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# taz.de -- Nato-Gipfel in Den Haag: Auf der Schleimspur Richtung 5 Prozent
> Der erste Gipfel war für Nato-Chef Mark Rutte ein Erfolg: Das Bündnis
> beschließt das 5-Prozent-Ziel. Und Donald Trump bleibt bis zum Schluss.
Bild: Gute Laune beim men`s club Nato: Generalsekretär Mark Rutte, Bundeskanzl…
Den Haag taz | Nato-Generalsekretär Mark Rutte hat es geschafft. Sein
erster Gipfel als Chef des Bündnisses endet mit einem Erfolg: Die
Mitgliedsstaaten einigten sich in Den Haag auf eine historische Erhöhung
der Verteidigungsausgaben. Bis 2035 sollen diese auf [1][fünf Prozent der
Wirtschaftsleistung jedes Landes] steigen – mehr als das Doppelte des
bisherigen Zwei-Prozent-Ziels. Dabei sollen, wie vorab bereits angekündigt,
3,5 Prozent für klassische Militärausgaben und 1,5 Prozent für weitere
kriegsrelevante Investitionen zur Verfügung gestellt werden.
In ihrer Abschlusserklärung bekräftigten die 32 Mitgliedsstaaten ihre Treue
zur „stärksten Allianz in der Geschichte und dem transatlantischen Bund“.
Doch bis zuletzt herrschte große Unsicherheit darüber, wie stark das
Bündnis wirklich ist.
Das Ergebnis zeigt, dass Rutte die Mitglieder an einem Tisch vereinen
konnte. Dafür nutzte er seine zwei bekannten Gesichter: [2][das für die
ernsten Anlässe], angesichts derer er die Menschen zum Zusammenhalt
aufruft, und das [3][des jovialen, scherzenden „Jedermanns Freund“]. Wenige
Spitzenpoliker*innen sind so zugänglich wie er, seine Persönlichkeit
ist einnehmend, Allüren sind ihm fremd.
„Menschen verbinden ist seine Stärke“, bilanzierte ein Kommentator des
niederländischen TV-Senders NOS am zweiten Gipfel-Tag, kurz bevor Rutte die
offizielle Besprechung der Regierungschef*innen eröffnete.
## Trump veröffentlicht unterwürfige SMS von Rutte
Wie gut Rutte seine Aufgabe bisher meistert, zeigte sich an seinem Umgang
mit US-Präsident Trump. Es galt, ihn bis zum Ende des Gipfels in Den Haag
zu halten.
Tatsächlich gelang es Rutte, Trump zu umgarnen. Bei einem gemeinsamen
Auftritt mit dem US-Präsidenten betonte er die Einheit der
nordamerikanischen und europäischen Nato-Partner. Trump lobte daraufhin:
„Mark und ich hatten von Anfang an ein großartiges Verhältnis.“ Das klang,
zumindest für den Moment, anders als die Panik, die Europa zu Jahresbeginn
erfasst hatte.
Am Ende einer gemeinsamen Pressekonferenz bezeichnete Rutte Trump als
„Daddy“, der starke Worte verwende, um die Kriegsparteien Iran und Israel
aufzuhalten. Auch eine von Trump veröffentlichte SMS, in der Rutte ihm
überschwänglich dankte, offenbarte das ungleiche Verhältnis. Trump habe die
Europäer dazu gebracht, erst die alte Zwei-Prozent-Norm zu erfüllen und nun
die neuen Ziele von 3,5 beziehungsweise 5 Prozent zu akzeptieren.
Als Trump bei dem gemeinsamen Auftritt in schnoddriger Beiläufigkeit gegen
seinen Vorgänger Joe Biden und die Medien New York Times und CNN austeilte,
wirkte Rutte sichtlich unwohl, doch er lachte auch dies weg. Dieser Moment
verdeutlichte, dass höhere Verteidigungsausgaben allein die Konflikte und
Herausforderungen der transatlantischen Beziehungen nicht lösen können.
Zudem muss sich erst noch zeigen, wie sich diese Erhöhung in der Praxis
durchführen lässt. Beginnen werden die Diskussionen darüber in den
Mitgliedsstaaten mit den Haushaltsplänen für 2026, die spätestens in der
zweiten Jahreshälfte aufgestellt werden.
