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# taz.de -- Datenschutzbeauftragte schlägt Alarm: Wer darf die Geheimdienste k…
> Union und SPD wollen mehr Überwachung durch die Geheimdienste. Warum die
> Datenschutzbeauftragte vor einer Novellierung warnt.
Bild: Hat große Bedenken wegen der Pläne des Kanzleramts: Bundesdatenschutzbe…
Berlin taz | Es sind gleich [1][mehrere neue Überwachungsbefugnisse für die
Sicherheitsbehörden], über die SPD und Union in ihren
Koalitionsverhandlungen diskutieren: eine IP-Adressen-Speicherung,
Entschlüsseln von Kommunikation, ein biometrischer Abgleich von
Onlinedaten. So hielt es die zuständige Arbeitsgruppe in einem
Verhandlungspapier fest. Kommt es so, würde das auch einige Mehrarbeit für
diejenigen bedeuten, die die Behörden kontrollieren. Wer dies aber künftig
tun darf, darüber ist eine Kontroverse entbrannt – und die
[2][Bundesdatenschutzbeauftragte Louisa Specht-Riemenschneider] schlägt
Alarm.
Denn das noch SPD-geführte Bundeskanzleramt hatte nach taz-Informationen
bei den Koalitionsverhandler*innen von Union und SPD zuletzt mehr
Freiheiten und Kompetenzen für die Geheimdienste eingefordert: Der BND, das
Bundesamt für Verfassungsschutz und der Militärische Abschirmdienst sollten
mehr Überwachungsbefugnisse bekommen und leichter Daten untereinander
austauschen können. Zudem sollten Berichtspflichten für die Dienste
heruntergefahren und deren Kontrolle gebündelt werden – weg von der
Bundesdatenschutzbeauftragten, hin zum 2022 neu geschaffenen Unabhängigen
Kontrollrat. Auch der Tagesspiegel hatte zuvor über die Pläne des
Kanzleramts berichtet.
Der Kontrollrat, ein vor allem mit Richter*innen besetztes Gremium, ist
bisher nur für Überwachungsmaßnahmen des BND im Ausland zuständig – nachd…
ein [3][Urteil des Bundesverfassungsgerichts hier zuvor mehr Kontrolle
eingefordert hatte]. Die sonstige datenschutzrechtliche Kontrolle aller
Geheimdienste – also die Frage, ob die Dienste das Grundrecht auf
informationelle Selbstbestimmung achten – liegt bisher bei der
Bundesdatenschutzbeauftragten Specht-Riemenschneider. Daneben wird das
Agieren der Geheimdienste parlamentarisch noch vom vertraulich tagenden
Kontrollgremium im Bundestag kontrolliert. Zudem prüft und genehmigt die
G10-Kommission konkrete Überwachungsmaßnahmen – oder weist diese zurück.
Das Kanzleramt hatte schon länger eine Doppelkontrolle der Geheimdienste
beklagt – und schon vor Monaten angeregt, dass der Kontrollrat künftig
nicht nur komplett den BND, sondern auch noch das Bundesamt für
Verfassungsschutz und den Militärischen Abschirmdienst beaufsichtigt.
## Union und SPD wollen „zielgerichtetere Kontrollen“
Tatsächlich hatten auch Union und SPD in ihren Koalitionsverhandlungen
[4][in einem Zwischenpapier] nicht nur eine „Stärkung der operativen
Fähigkeiten unserer Nachrichtendienste“ angekündigt, einen „effizienten
Datenaustausch zwischen den Diensten“ – sondern auch „effektivere
Kontrollstrukturen und zielgerichtetere Kontrollen“. Dafür solle es eine
„verfassungskonforme, systematische Novellierung des Rechts der
Nachrichtendienste“ geben.
Schon im Herbst, als sich die Verlagerung der Kontrollhoheit anbahnte,
hatte Specht-Riemenschneider in einem internen Brandbrief an das Kanzleramt
und mehrere Ministerien gegen die Pläne protestiert: Erstmalig drohe ihrem
Amt die Aufsicht über einzelne Bundesbehörden entzogen zu werden – wogegen
„gravierende rechtliche als auch tatsächliche Gründe“ sprächen.
