| # taz.de -- Kompromiss für umstrittenen Bauabschnitt: Umweltschützer verzicht… | |
| > Die A20 bei Bad Segeberg war in schiefes Licht geraten, weil ihr Nutzen | |
| > fragwürdig ist und Fledermäuse gefährdet. Nun zeichnet sich ein | |
| > Kompromiss ab. | |
| Bild: Hier geht's nicht weiter: aktuelles Ende der A20 vor Bad Segeberg | |
| Die Autobahn A20 südlich von Bad Segeberg kann möglicherweise bald | |
| weitergebaut werden. Wie der schleswig-holsteinische Landesgeschäftsführer | |
| des Bundes für Umwelt und Naturschutz (BUND), Ole Eggers, bestätigte, | |
| könnte es bis Mittwoch eine Einigung zwischen seinem Verband und der | |
| Landesregierung geben. In diesem Fall würde der BUND seine Klage gegen den | |
| Bauabschnitt nicht weiterverfolgen und im Bundeshaushalt könnte Geld für | |
| das Projekt freigegeben werden. | |
| Der 20 Kilometer lange Abschnitt 3 soll Teil einer 500 Kilometer langen | |
| Küstenautobahn von der polnischen Grenze bis zur Weser werden. Zurzeit | |
| endet die Autobahn vor Bad Segeberg. Auf dem Autobahnabschnitt ließe sich | |
| die Stadt umfahren, wovon sie sich eine große Entlastung verspricht. | |
| Aus Sicht der Umweltverbände Nabu und BUND ist die Umfahrung problematisch, | |
| weil sie die 20.000 bis 30.000 Individuen umfassende Fledermauspopulation | |
| in der Segeberger Kalkberghöhle bedroht. Insbesondere gehe es dabei um die | |
| Teich- und die Bechsteinfledermaus, deren Population kurz vor dem Kollaps | |
| stehe. „Zwischen dem Weserbergland und Südschweden ist das der genetische | |
| Pool schlechthin“, sagt BUND-Geschäftsführer Eggers. | |
| Unter anderem deswegen [1][hat das Bundesverwaltungsgericht den | |
| Planfeststellungsbeschluss für den Autobahnabschnitt 2013] für | |
| „rechtswidrig und nicht vollziehbar“ erklärt. Die Bestände und die | |
| Flugrouten der Fledermäuse seien nicht nach „den besten wissenschaftlichen | |
| Erkenntnissen“ ermittelt worden. Zudem hätten Alternativtrassen gründlicher | |
| geprüft werden müssen. | |
| ## Erfolgreich nachgearbeitet | |
| Dass der BUND bereit wäre, von einer Fortführung der Klage abzusehen, | |
| erklärt Eggers damit, dass das Land und die Planungsgesellschaft Deges | |
| seither eine Menge nachgebessert haben. Den Schutz der Haselmaus etwa | |
| hätten die Behörden erfolgreich abgearbeitet. Es gebe daher immer weniger | |
| Kritikpunkte, auf die sich eine Klage stützen könne, sagt der | |
| BUND-Geschäftsführer. | |
| Eggers lobt auch die Bereitschaft, des federführenden | |
| Wirtschaftsministeriums unter Führung des CDU-Politikers Klaus Ruhe Madsen, | |
| [2][sich außerhalb des Gerichtssaals zu einigen]. „Das ist schon ein | |
| Verhandeln auf Augenhöhe“, sagt der BUND-Geschäftsführer. | |
| Inhaltlich ist der Schutz der Fledermäuse komplex. Die nachtaktiven Tiere | |
| meiden das Licht. Die sich ausbreitenden, hellen Siedlungen blockieren ihre | |
| Flugschneisen. Sogar einige der eigens geplanten Überbrückungen für die | |
| Fledermäuse führten deshalb jetzt in Sackgassen, sagt Eggers. Für den | |
| Schutz der Tiere müssen deshalb viele Akteure eingebunden werden. | |
| Darüber hinaus gelte es, die Kalktuffquellen im Travetal zu schützen. | |
| Dieser besondere Lebensraum werde durch den Stickoxidausstoß des | |
| Autoverkehrs gefährdet. Stickoxidausstoß reagiert mit Wasser zu Säure, die | |
| den Kalk angreift. Aus Emissionsschutzgründen müssten deshalb Schutzwände | |
| gebaut werden und Autos langsamer fahren. | |
| Um zu einer Einigung zu kommen, ist noch einiges an Gesprächen nötig – | |
| sowohl innerhalb des BUND und der Landesregierung, als auch zwischen den | |
| Verhandlungsparteien. „Wir könnten am Ende der Gespräche sein“, formuliert | |
| Eggers vorsichtig. Harald Haase, der Sprecher des Wirtschaftsministeriums, | |
| bestätigt lediglich, dass die Gespräche noch laufen. | |
| ## Erfolg für Wirtschaftsministerium wichtig | |
| Für das Wirtschaftsministerium ist ein Erfolg der Verhandlungen auch | |
| deshalb wichtig, weil Ende des Monats über den Bundeshaushalt entschieden | |
| wird. Bleibt die Klage bestehen, wird es erst mal kein Geld für den | |
| Autobahnabschnitt geben und das Projekt sich um weitere Jahre verzögern. | |
| Umstritten ist die A20 nicht nur in Schleswig-Holstein, sondern auch in | |
| Niedersachsen, führt sie doch zur Hälfte durch Moor- und Marschgebiete, die | |
| viel Kohlendioxid speichern. In Schleswig-Holstein umfährt sie in einem | |
| großen Bogen Hamburg, um dann bei Glückstädt in einem Tunnel die Elbe zu | |
| unterqueren. Die Klagen gegen den Tunnel wurden letztinstanzlich | |
| abgewiesen. | |
| Die A20 war zuletzt wie andere Autobahnprojekte in schiefes Licht geraten, | |
| weil ihr Nutzen angesichts steigender CO2-Preise fragwürdig ist. Das hatte | |
| eine [3][Studie im Auftrag des Bundesumweltministeriums ergeben]. | |
| Darüber hinaus hatte der Bundesrechnungshof gewarnt, dass die | |
| Autobahngesellschaft des Bundes nicht einmal genug Geld für die nötigen | |
| Brückensanierungen eingeplant habe. Ende September einigten sich | |
| Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) und Bundesfinanzminister Lars Klingbeil | |
| (SPD) aber darauf, die Finanzierung baureifer Autobahnprojekte | |
| sicherzustellen. | |
| 10 Nov 2025 | |
| ## LINKS | |
| [1] /Autobahnbau-rechtswidrig/!5055535 | |
| [2] /Weiterbau-der-A20-in-Schleswig-Holstein/!6086931 | |
| [3] /Falsche-Prioritaeten-beim-Strassenbau/!6109877 | |
| ## AUTOREN | |
| Gernot Knödler | |
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