# taz.de -- Chaos auf dem Weltmarkt: Wie viel Zölle sind okay? | |
> Donald Trump verhängt Zölle auf Produkte aus Mexiko, Europa oder China | |
> und lässt sie dann wieder fallen. Die wichtigsten Fragen – und Antworten. | |
Bild: Zollschranken statt freier Fahrt: Trumps Handelskrieg bremst auch Motor r… | |
Warum sind Zölle überhaupt ein Problem? | |
Zölle schützen den einheimischen Markt. Das kann durchaus sinnvoll sein, | |
etwa damit Länder des Globalen Südens sich gegen die Übermacht westlicher | |
Importe wappnen können. Zölle können aber auch den zwischenstaatlichen | |
Handel belasten und die Preise in die Höhe treiben. Länder wie Deutschland, | |
deren Wirtschaft von Exporten abhängt, leiden besonders stark unter Zöllen. | |
Schlimmstenfalls lösen diese eine Wirtschaftskrise aus. | |
Kann Trump einfach immer weiter neue Zölle erheben, oder gibt es eine | |
Instanz, die für Ordnung im internationalen Handel sorgt? | |
Die gibt es. Damit der Handel zwischen Staaten nach festgelegten Regeln | |
erfolgt, wurde 1994 die Welthandelsorganisation (WTO) gegründet. Die in | |
Genf ansässige Organisation erlässt Handelsregeln wie Vorgaben für Zölle | |
und schlichtet bei Konflikten. Fast 80 Prozent des Welthandels basieren auf | |
ihren Regeln. 166 Staaten sind Mitglied, darunter die USA. Auch ein Donald | |
Trump muss sich an die Regeln halten und darf nicht willkürlich Zölle | |
erheben. | |
Verstoßen Trumps Zölle denn gegen die Regeln der Welthandelsorganisation? | |
China und Kanada sind überzeugt davon, dass die es tun, und haben bereits | |
Beschwerde bei der WTO eingelegt, die schlussendlich über diese Frage | |
entscheiden muss. Das Argument der beiden Länder: Die Zölle verstoßen gegen | |
das im internationalen Handelsrecht geltende Diskriminierungsverbot, weil | |
sie nur für einzelne Länder gelten. Die sogenannte | |
Meistbegünstigungsklausel der WTO besagt, dass ein Staat allen | |
Handelspartnern die gleichen Bedingungen gewähren muss. | |
Donald Trump begründet die Zölle aber zumindest teilweise mit der | |
Gefährdung der nationalen Sicherheit. Er behauptet, über die kanadische und | |
die mexikanische Grenze kämen unkontrolliert Migrant:innen und die Droge | |
Fentanyl. Damit beruft er sich auf das internationale Handelsrecht. Denn es | |
sieht vor, dass Staaten aus Sicherheitsgründen Zölle erlassen können – | |
allerdings nicht unbegrenzt. Und: Trump begründet die Zölle vor allem mit | |
dem Handelsbilanzdefizit der USA. Das ist aus Sicht der WTO nicht | |
akzeptabel. | |
Kann die WTO ihre Regeln durchsetzen? | |
Es gibt eine Art WTO-Gericht mit mehreren Instanzen. Doch ist dessen | |
oberste Instanz seit 2019 nicht mehr arbeitsfähig. Die USA weigern sich, | |
neue Richter:innen für das Oberste Gericht zu ernennen. Auch deswegen | |
heißt es oft, die WTO sei blockiert – zumal es seit Jahrzehnten [1][nicht | |
gelingt, Funktionär:innen nachzubesetzen und neue Regeln zu | |
beschließen]. So fallen zeitgemäße Herausforderungen wie das Aufkommen | |
eines großen digitalen Markts oder die Notwendigkeit von Klimaschutz unter | |
den Tisch. | |
Allerdings: Die Entscheidungen der unteren Ebenen des WTO-Gerichts haben | |
durchaus Signalwirkung. Zudem sind Trumps Zölle ja bei Weitem nicht die | |
ersten Regelverstöße, mit denen die WTO konfrontiert ist. Die USA und China | |
werden immer wieder dafür kritisiert, Regeln nicht einzuhalten. Die EU etwa | |
behauptet, China subventioniere die eigene E-Auto-Produktion. Daraufhin | |
belegte sie chinesische Autoimporte mit Ausgleichszöllen. China hat dagegen | |
Klage bei der WTO eingelegt. Ebenso kritisierte die EU den Inflation | |
Reduction Act (IRA), mit dem US-Präsident Joe Biden steuerliche Anreize für | |
