# taz.de -- Umstrittener Ausbau der A 100 in Berlin: Wer stoppt Nr. 17? | |
> Der 17. Bauabschnitt der A 100 schien irgendwie längst beerdigt. Aber | |
> mittlerweile ist das nicht mehr so sicher, wie auch eine Linken-Anfrage | |
> ergibt. | |
Bild: Hübsch, aber nur als Foto: irgendwo auf der A100 | |
BERLIN taz | Pascal Meiser ist sauer. Der Bundestagsabgeordnete und | |
stellvertretende Linken-Landeschef wollte vom Bundesverkehrsministerium | |
wissen, welche Pläne es für den Weiterbau der A 100 nach Friedrichshain | |
hat. Er fragte nach, „ob die Bundesregierung ausschließen kann, dass es | |
auch gegen den Willen des Landes Berlin für den 17. Bauabschnitt der | |
Autobahn A 100 zu weiteren Planungsvorbereitungen und einem | |
Planfeststellungsverfahren kommt“. | |
Erst nach nochmaligem Nachbohren teilte ihm der parlamentarische | |
Staatssekretär Steffen Bilger (CDU) knapp mit: Ja, es gebe „laufende | |
Planungen auf Basis des geltenden, durch Bundesgesetz legitimierten | |
uneingeschränkten Planungsauftrags“. Punkt. | |
Für Meiser, der in Friedrichshain-Kreuzberg kandidiert, durch das die | |
allerletzte Verlängerung der Autobahn führen soll, ein Unding: „Es ist ein | |
Affront ohnegleichen, dass die Bundesregierung die Planungen für den | |
Weiterbau einer höchst umstrittenen Autobahn auch gegen den erklärten | |
Willen eines Bundeslandes weiter vorantreibt.“ Andreas Scheuer müsse die | |
Planungen „unverzüglich auf Eis legen.“ | |
Zur Erinnerung: Der 17. Bauabschnitt würde vom Treptower Park bis zur | |
Storkower Straße führen und dabei neben der Elsenbrücke die Spree | |
überqueren, um sich dann in einem Doppelstocktunnel unter dem Ostkreuz | |
hindurchzubohren. Die letzte Schätzung über 530 Millionen Euro darf man | |
angesichts der Kostenexplosion beim im Bau befindlichen 16. Bauabschnitt | |
von Dreieck Neukölln bis Treptower Park als Wunschdenken bezeichnen. | |
Noch schlummert der „17. BA“ in der Schublade. Aber die Bundesregierung als | |
Bauherrin aller Autobahnen betrachtet ihn als untrennbare Einheit mit dem | |
16. Abschnitt – und deshalb als bereits „im Bau“. Dass es in den | |
vergangenen Jahren keine planerischen Tätigkeiten gab, ist der | |
Landespolitik geschuldet: Rot-Rot-Grün hatte 2016 in der | |
Koalitionsvereinbarung beschlossen, das Projekt einzufrieren. | |
## Ohne Weiterbau: Chaos? | |
Es war ein Zugeständnis der SPD an Linke und Grüne, die klar gegen den | |
Weiterbau sind. Bei den Sozialdemokraten windet man sich heute, wenn die | |
Rede auf den 17. Bauabschnitt kommt, aber es gibt eine klare Beschlusslage: | |
Das Ding soll kommen, weil nur dann der Verkehr geordnet abfließen könne, | |
hieß es kürzlich gegenüber der taz – von einem Abschluss in Treptow | |
erwartet auch die SPD ein Verkehrschaos. | |
Denn es ist die einhellige Meinung aller VerkehrspolitikerInnen, dass das | |
Gebiet am Treptower Park den Verkehrsstrom nicht aufnehmen kann, der sich | |
ab 2024 dorthin ergießen soll, vor allem solange die Elsenbrücke neu gebaut | |
wird und ein Nadelöhr darstellt. Im Zweifel müsse man sagen: „Die Autobahn | |
bleibt zu, bis die Brücke steht“, so der verkehrspolitische Sprecher der | |
Grünen-Fraktion, Harald Moritz. | |
Dass auf dem weit vorangeschrittenen 16. Bauabschnitt, wie von | |
AktivistInnen gefordert, Wohnungen oder Parks entstehen, ist | |
unwahrscheinlich – schließlich hat selbst die grüne Spitzenkandidatin | |
Bettina Jarasch nur gefordert, die Trasse derart „rückzubauen“, dass sie | |
etwa auch Platz für einen Radschnellweg böte. Und weil die A 100 nicht dem | |
