# taz.de -- Krieg in Europa: Die würdelosen Rohstoffdeals für die Ukraine | |
> Diese Woche: Die Ukraine zwischen USA und EU, Songtitel für den | |
> EU-Gipfel, Österreich als Vorbild und die unklaren Motive der Amokfahrer. | |
Bild: Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj | |
taz: Herr Küppersbusch, was war schlecht vergangene Woche? | |
Friedrich Küppersbusch: Schluss machen nach 80 Jahren. | |
taz: Und was wird besser in dieser? | |
Küppersbusch: Es ist nie zu spät. | |
taz: Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat den Verlauf des | |
Treffens im Weißen Haus als „bedauerlich“ bezeichnet. Bezahlt er für die | |
US-Hilfen mit Würde? Und ist das vielleicht gar kein so schlechter Deal? | |
Küppersbusch: Wer die Bodenschätze seines Landes hergibt gegen teils frei | |
erfundene Forderungen eines anderen Landes, muss sich über Würde keine | |
Gedanken mehr machen. Das ist Hochverrat. Den die Trumpisten erzwingen | |
wollen, andernfalls: Wahl am Hals. US-Häscher sprachen „geheim“, also | |
weltöffentlich, bereits bei Poroschenko und Timoschenko vor, in London | |
sitzt der populäre Ex-Armeechef Saluschnyj als Botschafter geparkt. Und | |
normal wird dann auch bald irgendein Klitschko wach. Einige KandidatInnen | |
haben gleich abgewunken, was nicht wirklich gegen die These Hochverrat | |
spricht. Die EU schloss 2021 ein „Memorandum of Understanding“ mit der | |
Ukraine, gemeinsam deren Rohstoffe zu entwickeln. Es würde – es würde sogar | |
mit Würde – dem Land aus der Erpressung helfen können. Unfairer als der | |
US-Oktroi könnte ein EU-Deal gar nicht werden. | |
taz: „Too little, too late“, „All in“, „Whatever it takes“ – welc… | |
passt denn nun am besten zur EU nach dem Sondergipfel in Brüssel? | |
Küppersbusch: „It’s All Over Now, Baby Blue“. Aber auch nur, weil es den… | |
sich griffigen Songtitel „Transatlantik am Arsch“ noch nicht gibt. Die EU | |
und vorneweg die Deutschen werden Geld drucken im stillen Vertrauen darauf, | |
dass der Euro das schon abkann. Und sie ergreifen, gestern noch | |
ungeheuerliche Putin-Knechterei, eine eigene Friedensinitiative. Die | |
Vorschläge von China und anderen Brics-Staaten waren zuvor als anzüglich | |
kompetent durchignoriert worden. Im treuen Geleit zur Biden-Administration, | |
jetzt auch nur noch eine hübschere Formulierung für „selber schuld“. Und | |
apropos Dylan: „Motherless Child“ beschreibt die zur Adoption freigegebenen | |
Europäer auch ganz gut. China jedenfalls nennt Trumps Umgang mit uns | |
„unverschämt, herrschsüchtig, entsetzlich“ und lobpreist seinen | |
„diplomatischen Ansatz für Frieden, Freundschaft und gute Zusammenarbeit“. | |
Das Protokoll notiert Heiterkeit in Hongkong, Tibet und Taiwan. Songtitel: | |
„Once Bitten, Twice Shy“. | |
taz: In Österreich konnte eine Regierung aus ÖVP, SPÖ und Neos gebildet | |
werden. Kann das irgendwann noch mal ein Vorbild für Deutschland sein? | |
Küppersbusch: Die Neos erblühten mit dem Abmarsch der Freiheitlichen nach | |
rechts außen, Kickls FPÖ war immerhin mal eine FDP-Schwesterpartei. Bei uns | |
versucht Volt als so ’ne Art Smoothie-FDP aus der Lindner’schen | |
Konkursmasse noch etwas zu machen. Eine GroKette nach Wiener Art kann nötig | |
werden, wenn Schwarz-Rot dabei bleibt, fast eine Billion Euro für allerhand | |
Rüstung und Infrastruktur zu erfinden. Und nichts tut für Wohnen, Bildung, | |
soziale und Steuergerechtigkeit. Dann nämlich wuchert die AfD weiter und | |
macht immer kompliziertere Koalitionen nötig – siehe Ostdeutschland. Das | |
„Vorbild für Deutschland“ wäre also, genauer nachzuschauen, wie Österrei… | |
in diese Lage kam. | |
taz: Staatsanwaltschaft Mannheim und LKA Baden-Württemberg sehen keine | |
Anhaltspunkte, dass der Täter Alexander S. extremistische oder politische | |
Beweggründe für seine Amokfahrt hatte. Ist da alles ausermittelt? | |
Küppersbusch: Es ist ambivalent: Für Verbrechen wie in Mannheim, Solingen, | |
Magdeburg, Augsburg muss man gehörig psychisch wirr sein, um sie begehen zu | |
können. Zugleich billigt die Psychiatrie stark neurotischem Handeln noch | |
durchaus Rationalität und Steuerungsfähigkeit zu. Sprich, die vermeintlich | |
politischen Motive können durchaus eine Rolle gespielt haben. Und mit | |
dieser komplizierten Diagnose wird nach Hirneslust wurschtig umgegangen. So | |
entsteht der Eindruck, dass deutsche Verbrecher psychisch krank, | |
migrantische politisch motiviert seien. Die Gewichtung kennt jedoch niemand | |
wirklich, und also gehört beides jeweils ermittelt und gemeldet. | |
taz: Krankenhäuser in Deutschland behandeln [1][immer mehr depressive | |
Patient:innen]. Wie lassen wir uns von der Weltlage nicht krank machen? | |
Küppersbusch: Klar, fragt mich doch. – Indem wir erst mal begrüßen, dass | |
die „Volkskrankheit Depression“ als solche zunehmend erkannt und anerkannt | |
wird und dass Menschen Hilfe suchen, die sich früher in die Ecke geschämt | |
hätten obendrein. Im nächsten Schritt kann man dann gucken, wie es mit | |
psychologischer Betreuung in der Fläche steht, ob die stationäre | |
Unterbringung auch etwas über Hilflosigkeit der Gesellschaft erzählt. | |
taz: Und was macht der RWE? | |
Küppersbusch: Ist seit 670 Tagen ohne Niederlage. Die neu gegründete zweite | |
Mannschaft, 2014 aus Geldmangel aufgelöst. | |
Fragen: Julia Schöpfer, waam | |
Friedrich Küppersbusch ist Journalist, Produzent und Europäer. | |
9 Mar 2025 | |
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