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# taz.de -- Trauerbekundungen und Realpolitik: Margot Friedländer würde abgew…
> Die Reaktionen auf den Tod der Holocaust-Überlebenden zeugen vom
> Verlangen nach Humanität. Ausgerechnet bei der Bundesregierung sind sie
> wohlfeil.
Bild: Ehrliche Trauer: Blumen neben den Stolpersteinen für Friedländer und ih…
Margot Friedländer ist tot. Die Holocaust-Überlebende, Zeitzeugin, vor
allem aber unermüdliche Mahnerin an die Menschlichkeit i[1][st am Freitag
im Alter von 103 Jahren gestorben]. Es gab unzählige Reaktionen aus fast
allen Bereichen von Politik und Kultur auf diese Nachricht. Sie sind, so
traurig es ist, auch ein Zeichen der Hoffnung. Denn wenn sich ein Land,
eine Gesellschaft auf die Werte dieser unglaublichen Frau einigen kann,
dann heißt das ja auch, dass das Gespür, das Verlangen nach grenzenloser
Humanität immer noch stark, tief in uns verwurzelt ist.
Igor Levit hat es in seiner [2][äußerst bewegenden, spontanen Rede] bei
[3][der Verleihung des Filmpreises] auf den Punkt gebracht. Es gebe keine
Rechtfertigung, auch nur einen Millimeter jenen zu überlassen, die
zerstören wollen, wofür Margot Friedländer gestanden habe, sagte der
Pianist und fügte hinzu: Ihre Existenz sei eine Aufforderung, ihr gerecht
zu werden.
Davon aber sind wir aktuell weit entfernt. Denn Margot Friedländer hat
nicht nur immer wieder die jetzt zurecht über vielen Nachrufen stehende
Bitte verkörpert: Seid Menschen! Sie hat, angesichts des wieder
erstarkenden Antisemitismus und Neonazismus, auch ihre Enttäuschung
benannt: „Ich bin entsetzt, dass Menschen nicht gelernt haben, dass sie
Menschen sein sollen.“ Wer das Andenken an Margot Friedländer hochhalten
will, muss daher auch [4][ihre Angst ernst nehmen, dass „es“ sich
wiederholen könnte].
## Es heißt nicht „Wehret den extremen Auswüchsen“
Faschismus, das wird viel zu häufig vergessen, beginnt ja nicht erst beim
Holocaust, bei der industriellen Vernichtung von Menschen – sondern viel
früher. Und es heißt nicht „Wehret den extremsten Auswüchsen!“, sondern
„Wehret den Anfängen!“. Deshalb ist es nicht nur selbstverständlich höch…
Zeit, das AfD-Verbotsverfahren einzuleiten.
Deshalb ist es nicht nur das Gebot der Stunde, jeder Art von Rassismus und
Antisemitismus entgegenzutreten. Vor allem aber wäre es höchste Zeit, das
Asylrecht wieder ernst zu nehmen. Das wurde nicht nur als ein Recht für
Verfolgte ins Grundgesetz platziert, das politische Mehrheiten einfach so
zurücknehmen könnten. Es steht dort viel mehr als [5][Stolperstein] für ein
zum Glück durch andere vom Faschismus befreites Land.
Margot Friedländer hat uns ihre Geschichte anvertraut. Es ist unsere
Aufgabe und unsere Pflicht, sie weiterzutragen. Diese beiden Sätze hat
Bundeskanzler Friedrich Merz nach ihrem Tod geschrieben. Aber wenn die
junge Margot Friedländer heute an den Grenzen der Bundesrepublik um Asyl
bitten würde, würde sie abgewiesen.
Sie würde nicht in den Tod geschickt, sie könnte ihr Glück in einem anderen
EU-Land suchen. Diese Abweisung ist kein Ausdruck rechtsextremer,
faschistischer Politik, auch wenn sie der AfD sehr zupasskommt. Aber sie
ist die fatale Konsequenz aus der knallharten Antimigrationspolitik der
schwarz-roten Bundesregierung. Sie wird den Lehren aus der Zeit des
Nationalsozialismus nicht gerecht – nicht einmal in ihren wohlfeilen
Trauerbekundungen auf Margot Friedländer.
11 May 2025
## LINKS
[1] /Margot-Friedlaender-verstorben/!5996883
[2] https://youtu.be/XnVtPQkljDw?si=HTWX4GDxX-S49DUz
[3] /Verleihung-Deutscher-Filmpreis/!6087453
[4] https://youtu.be/C_AO7xeRNpw?si=Rv_-3ZUfxTDRugQl&t=407
[5] https://bsky.app/profile/gereonas.bsky.social/post/3loviaq5mbk24
## AUTOREN
Gereon Asmuth
## TAGS
Margot Friedländer
Asylrecht
Abschiebung
Bundesregierung
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GNS
Igor Levit
Israel
Holocaustüberlebende
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Holocaust
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Asylpolitik
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