| # taz.de -- Austritt aus WHO: USA sägen globale Gesundheitsforschung ab | |
| > Der bevorstehende Austritt der USA aus der Weltgesundheitsorganisation | |
| > WHO zeigt bereits Auswirkungen. Auch in dem Land selbst wird es für | |
| > Experten schwieriger. | |
| Bild: Polio- Impfung in einem Armenviertel von Nairobi | |
| Es war eine der ersten Amtshandlungen des neuen US-Präsidenten: Kurz nach | |
| seiner Vereidigung unterzeichnete Donald Trump ein [1][Dekret zum Ausstieg | |
| aus der Weltgesundheitsorganisation] (WHO). Bereits in seiner ersten | |
| Amtszeit hatte er den Austritt erklärt. Doch weil der erst mit einer Frist | |
| von einem Jahr wirksam wird, konnte ihn Nachfolger Joe Biden noch | |
| zurücknehmen. Nun ist es ernst: Die WHO wird Anfang kommenden Jahres eines | |
| ihrer Gründungsmitglieder verlieren – und ihren größten Geldgeber. | |
| Die WHO teilte mit, sie hoffe, „dass die Vereinigten Staaten dies noch | |
| einmal überdenken werden“. Wahrscheinlich ist das aber nicht, gerade | |
| angesichts von Trumps Kritik an den finanziellen Beiträgen und seinem | |
| grundsätzlichen Vorhaben, Mittel zu kürzen und Institutionen zu schwächen. | |
| Expert:innen befürchten daher deutliche Einschnitte bei der Forschung | |
| und gravierende Auswirkungen auf die globale Gesundheit. In einem | |
| Schreiben an die Mitarbeitenden kündigte WHO-Chef Tedros Adhanom | |
| Ghebreyesus bereits diverse Sparmaßnahmen, darunter einen weitgehenden | |
| Einstellungsstopp, an. | |
| In der Zweijahresperiode 2022/2023 steuerten die USA nach WHO-Angaben gut | |
| 15 Prozent des WHO-Haushalts in diesem Zeitraum bei – ungefähr 1,3 | |
| Milliarden US-Dollar. Knapp 80 Prozent davon waren freiwillige Zahlungen, | |
| die häufig projektgebunden sind. Sie erlauben den Mitgliedsstaaten damit, | |
| eigene Akzente zu setzen. | |
| ## Große Public-Health-Programme in Gefahr | |
| Ein Blick auf die Geldflüsse zeigt beispielhaft, wohin die US-Zahlungen | |
| bislang gehen – und wo sie folglich fehlen werden: Die beiden größten | |
| Anteile fließen nach Afrika und ins WHO-Hauptquartier. Der größte Teil des | |
| Afrika-Postens, rund 380 Millionen US-Dollar, wird in akuten | |
| Gesundheitsnotlagen eingesetzt. Er sei „entsetzt“ gewesen, als er von dem | |
| bevorstehenden Austritt gehört habe, sagte der Vorsitzende der Kommission | |
| der Afrikanischen Union, Moussa Faki Mahamat. Die Welt sei heute mehr denn | |
| je darauf angewiesen, dass die WHO ihren Auftrag erfülle, die globale | |
| Gesundheit als gemeinsames Gut zu gewährleisten. | |
| „Natürlich muss die WHO ihre eigenen Prioritäten setzen, aber es ist schon | |
| anzunehmen, dass nun durch den Rückzug der USA wesentliche, große | |
| Public-Health-Programme, etwa zu Tuberkulose, HIV und auch zu | |
| Pandemic-Preparedness-Initiativen, zu Schaden kommen werden“, sagt Beate | |
| Kampmann, Direktorin des Instituts für Internationale Gesundheit an der | |
| Berliner Uniklinik Charité gegenüber dem Science Media Center. | |
| Mit dem Wegfall der USA rückt ein privater Akteur auf Platz eins der | |
| WHO-Geldgeber vor: die Gates-Stiftung. Sie steuerte knapp 13 Prozent des | |
| Haushalts 2022/23 bei. Andreas Wulf, Referent für Globale Gesundheit bei | |
| der Hilfs- und Menschenrechtsorganisation Medico sieht die große Rolle | |
| solcher privaten Stiftungen in der WHO durchaus als Problem. So finanziere | |
| die Gates-Stiftung weite Teile des Polio-Ausrottungsprogramms. Auch wenn es | |
| derzeit nicht danach aussieht – würde die Stiftung hier ihre Gelder | |
