| # taz.de -- Autobahn-Bau: Bescheuerter Berliner Bauabschnitt | |
| > In der Hauptstadt wird Deutschlands teuerste Autobahn eröffnet. Seit | |
| > Jahren gab es Protest. Doch der hat nichts genützt – und es wird noch | |
| > weitergehen. | |
| Bild: Folgenloser Protest gegen den Ausbau der A100, hier im Oktober 2018 | |
| Berlin taz | Wenn am Mittwoch der [1][vorläufig letzte Abschnitt der | |
| Berliner Stadtautobahn A100] in Betrieb geht, wird kein Bändchen über die | |
| Fahrbahn gespannt und feierlich durchschnitten. Es werden lediglich die | |
| letzten Absperrungen abgeräumt, und die elektronischen Anzeigetafeln geben | |
| den Weg vom Dreieck Neukölln zur Anschlussstelle Treptower Park frei. | |
| Gefeiert wird zwar, allerdings in einem Hotel am Rande der gut 3 Kilometer | |
| langen Neubaustrecke. | |
| „Eine Autobahn, die so unbeliebt ist, dass sie versteckt im Hotel eröffnet | |
| werden muss, sagt alles“, findet Antje Kapek, verkehrspolitische Sprecherin | |
| der Grünenfraktion im Berliner Abgeordnetenhaus. „Wer Milliarden verbaut | |
| und sich dann nicht einmal traut, die Eröffnung öffentlich zu feiern, weiß | |
| selbst, dass dieses Projekt gegen den Willen der Anwohnenden stattfindet.“ | |
| Milliarden waren es zwar nicht, aber immerhin – laut der Autobahn des | |
| Bundes GmbH, der Bauherrin – rund 720 Millionen Euro, die seit dem ersten | |
| Spatenstich im Jahr 2013 zu Beton, Stahl und Asphalt geworden sind. Was den | |
| 16. Bauabschnitt der Bundesautobahn 100 in Bezug auf seine Länge zur | |
| teuersten Straße macht, die in diesem Land je gebaut wurde. | |
| Begleitet wurde das Projekt in den vergangenen Jahren vom wütenden, | |
| letztlich aber folgenlosen [2][Protest verkehrspolitischer AktivistInnen]. | |
| Auch am Mittwoch werden sie gegen die Autobahn trommeln – vor dem Hotel, wo | |
| die Feierstunde begangen wird, aber auch an der Abfahrtstelle, wo die A100 | |
| nun enden wird. Die Initiative „A100 wegbassen“ will dort in großen roten | |
| Lettern das „Ende“ jeglichen Autobahnbaus in Berlin fordern. | |
| Auch aus Sicht des „Aktionsbündnis A100 stoppen“ steht der 16. Bauabschnitt | |
| der A100 „exemplarisch für eine autogerechte Politik, die Umwelt, | |
| Gesundheit und demokratische Teilhabe ignoriert“. Die Entscheidungen über | |
| den Bau seien hinter verschlossenen Türen gefällt worden, die | |
| Öffentlichkeit nur punktuell und als Alibi beteiligt worden. Deshalb sei | |
| der Tag der Eröffnung auch „ein schwarzer Tag für die Demokratie“. | |
| ## Deutliche Zunahme des Verkehrs | |
| Schwarz sieht das Bündnis auch für die Menschen, die in den umgebenden | |
| Wohnvierteln leben. Auf einer Informationsveranstaltung für die | |
| AnwohnerInnen habe die Autobahn GmbH unterschlagen, dass in manchen Straße | |
| rund um das neue Teilstück das Aufkommen an Pkw und Lkw nach ihren eigenen | |
| Prognosen deutlich ansteige. So sei in Teilen der Neuköllner Sonnenallee | |
| eine Zunahme des Verkehrs um 52 Prozent zu erwarten. | |
| Dass es rund um die künftige Anschlussstelle im Ortsteil Treptow zu | |
| dramatischen Staus kommen könnte, liegt auch an einem Nadelöhr wenige | |
| hunderte Meter weiter: Dort schieben sich die Autos seit Jahren auf einer | |
| schmalen Behelfsbrücke über die Spree, seit die marode Elsenbrücke im Jahr | |
| 2018 gesperrt und abgetragen werden musste. Erst 2028 soll der Ersatzneubau | |
| abgeschlossen sein. | |
| Gleichzeitig, so die Kritik des Vereins Changing Cities, der für die | |
| Mobilitätswende kämpft, blockiere die Berliner Verkehrssenatorin Ute Bonde | |
| (CDU) dringend notwendige Maßnahmen der Verkehrsberuhigung. „Bonde spricht | |
| gern von Miteinander, liefert aber die Menschen dem Autoverkehr aus“, so | |
| Milena Rahaus von Changing Cities. Tatsächlich [3][kassierte die | |
| Senatsverwaltung für Verkehr unlängst Fördermittel von bis zu 100.000 Euro | |
| ein]. Mit denen wollte die Bezirksverwaltung von Treptow-Köpenick einen | |
| „Kiezblock“ mit Durchfahrtsperren in der Nähe der A100 planen – um zu | |
| verhindern, dass sich die Autolawine einen Weg durch die Nebenstraßen | |
| sucht. | |
| ## „Meilenstein für die Hauptstadt“ | |
| Natürlich fehlen auch nicht die erfreuten Stimmen: Einen „Meilenstein für | |
| die Hauptstadt“ sieht die Vereinigung der Unternehmensverbände in Berlin | |
| und Brandenburg (UVB) erreicht: „Endlich bekommen die Industrie- und | |
| Gewerbestandorte im Osten Berlins den dringend benötigten Rückenwind“, | |
| meint UVB-Hauptgeschäftsführer Alexander Schirp. Der Flughafen BER und die | |
| Zentren Frankfurt (Oder) und Dresden würden nun besser erreichbar und „die | |
| angrenzenden Stadtviertel vom Durchgangsverkehr erheblich entlastet“. Lärm- | |
| und Schadstoffemissionen seien künftig kein Problem mehr – dank zunehmender | |
| Elektromobilität. | |
| So wie die Berliner CDU – nicht aber die mitregierenden SozialdemokratInnen | |
| – ist Schirp der Ansicht, dass nun an einer Fortsetzung des Autobahnbaus | |
| „kein Weg vorbei“ führe. Er meint den im Bundesverkehrswegeplan vorgesehen | |
| und auch schon in der Vorplanung befindlichen [4][17. Bauabschnitt der | |
| A100]. Diese weiteren 4 Kilometer Autobahn, die bis an die Grenze des | |
| Ortsteils Prenzlauer Berg reichen sollen, würden freilich nach aktuellen | |
| Schätzungen tatsächlich die Milliardenmarke reißen. | |
| Denn um sich ihren Weg durch die dicht bebaute Stadt zu bahnen, würde die | |
| A100 dann unter anderem in einem Tunnel unter dem Bahnhof Ostkreuz | |
| hindurchtauchen. Und auf dem Weg dorthin müssten gleich mehrere beliebte | |
| Clubs dem Beton weichen. Für Antje Kapek von den Grünen steht deshalb außer | |
| Frage: „Mit der Inbetriebnahme muss endgültig Schluss sein mit den | |
| Verlängerungsphantasien.“ | |
| 27 Aug 2025 | |
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| ## AUTOREN | |
| Claudius Prößer | |
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