Land gehört, hängt alles von Zusammensetzung und Reformeifer der nächsten | |
Bundesregierung ab. | |
## Linke: Günther muss ran | |
Was den 17. Bauabschnitt angeht, findet Pascal Meiser jedenfalls, die | |
„bisherige Argumentation der Senatsverkehrsverwaltung, der Bund würde nicht | |
gegen den Willen Berlins den Weiterbau der A100 vorantreiben“, breche „wie | |
ein Kartenhaus in sich zusammen“. Und die Bedingungen haben sich seit | |
diesem Jahr geändert, weil die Planungsleistungen vom Land auf die | |
bundeseigene Autobahn GmbH übergegangen sind. Trotzdem ist nach Ansicht der | |
Linken noch Luft: Eine Rückübertragung der Planfeststellungsbehörde an das | |
Land hält man in der Partei für möglich – bloß sei die grüne | |
Verkehrssenatorin Regine Günther gar nicht daran interessiert. Von ihr | |
erwartet Meiser, „dass sie und ihre Verwaltung endlich alles tun, um den in | |
Beton gegossenen Milliarden-Wahnsinn eines Weiterbaus noch zu stoppen“. | |
Günthers Sprecher Jan Thomsen winkt ab: „Eine solche | |
Beteiligungsmöglichkeit über die Planfeststellungsbehörde existiert nicht.“ | |
Die arbeite nicht politisch, sondern wickle nur, streng reguliert und | |
neutral, Planfeststellungsverfahren ab. Als Träger öffentlicher Belange | |
könne Berlin aber weiter seine Interessen einbringen. Und die Senatorin | |
habe „nie einen Zweifel daran gelassen, dass sie den Weiterbau der A 100 | |
klar ablehnt und für ein Relikt des letzten Jahrtausends hält“. | |
5 Jun 2021 | |
## AUTOREN | |
Claudius Prößer | |
## TAGS | |
A100 | |
Andreas Scheuer | |
Regine Günther | |
Verkehrswende | |
A100 | |
Grüne Berlin | |
Schwerpunkt Pressefreiheit | |
Schwerpunkt Klimawandel | |
Schwerpunkt Klimawandel | |
Schwerpunkt Klimawandel | |
Verkehrswende | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Wahlkampf an der A100: Ohne Scheuer geht es besser | |
Grünen-Spitzenkandidatin Bettina Jarasch trifft Treptower AnwohnerInnen der | |
künftigen A100 zum Ortstermin – und verspricht ihnen einiges. | |
Grüne Pläne für Stadtumbau in Berlin: „Mehr Bullerbü“ wagen | |
Die grüne Spitzenkandidatin Jarasch stellt Visionen für den klima- und | |
menschenfreundlichen Stadtumbau vor. Sie grenzt sich damit von der SPD ab. | |
Eingeschränkte Pressefreiheit verteidigt: „Lügen und Erinnerungslücken“ | |
Bei der A100-Blockade wurden Journalisten in ihrer Arbeit behindert. Verdi | |
und Linke kritisieren die Senatsauskunft zu den Polizeimaßnahmen. | |
Umfrage zum Bau von Autobahnen: Die Menschen sind straßenmüde | |
Mehr als 40 Prozent der Deutschen wünschen sich einen Baustopp bei | |
Autobahnen. Was heißt das für den Bundesverkehrswegeplan? | |
Anti-Autobahn-Protest in Berlin: Das Recht auf Blockade | |
400 Menschen beteiligen sich an Aktionen gegen die A 100. Fast alle weigern | |
sich, Identitäten preiszugeben. Die Polizei filmt Gesichter und lässt die | |
meisten gehen. | |
Proteste gegen Autobahnen in Berlin: Fahrbahnen zu Freibädern | |
Die Proteste gegen den Weiterbau der A100 werden radikaler: „Sand im | |
Getriebe“ hat für Samstag eine Massenblockade der Baustelle angekündigt. | |
Anti-Autobahn-Aktionstag: Mit Maleranzügen auf die A 100 | |
Die Klimabündnisse Sand im Getriebe und Ende Gelände wollen den Ausbau der | |
Stadtautobahn in Berlin stoppen. Eine Massenaktion ist am 5. Juni geplant. | |
Debatte über Stadtautobahn: Linke will A 100 ausbremsen | |
Die Verlängerung der Stadtautobahn wird erneut zum Wahlkampfthema. Die | |
Linke schlägt dem Koalitionspartner Grüne jetzt eine Guerillataktik vor. |