlaufende A7 sechsspurig und die B4 zu großen Teilen dreispurig
ausgebaut.
Das derzeit CDU-geführte Bundesverkehrsministerium teilte mit, die Studie
des Umweltministeriums sei für eine Weiterentwicklung der
Bundesverkehrswegeplanung „nur bedingt verwendbar“. Die Aussagen zur
Wirtschaftlichkeit etwa basierten auf Ansätzen, die im Vergleich zur
Methodik des Bundesverkehrswegeplans deutliche Vereinfachungen enthielten.
Sie seien „somit als nicht belastbar einzustufen“.
Das niedersächsische Verkehrsministerium teilte mit, dass „eine zügige
Umsetzung der großen norddeutschen Infrastrukturprojekte im Interesse des
Landes Niedersachsen“ liege, weil sie Grundlage für Wachstum und
Beschäftigung seien. „Der Bund und das Land gehen davon aus, dass die A39
weiterhin wirtschaftlich ist“, so das Ministerium.
5 Sep 2025
## LINKS
[1] https://tu-dresden.de/bu/verkehr/ivs/voeko/die-professur/news/veroeffentlic…
[2] /Weiterbau-der-A20-in-Schleswig-Holstein/!6086931
[3] /Umstrittene-A39-in-Niedersachsen/!6029702
[4] /Verkehrsplanung-in-Hamburg/!6075270
[5] https://www.geo.uni-hamburg.de/bodenkunde/forschung/laufende-projekte/ekg-a…
[6] /Abriss-der-Koehlbrandbruecke/!6001455
[7] https://tu-dresden.de/bu/verkehr/ivs/voeko/die-professur/news/veroeffentlic…
## AUTOREN
Gernot Knödler
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