erneuerbare Energien oder Batteriehersteller gab. In der Regel haben die | |
Klagen Wirkung. | |
Könnten die USA einfach aus der WTO austreten? | |
Bislang hat Donald Trump nicht angedeutet, dass er das vorhat. [2][Aber das | |
kann durchaus noch passieren.] Einen Präzedenzfall für das Verlassen der | |
WTO gibt es nicht, denn das hat noch nie ein Staat gemacht. Sollten die USA | |
es wagen, müssten sie schlagartig mit allen anderen 165 Staaten | |
Handelsverträge schließen – oder in einem rechtlosen Raum handeln. Das | |
würde wahrscheinlich zu einem großen Einbruch der US-Wirtschaft führen. | |
Wie ist die Reaktion der WTO auf Trumps aktuelle Zollorgie? | |
Die Welthandelsorganisation wird nun die Beschwerden von China und Kanada | |
bearbeiten. WTO-Direktorin Ngozi Okonjo-Iweala appelliert an die von den | |
Trump-Zöllen betroffenen Staaten, Ruhe zu bewahren, und warnt vor | |
Gegenmaßnahmen. Wie viele andere, fürchtet sie, dass eine Kaskade an Zöllen | |
wie in den 1930er Jahren zu einem zweistelligen Rückgang der globalen | |
Wirtschaftsleistung führt. „Alle werden dafür bezahlen. Und die armen | |
Länder werden am meisten zahlen“, warnt sie. Großbritannien und Australien | |
etwa verzichten erst einmal auf Gegenzölle und setzen auf Gespräche mit den | |
USA. | |
Die EU hingegen erhebt Gegenzölle auf Bourbon Whiskey, Erdnussbutter, Jeans | |
und Motorräder. Darf sie das? | |
Ja, das Handelsrecht lässt das zu. „Bislang reagieren alle Akteure auf | |
Trump im Rahmen dessen, was die WTO-Regeln hergeben“, sagt Yvonne Bartmann, | |
Handelsexpertin der Friedrich-Ebert-Stiftung in Genf. Erst wenn die EU zum | |
Beispiel willkürlich Abgaben von 40 Prozent auf alle Importe aus den USA | |
erlassen würde, verließe sie den WTO-Rahmen. Das hat sie aber nicht vor, | |
sie setzt weiter auf Gespräche. „Alle behalten einen kühlen Kopf“, sagt | |
Bartmann. „Das System lässt sich nicht so leicht beschädigen.“ | |
Ist die von Donald Trump ausgelöste Zollkrise auch eine Chance? | |
Handelsexpertin Bartmann hält das durchaus für möglich. Die Störungen durch | |
Trump könnten dazu führen, dass die WTO stärker wird, weil die übrigen | |
Mitglieder untereinander kooperativer werden. Mehr als 20 Länder aus dem | |
Globalen Süden warten auf eine WTO-Mitgliedschaft. Ihre Aufnahme könnte | |
jetzt beschleunigt werden. Mit WTO-Direktorin Ngozi Okonjo-Iweala ist | |
außerdem Bewegung in eine Reform gekommen. Sie soll unter anderem die | |
Blockade lösen und Entwicklungsländer besser vertreten. | |
Früher galt die WTO als Interessenvertretung der reichen Industriestaaten | |
gegen den Globalen Süden. Ist das immer noch so? | |
Ein Großteil der ärmeren Länder kritisiert seit jeher die Bestimmungen zu | |
Agrarsubventionen. Die viel billigeren Agrargüter aus den USA und der | |
EU, aber auch aus China und Indien [3][gefährdeten die einheimische | |
Produktion und seien vor allem für Kleinbauern nachteilig]. Zudem werden | |
seit Langem Lockerungen der Patentregeln zu Medikamenten gefordert, um | |
diese für die jeweilige Bevölkerung selbst herstellen zu können. Diese | |
Forderung kam besonders nach der Coronapandemie wieder auf. | |
Generell ist die WTO aber gerade für ärmere Entwicklungsländer ein | |
wichtiges Forum, um genau solche Forderungen zu stellen und gemeinsame | |
Positionen zu vertreten. Sie sind von den WTO-Regeln besonders geschützt, | |
ihre Exporte in Industrieländer dürfen zum Beispiel geringere Zölle | |
haben als andersherum. | |
14 Mar 2025 | |
## LINKS | |
[1] /Welthandelskonferenz-in-Abu-Dhabi/!5992286 | |
[2] /Austritt-aus-WHO/!6063328 | |
[3] /Welthandelsorganisation/!5993417 | |
## AUTOREN | |
Leila van Rinsum | |
Anja Krüger | |
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