| # taz.de -- Zurück auf Los: Hofnarren und Feigenblätter | |
| > Eine Linke ohne Querulanten, Erkenntnisse aus dem TV-Duell und die | |
| > Bundestagswahl als Imbissbude für US-amerikanische Rechtsextreme – | |
| > Mahlzeit! | |
| Bild: Scholz spricht „Klartext“ | |
| taz: Herr Küppersbusch, was war schlecht vergangene Woche? | |
| Friedrich Küppersbusch: US-Rechtsextreme empfehlen deutsche Rechtsextreme | |
| zur Wahl. | |
| taz: Und was wird besser in dieser? | |
| Küppersbusch: Dönitz und Göring dachten am Ende in die gleiche Richtung. | |
| taz: Olaf Scholz wird vorgeworfen, dass er den Schwarzen CDU-Kultursenator | |
| [1][Chialo] ein „Feigenblatt“ genannt habe. Ist er etwa ein Rassist? | |
| Küppersbusch: Der Umtrunk bei Laschet und die Geburtstagssause bei einem | |
| FDP-Veteranen wären bis zu diesem fiebrigen Wahlkampf eher vertraulich | |
| geblieben. Deshalb wurde da wohl auch nach altem Brauch Fraktur geredet. | |
| Nun ist also raus, dass Scholz Frust abgelassen hat. Natürlich wäre es | |
| taktvoller gewesen, die vielen Hofnarren und Feigenblätter in der CDU | |
| hätten Eier und würden sich selbst mit ihrer Lage kritisch | |
| auseinandersetzen. | |
| taz: Merz, Scholz, Weidel, Habeck, Wagenknecht, van Aken – die | |
| Spitzenkandidaten debattieren dieser Tage in zahlreichen TV-Shows. Was ist | |
| Ihr Erkenntnisgewinn? | |
| Küppersbusch: Briefwahl. Allein das erste Duell gab mir die Gewissheit, | |
| keine neuen Argumente mehr zu hören. Friedrich Merz wird von der behütenden | |
| Werkstatt Adenauerhaus sehr zurückhaltend eingesetzt, doch auch die Option, | |
| dass er bei seinen selteneren Auftritten noch mal einen rhetorischen | |
| Selbstmordanschlag verübt, ging fehl. Die Masse an ähnlichen TV-Shows | |
| belohnt eher den Eklat, das Unerhörte, die Tabuverletzung und begünstigt | |
| damit Krakeel und Rotzsprech. Immerhin, wo deutsche PolitikerInnen reden, | |
| muss der Russe schweigen und kann nicht den Wahlkampf beeinflussen. (Pause, | |
| glucksender Lacher bei J. D. Vance) | |
| taz: Die Linke hat das BSW in vielen Umfragen überholt. Leben Totgesagte | |
| länger? | |
| Küppersbusch: Wagenknechts Programm bietet einen Mix aus Zutaten, die | |
| jeweils einzeln auch in jeder anderen Imbissbude zu haben sind. Nur dass | |
| Pizza mit Vanillesauce einen eher rustikal zu nennenden Gaumen anspricht. | |
| Bleibt die Person Wagenknecht mit dem unterschätzten Effekt, dass die Linke | |
| nicht nur um sie ärmer, sondern auch attraktiver wurde. „Linke – jetzt neu | |
| ohne Querulanten.“ Mit dem Schwerpunkt auf Wohnungsnot, soziale | |
| Gerechtigkeit und ein bisschen Outlawaroma profitiert die Linke sogar von | |
| der Migrationshysterie aller anderen Parteien: Das spricht auch linke Sozis | |
| und Grüne an. Hinzu kommen erfrischende, unverbrauchte Protagonisten wie | |
| Reichinnek und, in seiner Weise, van Aken. Man weiß gar nicht, wer alles | |
| aus der SPD austreten müsste, damit sie so einen Neustart hinlegte. | |
| taz: Trump und Putin haben entschieden, über [2][die Ukraine] zu | |
| verhandeln. Darf die auch mal mitreden? | |
| Küppersbusch: Trump droht Selenskyj mit Neuwahlen, fordert ihm die | |
| Bodenschätze der Ukraine unterm Hintern weg und lässt US-Investoren auf | |
| Nord Stream 2 bieten. Die Ukraine hat null Spielraum, ist erpressbar. Nicht | |
| zuletzt, weil [3][die Europäer] – vorneweg die Siegfriedenfraktion in | |
| Deutschland – jeden anderen Verhandlungsversuch torpediert haben. Wir haben | |
| keinen Plan B für die Ukraine entwickelt. Europa sieht sich schlagartig | |
| gefordert, massiv gegen Russland aufzurüsten – und zugleich seine | |
| wirtschaftliche Stärke zu verlieren. Die moralisch sehr verwerflichen | |
| Geschäfte mit Russland macht nämlich jetzt Trump. Die Perspektive wäre, die | |
| Ukraine in die EU zu holen und darüber ausnahmsweise mal mit Russland zu | |
| reden. Eine Brückenstaatfunktion zwischen beiden Blöcken – nun ja; das, was | |
| mit vereinten Kräften 2014 auf dem Maidan zerschossen wurde. Gehen Sie | |
| zurück auf Los. | |
| taz: In Österreich sind die Koalitionsverhandlungen zwischen FPÖ und ÖVP | |
| geplatzt. Wird jetzt alles gut? | |
| Küppersbusch: Nach der Implosion von Kanzler Kurz hatte Österreich eine | |
| Expertenregierung, früher mal eine Minderheitsregierung, zurzeit eine | |
| Übergangsregierung, und mit Glück finden ÖVP, SPÖ und Neos im zweiten | |
| Anlauf doch noch zu einer Koalition. Damit wird alles gut – für die | |
| rechtsextreme FPÖ, die Chaos, Unordnung, Unsicherheit und | |
| Altparteiengeschacher geißelt. Die gute Botschaft: Sie sind uns in dem | |
| Prozess 20 Jahre voraus. Die schlechte: Unterwegs ist ihnen auch nichts | |
| Wirksames eingefallen. | |
| taz: Der DAX hat erstmals die Marke von 22.000 Punkten übersprungen. Wie | |
| haben Sie gefeiert? | |
| Küppersbusch: Kein Geld für Aktien zu haben versetzt einen in den | |
| bekömmlichen Zustand, am Elend anderer nichts zu verdienen. Kann ich | |
| empfehlen. | |
| taz: Und was macht der RWE? | |
| Küppersbusch: Fünferkette! Ich hab zwar keine Ahnung, aber damit haben sie | |
| jetzt viermal hintereinander nicht verloren und sind vom Abstiegsplatz weg. | |
| Nennt mich den weisen Seher. | |
| Fragen: Leon Holly | |
| Friedrich Küppersbusch ist Journalist, Produzent und jetzt Teflonwähler: | |
| Alles prallt ab. | |
| 16 Feb 2025 | |
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