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# taz.de -- Koalitionsverhandlungen von SPD und CDU: Ein bisschen Gleichstellung
> Fonds gegen Missbrauch, mehr Partnerbeteiligung beim Elterngeld und
> Streit beim Sexkauf: die AG Familie, Frauen und Jugend hat wenig
> Ambitionen.
Bild: Armutsgefährdeten Kindern und Jugendlichen soll der Zugang zu verschiede…
Berlin taz | Das Wort [1][„Kindergrundsicherung“], das die Ampelkoalition
auf weiten Strecken der Legislatur beschäftigte, aber letztlich zu nichts
führte, kommt im [2][Einigungspapier der AG Familie, Frauen, Jugend,
Senioren und Demokratie] nicht mehr vor. Übrig bleibt wohl als winziges
Überbleibsel der Debatte ein „übergreifendes digitales Portal“, das für
alle Familienleistungen geschaffen werden soll.
Ansonsten beschränken sich Union und SPD in Sachen Kinderarmut auf
handhabbare Schritte: der Kinderzuschlag soll weiterentwickelt und
vereinfacht werden. Über eine Teilhabe-App soll armutsgefährdeten Kindern
und Jugendlichen unbürokratisch der Zugang zu Freizeitangeboten im Bereich
von Musik, Sport und Kultur ermöglicht werden. Und: Bei Alleinerziehenden
soll das Kindergeld nur hälftig auf den Unterhaltsvorschuss angerechnet
werden.
Beim Elterngeld sollen mehr Anreize für die Partnerbeteiligung geschaffen
werden, insbesondere für mehr Vätermonate in alleiniger Verantwortung.
Möglich werden könnte das zum Beispiel durch eine veränderte Anzahl und
Aufteilung der Bezugsmonate des Elterngelds. Die Einkommensgrenze sowie
Mindest- und Höchstbetrag sollen „spürbar“ angehoben werden, bei
Selbständigen sollen die Berechnungsgrenzen „flexibilisiert“ werden.
## Rechte von Pflegeeltern
Für Pflegeeltern, deren Rechte generell gestärkt werden sollen, soll
Elterngeld überhaupt erst eingeführt werden – ebenso der Mutterschutz für
Selbständige. Dafür sollen umlagefinanzierte und andere
Finanzierungsmodelle geprüft werden.
Ein zentraler Punkt des Papiers: der Fonds sexueller Missbrauch und das
damit verbundene Hilfesystem sollen fortgeführt werden. Das Gesetz, das die
Strukturen der Unabhängigen Beauftragten gegen sexuellen Kindesmissbrauch
sichert, soll in der Umsetzung etwa in Zusammenarbeit mit den Ländern
begleitet werden. Zudem soll eine Bundesförderung sogenannter
Childhood-Häusern etabliert werden: Mit diesen Häusern sollen regionale,
interdisziplinäre und ambulante Stellen für Kinder und Jugendliche
geschaffen werden, die von sexualisierter Gewalt betroffen sind.
Die ressortübergreifende Gleichstellungsstrategie soll weiterentwickelt
werden – wie genau, bleibt offen. Ebenso sollen gleichstellungspolitische
Akteure unterstützt werden – wie genau und mit welchen Mitteln, bleibt
genauso offen. Immerhin steht das Bekenntnis zur Bundesstiftung
Gleichstellung, die „eine wichtige Säule“ sei.
## Versorgung ungewollt Schwangerer
Langfristig abgesichert werden soll zudem das Müttergenesungswerk. Mit
Mitteln aus dem Sondervermögen Infrastruktur sollen Ausbau, Neubau und
Sanierungen von Mutter-Kind-Kliniken unterstützt werden.
Die Möglichkeit einer „solidarisch finanzierten Abgabe von
Verhütungsmitteln für Frauen und Männer“ soll geprüft werden. Ein astrein
nichtssagender Satz wurde zu Schwangerschaftsabbrüchen vereinbart: „Wir
wollen Frauen, die ungewollt schwanger werden, in dieser sensiblen Lage
umfassend unterstützen, um auch das ungeborene Leben bestmöglich zu
schützen“. Zwar soll die Versorgungslage ungewollt Schwangerer auf Basis
wissenschaftlicher Empfehlungen unterstützt werden. Die [3][Elsa-Studie]
allerdings wird nicht erwähnt.
Auf Basis der [4][Istanbulkonvention] soll das jüngst beschlossene
Gewalthilfegesetz umgesetzt werden. Die VerhandlerInnen bekennen sich zu
Gewaltfreiheit als Menschenrecht und wollen die Gewaltschutzstrategie des
Bundes zu einem Nationalen Aktionsplan fortentwickeln. Die entsprechende
Koordinierungsstelle soll gestärkt, Aufklärungs-, Präventions- und
Täterarbeit unterstützt werden. Konkrete Mittel werden nicht genannt.
## „Demokratie leben“
Und schließlich soll das Bundesprogramm „Demokratie leben“ fortgeführt
werden. Zugleich wird eine „unabhängige Überprüfung dieses Programms in
Bezug auf Zielerreichung und Wirkung“ veranlasst. Ob das Programm unter
Federführung des Familienministeriums verbleibt, bleibt hier unerwähnt. Aus
der AG I Inneres heißt es unterdessen, dass die Union [5][das Programm ins
Bundesministerium des Inneren umsiedeln will].
Ungeklärt sind bislang unter anderem die Familienstartzeit, also die
bezahlte zweiwöchige Freistellung des Partners oder der Partnerin nach der
Geburt. Dass es eine entsprechende EU-Richtlinie gibt, die umgesetzt werden
muss, scheint die Union an dieser Stelle nicht weiter zu stören. Ebenso
strittig ist die Einführung eines Sexkaufverbots, das die Union will,
wohingegen die SPD sich auf Verfolgung von Menschenhandel und
Zwangsprostitution fokussiert. Abschaffen will die Union das in der
vergangenen Legislatur eingeführte Selbstbestimmungsgesetz.
Nicht oder höchstens als Randnotiz kommen Geburten und generell
reproduktive Rechte vor, Alleinerziehende, queere Familien und
Familienrecht. Das gesamte Papier kennt im geeinten Teil weder Binnen-I
noch Sternchen.
28 Mar 2025
## LINKS
[1] /Expertin-ueber-Kindergrundsicherung/!6056453
[2] https://fragdenstaat.de/dokumente/258025-ag7-familie/
[3] /Studie-zu-Abtreibungen/!6004621
[4] https://www.institut-fuer-menschenrechte.de/menschenrechtsschutz/europarat/…
[5] /Regierungsbildung-von-Rot-Schwarz/!6075005
## AUTOREN
Patricia Hecht
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