| zurückfahren, wäre das dramatisch.“ Ebenfalls birgt es Wulf zufolge eine | |
| Gefahr, würde die Stiftung ihr Budget für die WHO weiter erhöhen, um die | |
| wegfallenden US-Mittel zu kompensieren. Denn das würde die Abhängigkeit | |
| weiter verstärken. | |
| ## Wegbrechende Expertise | |
| Auch die WHO und ihre Mitgliedstaaten scheinen das erkannt zu haben und | |
| wollen ihre Finanzierung anders aufstellen: Bis zum Jahr 2030 soll der | |
| Anteil der staatlichen Pflichtzahlungen von derzeit etwas über 20 Prozent | |
| auf 50 Prozent anwachsen. | |
| Das Geld, das durch den Austritt der USA fehlen wird, ist das eine – das | |
| andere ist die wegbrechende Expertise. „Die Fachleute aus den USA sind in | |
| der Arbeit der WHO unverzichtbar“, sagt Wulf. Beispiel Afrika: Hier böten | |
| die Länderbüros medizinische und technische Unterstützung vor Ort – nicht | |
| nur im Umgang mit den viel beachteten Infektionskrankheiten, sondern auch | |
| bei der Behandlung anderer ernst zu nehmender Krankheiten wie Krebs. | |
| Gleichzeitig sei es durch die Präsenz vor Ort eher möglich, sich | |
| zusammenbrauende Epidemien oder Pandemien früher zu erkennen. | |
| Ein Einschnitt in der globalen wissenschaftlichen Zusammenarbeit scheint | |
| sich bereits jetzt bemerkbar zu machen. Denn Trump schwächt auch die | |
| Gesundheitsbehörden und die Wissenschaft im eigenen Land. Ebenfalls als | |
| eine der ersten Amtshandlungen verhängte der neue US-Präsident einen | |
| Kommunikationsstopp für die US-Gesundheitsbehörden. Unter anderem die Food | |
| and Drug Administration (FDA), die Centers for Disease Control and | |
| Prevention (CDC) und die National Institutes of Health (NIH) dürfen demnach | |
| keine Beiträge mehr in wissenschaftliche Publikationen veröffentlichen, | |
| keine Posts auf Social Media und keine Gesundheitswarnungen mehr | |
| herausgeben. Infolge des Kommunikationsstopps liegen Forschungsgelder auf | |
| Eis – unklar, ob vorübergehend oder dauerhaft und inwieweit bereits | |
| bewilligte Vorhaben betroffen sind. Auch Reisen und Treffen mit externen | |
| Akteuren sollen abgesagt werden. „Die Auswirkungen der Dekrete und | |
| Direktiven sind verheerend“, zitiert das Fachmagazin Science einen | |
| Wissenschaftler der NIH. | |
| Die Frage der externen Kommunikation ist auch deshalb relevant, weil sich | |
| in den USA seit mehreren Monaten das Vogelgrippe-Virus H5N1 ausbreitet. | |
| Rinderherden infizieren sich und immer wieder auch Menschen. Im Januar ist | |
| erstmals ein Mensch nach einer Infektion mit dem Virus gestorben. Zuletzt | |
| schätzte die US-Gesundheitsbehörde CDC das Risiko für die allgemeine | |
| Bevölkerung, die nicht eng im Kontakt mit Milchvieh oder Vögeln ist, gering | |
| ein. Doch Gesundheitsexpert:innen betonen immer wieder, dass eine | |
| intensive Überwachung des Infektionsgeschehens notwendig sei, um schnell | |
| reagieren zu können. „Man kann inzwischen auch virologisch belegen, dass | |
| sich das Vogelgrippevirus in den USA schon ein Stück an Säugetiere | |
| angepasst hat“, sagte der Virologe Christian Drosten in der vergangenen | |
| Woche [2][in einem taz-Interview]. | |
| Eine konkrete Auswirkung des Kommunikationsstopps: Die CDC veröffentlichte | |
| in der vergangenen Woche nicht wie üblich ihren „Morbidity and Mortality | |
| Weekly Report“. Nach Informationen der Washington Post hätte er drei Texte | |
| zur Vogelgrippe enthalten sollen. | |
| 30 Jan 2025 | |
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| ## AUTOREN | |
| Svenja Bergt | |
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