Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Verleihung Deutscher Filmpreis: Trauerrede für ein Wunder
> Beim 75. Deutschen Filmpreis gingen viele Ehrungen an politische Filme.
> Die verstorbene Holocaustüberlebende Margot Friedländer wurde spontan
> geehrt.
Bild: Berührend: Igor Levit auf der Bühne vor einem großen Foto von Margot F…
„Act Now!“ lautet der Untertitel des vorgeblich besten deutschen
Dokumentarfilms des Jahres. Der Appell könnte nicht lauter, nicht
dringlicher sein. Am Freitag, als im Berliner Theater am Potsdamer Platz
die Deutschen Filmpreise verliehen wurden, ging er über [1][Doris Metzs
filmisches Dokumentarporträt der Politikerin Petra Kelly], das mit einer
Lola ausgezeichnet wurde, hinaus.
Die 75. Verleihung stand ganz im Geiste eines Aufrufs zum Handeln. Denn auf
dem Spiel stünde die Erhaltung von Vielfalt, sagte Akademiepräsident und
Regisseur Florian Gallenberger, kritisierte gemeinsam mit seiner
Präsidiumskollegin Vicky Krieps die (kultur-)politisch-nationalistischen
Bestrebungen der AfD – und holte den [2][neuen Kulturstaatsminister Wolfram
Weimer] mit der Frage auf die Bühne, wie er diese Vielfalt zu sichern
gedenke. Weimer ließ sich jedoch nicht von seinen ebenso worthülsenstarken
wie unkonkreten Begrüßungsworten abbringen.
„Wir sind in einer Vorkriegszeit“, befand kurz darauf Liedermacher Wolf
Biermann, der seinen Song mit einer bedrückenden Rede über den Rechtsruck
in Politik und Gesellschaft einleitete, „der besiegte Faschismus feiert
facettenreich seine Renaissance“.
## Eine traurige Nachricht
Dass die wichtigsten Spielfilm-Lolas an politische Filme gingen, passte
demzufolge: Andreas Dresens Porträt der Widerstandskämpferin Hilde Coppi,
„In Liebe, Eure Hilde“, wurde mit Bronze, [3][Mohamad Rasoulofs
eindrücklicher Thriller über die iranische Diktatur, „Die Saat des heiligen
Feigenbaums“], mit der Trophäe in Silber geehrt.
Die goldene Lola gesellte sich zu acht weiteren, unter anderem für die
Beste Regie, das Beste Drehbuch, die Beste weibliche Nebenrolle und den
Besten Schnitt: [4][„September 5“, Tim Fehlbaums] Kammerspiel über die
mediale Berichterstattung beim Olympia-Attentat 1972, konnte so am Ende
neunmal feiern.
Die vage bis konkrete Beklemmung, die momentan jedes Zusammentreffen
befällt, war dennoch so deutlich wie nie – und schien in einer traurigen
Nachricht zu kulminieren, von der Pianist und Laudator Igor Levit ebenso
überrascht wurde wie das Publikum: „Vor acht Minuten habe ich erfahren,
dass Margot Friedländer gestorben ist“, sagte ein um Fassung ringender
Levit auf der Bühne.
Seine spontane Trauerrede bewegte den Saal: Friedländer sei „ein Wunder“
gewesen und dass sich zeigen werde, „ob ihre Appelle dazu führen, dass wir
nicht nur in diesen Räumen, da, wo es bequem ist, ihre Ziele formulieren,
sondern dass wir die Ziele da draußen auch verfolgen“. Mit anderen Worten:
„Act Now!“
12 May 2025
## LINKS
[1] /Dokumentarfilm-Petra-Kelly--Act-now/!6032355
[2] /Kulturstaatsminister-Wolfram-Weimer/!6081483
[3] /Mohammad-Rasoulof-ueber-seinen-neuen-Film/!6057439
[4] /Regisseur-ueber-Film-September-5/!6057175
## AUTOREN
Jenni Zylka
## TAGS
Deutscher Filmpreis
Politische Kunst
Margot Friedländer
Deutscher Film
Social-Auswahl
Igor Levit
Margot Friedländer
Spielfilm
wochentaz
wochentaz
## ARTIKEL ZUM THEMA
Trauerbekundungen und Realpolitik: Margot Friedländer würde abgewiesen
Die Reaktionen auf den Tod der Holocaust-Überlebenden zeugen vom Verlangen
nach Humanität. Ausgerechnet bei der Bundesregierung sind sie wohlfeil.
Regisseur über Film „September 5“: „Die Grundfragen sind dieselben gebli…
Im Kinofilm „September 5“ geht es um das Attentat bei den Olympischen
Spielen 1972 in München. Regisseur Tim Fehlbaum beleuchtet dabei die Rolle
der Medien.
Mohammad Rasoulof über seinen neuen Film: „All diese Drehbücher halten mich…
Der Regisseur von „Die Saat des heiligen Feigenbaums“ floh vor der
Repression des iranischen Regimes nach Deutschland. Ein Gespräch über die
Arbeit unter totalitären Systemen.
Dokumentarfilm „Petra Kelly – Act now!“: Ein Stern verglüht
In ihrem Dokumentarfilm über Petra Kelly schildert Doris Metz das intensive
Leben der grünen Ikone der 80er. Was fehlt, sind die Fragezeichen.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.