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# taz.de -- Abschiebung von Afghan:innen: Aufnahmezusage ist nicht gleich Aufna…
> Gefährdete Afghan:innen sind ausschließlich durch Aufnahmezusagen nach
> dem Bundesaufnahmeprogramm geschützt. Das hat jetzt ein Gericht
> entschieden.
Bild: Nach langer Wartezeit sind mehrere Menschen aus Afghanistan mit Aufnahmez…
BERLIN taz | Ein ehemals hochrangiger afghanischer Richter hat [1][keinen
Anspruch auf ein Visum nach Deutschland]. Die einst erhaltene
Aufnahmezusage sei rechtlich nicht verbindlich, entschied jetzt das
Oberverwaltungsgericht (OVG) Berlin-Brandenburg in einem Eil-Beschluss. Der
Ex-Richter hatte eine Zusage aus dem falschen Aufnahmeprogramm.
Nach dem überstürzten Abzug der Bundeswehr 2021 hat Deutschland über 36.000
Menschen aus Afghanistan aufgenommen, darunter rund 20.000 ehemalige
Ortskräfte der Bundeswehr und anderer deutscher Organisationen. Über 2.000
Afghan:innen warten aber noch in Pakistan. Sie verließen
[2][Afghanistan, weil sie eine Aufnahmezusage Deutschlands] erhalten
hatten.
Die [3][deutsche Botschaft in Pakistan], die für die Abwicklung der
Ausreise nach Deutschland zuständig ist, hatte die entsprechenden
Aktivitäten jedoch wegen des pakistanisch-indischen Konflikts zeitweise
eingestellt. Zudem stoppte die neue schwarz-rote Bundesregierung alle
Aufnahmeprogramme, um die Zusagen neu zu prüfen. In Pakistan leben die
Afghanen in Guesthauses, die Deutschland finanziert, doch droht ihnen die
Abschiebung nach Afghanistan. Vor wenigen Tagen wurden bereits 210 Personen
abgeschoben.
Seit Ende Juni [4][klagen immer mehr Afghan:innen] mithilfe deutscher
Anwält:innen beim Verwaltungsgericht (VG) Berlin und berufen sich auf
die deutsche Aufnahmezusage. Doch das VG Berlin und vor allem das
übergeordnete OVG Berlin-Brandenburg differenzieren nach Art des
Aufnahmeprogramms.
## Alte Programme und informelle Zusagen
Wer eine [5][Zusage des Bundesaufnahmeprogramms Afghanistan] (BAP) hat,
klagte meist mit Erfolg. Hier habe die Bundesrepublik eine verbindliche
Zusage gemäß Paragraf 23 Aufenthaltsgesetz gegeben. Diesen
bestandskräftigen Verwaltungsakt könne sie nicht einfach aus politischen
Gründen widerrufen. Das OVG bestätigte dies Ende August.
Anders sieht es mit den drei anderen Programmen aus: dem
[6][Ortskräfte-Programm, der Übergangsliste, die dem BAP vorausging, und
der noch früheren Menschenrechts-Liste]. Hier handelte es sich um ältere
Programme, bei denen die Aufnahmezusagen eher informell gegeben wurden.
Laut OVG waren die Aufnahme-Entscheidungen hier „Ausdruck autonomer
Ausübung des außenpolitischen Spielraums des Bundes“.
Es handelte sich um humanitäre Aufnahmen nach Paragraf 22 des
Aufenthaltsgesetzes. Die Erklärung der Aufnahmebereitschaft sei hier „eine
Maßnahme mit bloß innerbehördlichem Charakter, die Einzelnen subjektive
Rechte nicht vermittelt.“ Feinheiten des deutschen Verwaltungsrechts, die
nun über Existenzen entscheiden.
Es kommt also für die rechtliche Qualität der Aufnahmezusage nicht auf den
Grund der Aufnahme an, das heißt, ob es um Ortskräfte oder um engagierte
und deshalb gefährdete Personen geht. Entscheidend ist vielmehr, ob die
Zusage im Rahmen des neueren Bundesaufnahmeprogramms oder eines der älteren
Programme erfolgte. Der Ex-Richter, der nun nicht nach Deutschland kommen
kann, stand auf der sogenannten Übergangsliste.
## Tausende mit Zusagen sitzen fest
Ende Mai saßen laut Bundesregierung 2.384 Personen mit deutschen
Aufnahmezusagen in Pakistan fest. 1.245 gehörten zum
Bundesaufnahmeprogramm, 772 hatten Zusagen im Rahmen des Übergangsprogramms
erhalten, 70 Personen gehörten zur Menschenrechts-Liste und 297
[7][Afghan:innen waren ehemalige Ortskräfte deutscher Organisationen].
Familienangehörige sind in den Zahlen bereits enthalten.
Die Klagen beim VG Berlin beziehen sich ganz überwiegend auf Personen, die
BAP-Zusagen haben, weil hier die Erfolgschancen am größten sind.
Tatsächlich gab es bereits einige [8][Dutzend erfolgreiche Urteile].
Teilweise drohte das VG der Bundesregierung sogar Zwangsgeld an. Hinzu
kommen rund 15 Fälle, bei denen die Sicherheitsüberprüfung noch nicht
abgeschlossen war. Hier wurde die Bundesrepublik jedoch verpflichtet, das
Verfahren möglichst schnell zu beenden.
Auch im Charterflugzeug, mit dem am heutigen Montag rund 50 [9][Personen
aus Afghanistan eingeflogen] wurden, saßen fast ausschließlich Personen mit
einer BAP-Zusage. „Alle hatten ihre Einreise beim VG Berlin erstritten“,
sagte Matthias Lehnert, der zu den rund zwanzig Anwält:innen gehört, die
die Klagen vorbereiten und einreichen.
Dutzende weiterer Verfahren sind am VG Berlin anhängig. Das VG Berlin will
demnächst genaue Zahlen nennen. Ständig kommen aber neue Verfahren hinzu,
sobald die Helfer der [10][NGO „Luftbrücke Kabul“ in Pakistan] die
Dokumente zusammengestellt haben.
Für Personen aus den falschen Aufnahmeprogrammen bleibt nun wohl nur der
Weg zum Bundesverfassungsgericht. Sie müssten dort die Verletzung von
Vertrauensschutz geltend machen.
1 Sep 2025
## LINKS
[1] /Einreise-von-Afghaninnen/!6110853
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[4] /Gefluechtete-aus-Afghanistan/!6106313
[5] /Taliban-und-Bildung-in-Afghanistan/!6108673
[6] /Abschiebungen-nach-Afghanistan/!6103468
[7] /Abschiebungen-nach-Afghanistan/!6104951
[8] /Afghaninnen-mit-Aufnahmezusage/!6105057
[9] /Abschiebung-trotz-Aufnahmezusage/!6107054
[10] /Afghanistan-Protestcamp-in-Berlin/!6107255
## AUTOREN
Christian Rath
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