Nun äußert sich Specht-Riemenschneider auch öffentlich. „Ich bin weiterhin
fest davon überzeugt, dass die datenschutzrechtliche Aufsicht über die
Nachrichtendienste des Bundes bei der Bundesdatenschutzbeauftragten am
besten aufgehoben ist“, sagte sie der taz. Die Mitarbeitenden in ihrem Haus
leisteten „in diesem besonders sensiblen Bereich seit Jahren eine
hervorragende und in der Öffentlichkeit sehr wertgeschätzte Arbeit“.
## „Einbußen in der datenschutzrechtlichen Kontrolle“
Weil ihr Haus weiter auch für die Polizeien zuständig sei, könnte es zudem
zu „Einbußen in der ganzheitlichen datenschutzrechtlichen Kontrolle des
Austauschs zwischen Polizeien und Nachrichtendiensten“ kommen, warnt
Specht-Riemenschneider. Ihr Vorschlag: Um Doppelkontrollen zu vermeiden,
könnte eine Rechtsgrundlage geschaffen werden, damit sich ihr Haus und der
Kontrollrat inhaltlich austauschen könnten – was bisher nicht erlaubt ist.
Dies wäre „kostenneutral, schnell und effektiv“, so Specht-Riemenschneider.
Tatsächlich sind bei der Bundesdatenschutzbeauftragten aktuell sechs
Referate mit der Kontrolle aller Sicherheitsbehörden zuständig – Personal,
das beim Kontrollrat erst neu aufgebaut werden müsste. Auch Bürgeranfragen
zu Sicherheitsthemen müssten sich künftig an verschiedene Stellen richten
und könnten nicht mehr behördenübergreifend aufgeklärt werden.
Specht-Riemenschneider hatte intern bereits vor einer „erheblichen
Beschränkung des Beschwerderechts“ gewarnt, die „unvertretbar“ sei.
Das Kanzleramt wollte sich zu seinem Vorstoß nicht äußern. Zu Fragen der
Koalitionsverhandlungen nehme man keine Stellung, erklärte eine
Regierungssprecherin. Auch der Unabhängige Kontrollrat wollte sich nicht
äußern. Die dortige Kontrollbeauftragte Dietlind Weinland sagte der taz
allerdings: „Sollte der Gesetzgeber unserer Behörde neue Zuständigkeiten
zuweisen, so werden wir diese Aufgabe annehmen.“
## Ist der Kontrollrat zu zahm?
Bereits zuletzt hatte es jedoch Kritik am Kontrollrat gegeben, dass dieser
die Überwachungsmaßnahmen des BND bisher fast immer durchwinke. Der
Kontrollrat wies die Kritik zurück: Einige Anträge seien vom BND bereits in
den Beratungen zurückgenommen oder angepasst worden. Das Gremium selbst war
zwischenzeitlich aber auch zerstritten über die Frage, wie unabhängig und
transparent es sein sollte.
Der Vorgänger der Bundesdatenschutzbeauftragten Specht-Riemenschneider,
[5][Ulrich Kelber], hatte im Frühjahr 2024 sogar gegen den BND geklagt: Er
monierte, dass der Geheimdienst ihm Einsicht in Unterlagen verwehrte, die
für seine Arbeit notwendig seien. Auch forderte Kelber ein Anordnungsrecht,
damit sein Amt Missstände nicht nur monieren, sondern auch abstellen könne.
Die Union hatte in den Koalitionsverhandlungen derweil auch auf eine
weitere neue Rolle für Specht-Riemenschneider gedrängt: In ihrem Amt sollte
die Datenschutzaufsicht für die Wirtschaft gebündelt werden – und dafür
wären betriebliche Datenschutzbeauftragten zu streichen. Die SPD trug
diesen Punkt vorerst nicht mit – anders als den zu einem Mehr an
Überwachung für die Sicherheitsbehörden.
9 Apr 2025
## LINKS
[1] /Koalitionsgespraeche-Schwarz-Rot/!6078657
[2] /Louisa-Specht-Riemenschneider/!6033681
[3] /Bundesverfassungsgericht-zu-BND/!5684241
[4] https://fragdenstaat.de/artikel/exklusiv/2025/03/koalitionsverhandlungen-cd…
[5] /Datenschuetzer-ueber-neue-Patientenakte/!6059544
## AUTOREN
Konrad Litschko
## TAGS
Datenschutz
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