## Spanien und Belgien gegen die 5 Prozent
Der spanische Premier Pedro Sánchez blieb unerwartet ruhig. Vor dem Gipfel
äußerte er sich kritisch über die geplante Fünf-Prozent-Marke. Dass die
Erklärung nun von „Alliierten“ spricht, die sich zu höheren Ausgaben
verpflichten, und nicht mehr von „wir“, dürfte ihm helfen, Spanien aus der
Pflicht zu nehmen. Sánchez betonte selbst, dass er sein Land nicht in der
Vorreiterrolle der Nato sehe. Er werde versuchen, auch mit 2 Prozent des
Bruttoinlandsproduktes die Vorgaben der Nato für die Aufrüstung zu
erfüllen. Dies sei machbar. Das spanische Militär habe ihm versichert, dass
es diesen Anforderungen mit 2 Prozent des BIP gerecht werden könne.
Auch Belgien, wo sich das Nato-Hauptquartier befindet, wird sich äußerst
schwertun. Premier Bart De Wever erklärte in Den Haag, dass „5 Prozent
unseres BIP für Verteidigung nicht leicht“ seien. Seine Regierung hatte
sich Anfang des Jahres verpflichtet, den Haushalt des hoch verschuldeten
Landes zu sanieren. Die sozialdemokratische Partei Vooruit, einzige linke
Kraft in De Wevers Fünf-Parteien-Koalition, bezeichnete das Ziel als
„Wahnsinn“.
Die baltischen Staaten und Polen hingegen begrüßen die Beschlüsse. Sie
waren jahrelang die mahnenden Kräfte, die die Bedrohung Russlands vor der
eigenen Haustür spürten. Bereits jetzt befinden sie sich auf dem Weg zu
Ausgaben, die weit über 2 Prozent liegen. Im polnischen Budget für das Jahr
2025 etwa sind umgerechnet 44 Milliarden Euro für Rüstung und Verteidigung
vorgesehen. Dies entspricht rund 4,7 Prozent des polnischen
Bruttoinlandsprodukts und stellt einen neuen Rekord dar.
Aus deutschen Regierungskreisen hieß es, man sei mit dem Gipfelverlauf
zufrieden. Kanzler Friedrich Merz sprach von einem „historischen Gipfel“.
Die Nato habe sich darüber verständigt, dass sich die Bedrohungslage
verändert habe. „Russland bedroht nicht nur die Ukraine, Russland bedroht
den gesamten Frieden, die gesamte politische Ordnung unseres Kontinents.“
Merz fügte hinzu, dass „es bitte niemand wagen soll, die Nato anzugreifen,
und zwar an keiner Stelle“. Er wolle weiterhin die Bundeswehr zur stärksten
Armee Europas machen. Dafür hat Deutschland in dem bereits am Dienstag von
seinem Kabinett beschlossenen Haushaltsentwurf Ausgaben für 2025 von 2,4
Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) verankert. Bis 2029 sollen sich die
Ausgaben mehr als verdoppeln, auf 153 Milliarden Euro. Zu diesem Zeitpunkt
wären etwa 3 Prozent des BIP erreicht. Die Nato-Partner lobten Deutschlands
Anstrengungen.
## In der Nebenrolle: die Ukraine
Auch wenn die höheren Verteidigungsausgaben aufgrund der russischen
Bedrohung beschlossen wurden, spielte die Ukraine und ihre Unterstützung
durch die Nato kaum eine Rolle. Während die Abschlusserklärung im
vergangenen Jahr noch den Absatz beinhaltete, dass der Weg der Ukraine in
die Nato „unumkehrbar“ sei, fehlt ein solches Bekenntnis diesmal. Die
Ukraine wird nicht einmal erwähnt.
Merz versicherte zwar, die Nato stehe weiter an der Seite des „geschundenen
Landes“. Doch eine Mitgliedschaft der Ukraine war kein Thema. Stattdessen
äußerte Merz die Hoffnung, die USA würden weitere Sanktionen verhängen.
Ein vereinbartes Treffen zwischen US-Präsident Trump und dem ukrainischen
Präsidenten Wolodymyr Selenskyj fand am Nachmittag statt. Laut dem
ukrainischen Sender Suspilne soll das Treffen nach 50 Minuten geendet
haben. Die Staatschefs hätten über eine Feuerpause gesprochen, der
ukrainische Präsident bezeichnete das Gespräch als substanziell. In einer
dem Gespräch folgenden Pressekonferenz thematisierte Trump erneut, wie
bereits in den Gesprächsrunden zuvor, den laut ihm beendeten Krieg zwischen
Iran und Israel. Vorige Berichte des US-Geheimdienstes, die vermuten
lassen, dass der US-Angriff die iranischen Atomanlagen nicht zerstörte,
dementierte Trump. „Man hatte einen großen Sieg dort.“
25 Jun 2025
## LINKS
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[3] /Niederlaender-Rutte-wird-Nato-Chef/!6040408
## AUTOREN
Anastasia Zejneli
Tobias Müller
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Nato
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