| # taz.de -- Eingeschränkte Pressefreiheit verteidigt: „Lügen und Erinnerung… | |
| > Bei der A100-Blockade wurden Journalisten in ihrer Arbeit behindert. | |
| > Verdi und Linke kritisieren die Senatsauskunft zu den Polizeimaßnahmen. | |
| Bild: Die Polizei gewährleistet die freie Berichterstattung | |
| Berlin taz | Am Morgen des 5. Juni hatte eine Gruppe von | |
| Journalist*innen die Klimaaktivist*innen von Sand im Getriebe bei | |
| ihrer [1][Besetzung der Baustelle der A100] begleitet. Ihr Arbeitseinsatz | |
| endete unmittelbar in einer polizeilichen Maßnahme: Sie wurden in Gewahrsam | |
| genommen und erhielten nach Abgabe ihrer Personalien Platzverweise. Auch im | |
| weiteren Verlauf des Tages behinderte die Polizei ihre Arbeit. | |
| Zu dieser „polizeilichen Einschränkung der Pressefreiheit“ haben die | |
| Linken-Abgeordneten Niklas Schrader und Michael Efler eine Kleine Anfrage | |
| gestellt. Die Antwort der Senatsverwaltung des Inneren, die sich auf die | |
| Angaben der Polizei bezieht, liegt der taz exklusiv vor. Daraus geht | |
| hervor, dass gegen die Journalist*innen aufgrund des „Anfangsverdachts | |
| des Hausfriedensbruchs“ ermittelt wurde. Ihre Identitäten seien nach der | |
| Einkesselung „priorisiert festgestellt“ worden; weitere einschränkende | |
| Maßnahmen habe es nicht gegeben. | |
| Platzverweise seien nicht erteilt worden, eine erneute | |
| Personalienüberprüfung der Gruppe und Durchsuchung eines Journalisten seien | |
| Polizei und Innenverwaltung nicht bekannt, heißt es. Die Einschränkung der | |
| Berichterstattung bei einer zweiten [2][Besetzung am Treptower Park] sei | |
| lediglich aus Gründen des „Schutzes“ der Medienvertreter*innen | |
| erfolgt. | |
| Die Deutsche Journalistinnen- und Journalisten-Union bei Verdi reagiert auf | |
| die Antworten entsetzt: „Das ist eine Mischung aus Lügen, Erinnerungslücken | |
| und PR-Washing“, sagt [3][Landesgeschäftsführer Jörg Reichel] der taz. So | |
| sei gegen die Gruppe nach der ersten Identitätsfeststellung ein | |
| „großflächiger Platzverweise“ ausgesprochen worden, so Reichel, der selbst | |
| vor Ort war und ebenfalls von den Maßnahmen betroffen war. | |
| ## Berichterstattung verhindert | |
| Es sei eine „Lüge“, dass ihnen das Fotografieren der Besetzung von einer | |
| Brücke aus gestattet worden sei. Als „skandalös“ bezeichnet Reichel die | |
| Nichtantwort auf eine zweite Kontrolle zwei Stunden später abseits des | |
| Geschehens, als die Fotograf*innen gerade dabei waren ihre Bilder zu | |
| verschicken. Dabei kam es auch zur Durchsuchung eines Journalisten, der | |
| zuvor nach dem Rechtsgrund für die Maßnahme und einer Dienstnummer gefragt | |
| hatte. „Dass die Polizei keine Kenntnis davon haben will, wirft die Frage | |
| auf, wie sie ihr Einsatzverhalten dokumentiert“, so Reichel. | |
| Dass die Polizei Journalist*innen bei der Blockade in Treptow am | |
| Vormittag 150 Meter auf Abstand hielt, begründet sie mit Gefahren auf der | |
| Baustelle und dem Schutz vor sich „aggressiv“ verhaltenden | |
| Klimaschützer*innen. Reichel widerspricht: Weder habe es auf dem sandigen | |
| Grundstück Gefahren gegeben, noch sei von den Aktivist*innen eine | |
| Bedrohung ausgegangen: „Hier wird der Schutz der Journalist*innen gegen | |
| die Journalist*innen gerichtet.“ Reichel zufolge habe die Polizei die | |
| Medienvertreter*innen nicht vorgelassen, um die Aktivist*innen | |
| „auszuhungern und zur [4][Abgabe ihrer Personalien zu bewegen]“. | |
| Über die andauernde Speicherung der Daten der Journalist*innen will | |
| sich die dju beim Innen- und Justizsenator und der Polizeipräsidentin | |
| beschweren, wie die Landesvorsitzende Renate Gensch der taz sagte. Bereits | |
| am 15. Juni habe es mit dem Leiter der Polizeipressestelle hierzu ein | |
| Gespräch gegeben – bislang ohne Ergebnis. | |
| In der Antwort ist die Rede von „zwei Strafanzeigen – eine wegen des | |
| Verdachts des Hausfriedensbruches und eine wegen Verdachts der | |
| Sachbeschädigung“, die an dem Tag der Besetzung gefertigt worden seien. Ob | |
| sich diese gegen Journalist*innen richten, geht aus der Antwort nicht | |
| hervor. Aufgrund des friedlichen Verlaufs der Proteste hatte die Hausherrin | |
| der Baustelle, die Autobahn GmbH, angekündigt, gegen die Besetzer*innen | |
| keine Strafanzeige zu stellen. Die Polizei hatte dennoch Videoaufnahmen von | |
| allen Teilnehmer*innen angefertigt. Diese müssten, wenn nicht doch noch | |
| eine Anzeige folgt, nach drei Monaten gelöscht werden. | |
| Linken-Politiker Niklas Schrader nennt die Antworten auf die Anfrage | |
| „beschönigend“. Sowohl auf dem Privatgelände der Autobahn GmbH als auch in | |
| öffentlich zugänglichen Bereichen sei „die Pressefreiheit eingeschränkt“ | |
| worden. Er forderte einen „verbindlichen Kodex zur Garantie der | |
| Pressefreiheit bei großen Polizeieinsätzen“. | |
| 5 Jul 2021 | |
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| ## AUTOREN | |
| Erik Peter | |
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