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# taz.de -- Studie über Autobahnausbau: Neue Straßen streichen und sparen
> Die Bundesregierung ist knapp bei Kasse, es drohen Kürzungen bei der
> Schiene. Forscher:innen haben errechnet, wie sich das verhindern
> ließe.
Berlin taz | Wenn das Bundesverkehrsministerium seine Pläne für neue
Straßen stoppt, könnte das rund 20 Milliarden Euro einsparen. Das haben
Forscher:innen des Forums Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft [1][in
einer Studie errechnet], die sie am Montag veröffentlicht haben. Der Bund
für Umwelt- und Naturschutz (BUND), die Gewerkschaft Verdi, die
Klima-Allianz Deutschland und der ACE Autoclub Europa haben die
Untersuchung in Auftrag gegeben.
Geplante Straßenneubauprojekte sind laut den Studienautor:innen
deutlich teurer, als das Ministerium im sogenannten Bundesverkehrswegeplan
2030 annimmt. Das mache die Projekte unwirtschaftlich.
Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) solle sie daher streichen,
fordern die Verbände – das eingesparte Geld wiederum solle in die Sanierung
von Brücken und in die klimafreundlichere Schiene fließen.
„Die aktuelle Ausgestaltung des Bundesverkehrswegeplans beruht auf über
zehn Jahre alten Annahmen“, sagt Christine Behle, stellvertretende
Verdi-Vorsitzende. Der Plan wurde im Jahr 2016 aufgesetzt und [2][gibt die
Entwicklung der Verkehrsinfrastruktur bis 2030 vor].
Nun sei der finanzielle Aufwand, der 2016 für die Vorhaben veranschlagt
wurde, längst überholt. So seien etwa die Kosten eines Klimaschadens, den
eine neue Autobahn in Zukunft verursacht, bisher deutlich zu niedrig
angesetzt worden. „Massive Kostensteigerungen“ führten dazu, dass alle
geplanten Projekte zusammen „die zur Verfügung stehenden Mittel um mehr als
40 Prozent übersteigen“, heißt es in der Studie.
## Kein Geld für Straßenneubau
Die Ampel-Koalition verhandelt im Moment mühevoll über den Bundeshaushalt
2025. Finanzminister Christian Lindner (FDP) hat vor Kurzem angedeutet,
dass das Verkehrsministerium unter Wissing mit Kürzungen rechnen müsse.
Da biete das Ergebnis der FÖS-Untersuchung eine Chance, sagt Jens
Hilgenberg, Leiter Verkehrspolitik beim BUND: Das Haushaltsloch lasse sich
stopfen, wenn Investitionen in Sanierungen und Schiene priorisiert werden.
„Für Straßenneubau ist kein Geld mehr da“, betont Hilgenberg. Und: Es feh…
[3][an Personal- und Planungskapazitäten], sagt Kerstin Hurek,
verkehrspolitische Leiterin beim ACE. Auch deshalb müsse der Bau komplett
neuer Infrastruktur hintangestellt werden.
Die taz hat das Bundesverkehrsministerium um eine Stellungnahme zu den
Forderungen der Verbände gebeten, die Anfrage blieb aber bis
Redaktionsschluss unbeantwortet.
Zu den unwirtschaftlichsten Projekten gehöre der Ausbau der A8 zwischen
München und Salzburg, sagt Hilgenberg. Die Planungen dafür laufen seit
Jahren, aus bisher vier Spuren sollen sechs Spuren plus Standstreifen
werden. Im April klagte der bayerische Ableger des BUND, der Bund
Naturschutz (BN). „Der gesamte A8-Ausbau ist das klimaschädlichste
bayerische Projekt im Bundesverkehrswegeplan“, sagte Martin Geilhufe, der
Landesbeauftragte des BN, damals.
## A20 besonders unwirtschaftlich
Außerdem lässt sich laut Hilgenberg besonders viel Geld sparen, wenn die
sogenannte Küstenautobahn A20 gestoppt wird, die zwischen dem
niedersächsischen Westerstede im Landkreis Ammerland und Drochtersen im
Landkreis Stade entstehen soll. Auch hier sind die Planungen schon
jahrzehntealt. Entlang der geplanten Trasse dort haben Bürger:innen rund
30 [4][Initiativen gegen die Schnellstraße] gegründet.
Wim Deekens ist einer von ihnen und seit rund 15 Jahren aktiv. „Wenn das
Verkehrsministerium eine neue Kosten-Nutzen-Rechnung machen würde, wäre der
Ausbau tot“, meint er. Weil die Bundesregierung gerade knapp bei Kasse sei,
ist er überzeugt: „Jetzt ist ein guter Moment, das Projekt noch mal infrage
zu stellen.“
1 Jul 2024
## LINKS
[1] https://foes.de/publikationen/2024/2024-06_FOES-BVWP.pdf
[2] /Bundesverkehrswegeplan-in-der-Kritik/!5996189
[3] /Wohnungsnot-in-Deutschland/!6000241
[4] /Verkehrsclub-Vorstand-ueber-die-A20/!5926316
## AUTOREN
Nanja Boenisch
## TAGS
Verkehrswende
Schwerpunkt Klimawandel
Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland
Studie
Autobahnbau
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